Der nächste „Stücke“-Beitrag stammt von Sibylle Berg. Im Zentrum ihres neues Werkes steht erneut eine Frau. Diesmal blickt sie zurück.

Die Dramatikerin Sibylle Berg ist in diesem Jahr schon zum siebten Mal für die „Stücke“ nominiert, im Jahr 2016 erhielt sie für „Und dann kam Mirna“ den Publikumspreis. Berg wurde 1962 in Weimar geboren, ist 1984 in die Bundesrepublik ausgereist und 1996 nach Zürich übergesiedelt, wo sie bis heute lebt. Ihr Werk umfasst 27 Theaterstücke, 15 Romane und Hörspiele und wurde bisher in 34 Sprachen übersetzt.

1. Mit „Und sicher ist mit mir die Welt verschwunden“ sind Sie zum siebten Mal für Mülheim nominiert. Wer hat Sie zuerst darauf angesprochen?

Ich kann mich leider nicht mehr erinnern. Ich weiß aber noch, wo ich war als ich zum ersten Mal nominiert wurde - in Myanmar, kurz vor einer Begegnung mit Soldaten der Karen, rief mich mein Verlag Rowohlt an. Das ist natürlich erinnerungsstrategisch schwer zu überbieten. (Anmerk. Redaktion: Die Karen sind eine Gruppe verwandter ethnischer Minderheiten in Myanmar, die von der Militärdiktatur verfolgt und umgesiedelt wurden bzw. nach Thailand flüchteten)

2. Worum geht es in Ihrem neuen Stück?

Um den Rückblick auf ein Leben, als logischer Endpunkt der Theater-Serie, die ich und Sebastian Nübling erarbeitet haben. (Anm. der Redaktion: Sibylle Berg hat mehrere Stücke zum Leben einer Frau - in unterschiedlichem Altersphasen - geschrieben. Darunter etwa „Und jetzt: die Welt!“ oder „Nach uns das All“. Sebastian Nübling ist Regisseur).

Die Dramatikerin Sibylle Berg ist schon zum siebten Mal für die „Stücke“ nominiert.
Die Dramatikerin Sibylle Berg ist schon zum siebten Mal für die „Stücke“ nominiert. © Stücke | Katharina Lütscher

3. Möchten Sie in den Probenprozess eingebunden werden oder lassen Sie sich lieber überraschen, was mit Ihrem Text passiert?

Ich möchte eigentlich sehr gerne in dem Maße beteiligt werden, in dem ich dem Rest der Gruppe nicht auf den Docht gehe. Als Teil des Ganzen und nicht als Textablieferfabrik. Ich begreife den Text auch nicht als rohe Masse, den man dann bearbeiten kann, bis er passt. Es ist ein Stück, mit Idee, Handlung und allem was dazugehört.

4. Ihr Roman „GRM – Brainfuck“ handelt von der absoluten technologischen Überwachung. Kann menschliche Autorinnenschaft durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt werden?

Momentan ist die KI zu blöd dazu. Sie ist hervorragend für, zum Beispiel, kleinteilige präzise Arbeiten in der Diagnostik. Wie dumm Algorithmen noch sind, merken Sie bei den Werbeanzeigen die Ihnen im Netz zugespielt werden.

5. Bei den diesjährigen Nominierungen sind die Autorinnen in der Überzahl. Wie lange wird es noch dauern, bis wir dies nicht mehr betonen (müssen)?

Das liegt auch ein bisschen an Ihnen, der Presse. Betonen Sie es einfach nicht. Die Utopie wäre doch, dass es irgendwann egal ist, welches Geschlecht wir haben, welche Hautfarbe, wen wir lieben.

6. Wen würden Sie gern einmal treffen?

Wenn schon, dann am liebsten Nerds. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, Hacker und Hackerinnen, die pausenlos etwas von ihrem Fachgebiet erzählen, dann muss ich nicht reden.

7. Welche Superheldenfähigkeit besäßen Sie gern?

Hulk sein, damit alle Angst vor mir haben.

Das Stück ist per Stream abrufbar über die Seite stuecke.de in der Zeit von So, 23. Mai, 18 Uhr bis Mo, 24. Mai, 23.59 Uhr