Mülheim. Die Wiedereröffnung kommt für viele Mülheimer Gastronomen zu plötzlich. In die Euphorie mischen sich daher Zweifel und große Herausforderungen.

Mülheims Gastronomen atmen auf: Ab Samstag dürfen sie in ihren Außenbereichen wieder Gäste bedienen – wenn auch vorerst nur getestete, geimpfte oder genesene Menschen. In die Euphorie mischen sich aber auch noch viele Zweifel und Herausforderungen.

„Wir sind wieder für Euch da“: Das Café Leonardo an der Schloßstraße verkündete am späten Donnerstagabend als eines der ersten über seine Internetkanäle die Wiedereröffnung des Außenbereichs am Samstag. „Wir freuen uns so sehr, unser ganzes Team wiederzusehen“, jubelt Inhaber Rajesh Luthra, wenngleich ihm klar ist, dass die ersten Tage kein finanzieller Erfolg werden können. „Das Wetter spielt ja leider nicht mit.“

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Leonardo-Inhaber: „Die Freude der Stammkunden ist unbezahlbar“

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Während andernorts Unklarheit darüber herrscht, wie viele Gäste überhaupt kommen werden, steht im Leonardo und bei Luthra selbst das Telefon nicht mehr still. „Diese Freude unserer Stammkunden ist unbezahlbar. So etwa gibt es auch nur in Städten wie Mülheim. Ich glaube nicht, dass es in Hamburg oder München so eine Bindung zu den Gästen gibt.“

Das Leonardo wird erst einmal mit einer kleineren Karte beginnen. Frühstücks- und Brunchbuffet wird es noch nicht geben. „Wir arbeiten seit heute Morgen um neun Uhr, um alles vorzubereiten“, berichtet Luthra.

Für viele Mülheimer Wirte kam die Nachricht zu spät

Doch bei aller Euphorie gibt es auch noch große Herausforderungen für die Wirte. „Wir sind alle aufgeregt, als würden wir eine Neueröffnung haben, doch leider kam die Nachricht viel zu spät“, bemängelt etwa Fatmir Ramosaj, der in Saarn die Trattoria Fati in der alten Senffabrik und Fati’s Wirtshaus im Kellermannshof betreibt.

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Sechs Monate lang war die Schankanlage nicht in Betrieb und muss nun noch einmal von Grund auf gereinigt werden. Gleiches gilt für Geschirr, Gläser und Besteck. Auf der Terrasse sind die Möbel durch die Nichtnutzung in Mitleidenschaft gezogen worden. Um wieder Getränke kaltstellen zu können, muss das Kühlhaus wieder in Betrieb genommen werden.

Auch die Händler sind von der Öffnung überrascht worden

Apropos Getränke: Vielerorts ist der komplette Bestand abgelaufen. „Diese mit einem Feiertag dazwischen in so kurzer Zeit zu besorgen, ist unmöglich“, sagt Ramosaj. Schließlich, ergänzt sein Kollege Hendrik Peek von der Mausefalle, seien auch die Händler von der kurzfristigen Wiedereröffnung überrascht worden. „Plötzlich darf man wieder etwas und soll das nach Möglichkeit schnell umsetzen“, bemängelt Peek.

Jörg Thon, Inhaber des Bürgergartens und des Ratskellers, sieht noch andere Probleme: „Einige Mitarbeiter sind nicht mehr verfügbar, weil sie sich in der Zwischenzeit einen anderen Job suchen mussten.“ Fatmir Ramosaj geht es genauso. „Wir konnten uns auch nicht um neues Personal kümmern, weil wir nicht konkret wussten, wann wir wieder öffnen können, um den Mitarbeitern einen festen Einstellungstermin zu geben.“

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Bürgergarten öffnet wieder, Ratskeller noch nicht

Thon wird vorerst nur im Bürgergarten den Außenbereich öffnen, da er dort auch einen Take-away-Service anbietet. Lebensmittel, die aufgrund geringer Gästezahlen nicht verwendet werden können, fließen in den Außer-Haus-Betrieb. Anders im Ratskeller. „Wenn es regnet, kaufe ich dort für nichts ein“, betont Thon. Der City-Standort wird erst wieder öffnen, wenn auch wieder Innenraumbetrieb möglich ist.

Wer darf ins Restaurant?

Bedient werden dürfen in der Außengastronomie bislang nur drei Gruppen: Vollständig geimpfte Personen, bei denen die zweite Impfung mindestens 14 Tage zurückliegt, Menschen mit einem negativen Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden sein darf, und Genesene mit einem amtlichen Nachweis.

Noch nicht schulpflichtige Kinder sind von der Test- und Nachweispflicht ausgenommen. „Wir hoffen, dass sich die Leute vorher testen lassen. Denn sonst müssten wir jemanden wieder wegschicken und das sorgt dann ja für Unmut“, sagt Leonardo-Chef Rajesh Luthra.

In Saarn haben die Gastronomen eine gemeinsame Erklärung mit der Bitte um noch ein wenig Geduld herausgegeben. „Praktisch ist eine Wiedereröffnung nach einem halben Jahr mit einem Zeitvorlauf von zweieinhalb Tagen inklusive eines Feiertags für einige von uns leider nicht umsetzbar“, heißt es darin.

Franky’s öffnet erst in der kommenden Woche wieder

Auch die Franky‘s-Betriebe an der Ruhrpromenade und in Mintard äußerten sich auf Facebook ähnlich: „Eine Öffnung nach so langer Schließung bedarf auch einer guten Vorbereitung.“ Beide Standorte wollen erst in der kommenden Woche wieder öffnen.

Startklar ist hingegen das Restaurant Ronja am Ringlokschuppen. „Wir bekommen so viele Anrufe und haben schon alles vorbereitet“, sagt Inhaber Sinan Bozkurt. Allerdings wartet er noch auf die letzten Rückmeldungen der Stadt. „Ich habe heute bestimmt 50-mal angerufen.“ An der Motivation der Wirte hapert es also nicht.