Mülheim. Polizei und KOD relativieren in der Sitzung des Mülheimer Sicherheitsausschusses die Ängste vor marodierenden Jugendlichen. Wie geht’s weiter?

Mülheim habe keine sicherheitsbedenklichen Hotspots vergleichbar mit Duisburg oder Essen – das zumindest war die Botschaft, die Polizei, Ordnungs- und Jugendamt in einer Sondersitzung des Sicherheits-Ausschusses vermeldeten. Die Massenschlägerei mit gut 30 beteiligten, teils schaulustigen Jugendlichen vor zwei Wochen nahe der Haltestelle Stadtmitte sei nur eine „Auseinandersetzung im Privatbereich“ gewesen, fasste die Leitung der Mülheimer Polizeiinspektion, Alexander Prim, zusammen.

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Polizei: Massenschlägerei war eine „private Auseinandersetzung“

Problematische Jugendgruppen, gar eine kriminelle Jugendszene, die sich in der Innenstadt oder speziell an der Haltestelle etwa gezielt zu Schlägereien träfe, konnten nach jetzigem Sachstand aber weder Polizei noch Ordnungs- und Jugendamt bestätigen. Die immerhin drei größeren Einsätze der Polizei – am Bahnhof, an der Eppinghofer Straße und nun an der Haltestelle Stadtmitte – innerhalb eines Jahres seien nicht miteinander verknüpft, sondern gingen von unterschiedlichen Gruppen junger Menschen aus.

Auch aus Sicht der stellvertretenden Ordnungsamtsleiterin Kerstin Kunadt begingen Jugendliche, die sich in der Stadtmitte aufhalten, weil sie dort wohnen, allenfalls „Ordnungswidrigkeiten“. Beschwerden von Erwachsenen, die deswegen das Aussteigen an der Haltestelle Stadtmitte vermieden, kenne man nicht. Kunadt räumte aber ein, dass das Verhalten der Jugendliche das subjektive Sicherheitsempfinden der Öffentlichkeit beeinträchtigen könne.

Damit relativiert die Bilanz von Verwaltung und Polizei die Eindrücke, die etwa Händler vor Ort über die Ereignisse an der Haltestelle Stadtmitte berichtet haben. Ihren Schilderungen zufolge ist die Haltestelle und das Umfeld bis zur Ruhrpromenade durchaus ein Jugendtreff, an dem es nicht selten zu Konflikten komme. Doch diese Vorfälle haben nach Erkenntnissen der Polizei mit dem aktuellen Fall nichts zu tun.

Streitende verlagerten Auseinandersetzung auf die Straße

Über diesen aktuellen Fall trugen Ordnungsamt und Polizei nun ihre Berichte so zusammen: Demnach soll ein Streit zwischen zwei jungen Frauen in einer Jugendgruppe, die sich in der Rotunde am Rathaus aufhielt, begonnen haben. Nachdem der kommunale Ordnungsdienst (KOD) dort einschritt und die Gruppe vertrieb, hatten sich die Beteiligten offenbar in Wohnungen im Umfeld des Rathauses zurück gezogen.

Dort aber sei der Streit weiter eskaliert, weitere Bekannte und Familienangehörige seien offenbar verständigt worden und die Auseinandersetzung habe sich dann wieder auf die Friedrich-Ebert-Straße nahe der Haltestelle verlagert. Mehrere Notrufe verständigten dann gegen 17.15 Uhr die Polizei, die vor Ort etwa 30 überwiegend junge Leute verschiedener Nationalitäten antraf.

Letzteres fügte Prim auf die Nachfrage der AfD nach dem „kulturellen Hintergrund“ hinzu. „Eine typische Jugendgruppe, wie man sie in Mülheim überall findet“, fasste der Ausschussvorsitzende Werner Oesterwind (CDU) zusammen.

Grüne wollen die Situation von Jugendlichen im Jugendhilfeausschuss besprechen

Kein krimineller Jugend-Hotspot in der Stadtmitte – das schien manches Mitglied im Sicherheitsausschuss zu erleichtern –, dennoch stellte Polizeioberrat Prim nicht in Abrede, dass es Schwerpunkte im Umfeld der Oberhausener Straße (Styrum), Eppinghofer Straße (Altstadt) und auch der Stadtmitte gebe, welche die Polizei beobachte. Die nun betroffenen Jugendlichen seien ebenfalls bei der Polizei schon in Erscheinung getreten. Auch Streetworker Thomas Böhm hatte von einer Clique mit teils gewaltbereiten Jugendlichen berichtet.

Franziska Krumwiede-Steiner (Die Grünen) schlug daher vor, die Frage der Jugendarbeit in der gesamten Stadt und besonders einer weiteren Streetworkerin im kommenden Jugendhilfeausschuss zu behandeln.

OB will Videoüberwachung im Umfeld der Haltestelle Stadtmitte prüfen lassen

Zwei Dinge allerdings sorgten dennoch im politischen Raum für Irritationen: Die eine rief die CDU hervor, die offenbar unerwartet vom Koalitionspartner die Frage stellte, ob man die Haltestelle und den umliegenden Platz per Video überwachen könne. Das sei gerade aufgrund der Berichte von Polizei und Ordnungsamt rechtlich kaum zu rechtfertigen, so die Einschätzung der Polizei. OB Marc Buchholz will die Möglichkeit dennoch „prüfen lassen“.

Für die zweite Irritation sorgte eine Pressemitteilung des Oberbürgermeisters gut 20 Minuten vor dem Ausschuss, in der bereits Ergebnisse der Sitzung vorweggenommen wurden: etwa kurzfristig mehr Präsenz von Polizei, KOD und Sicherheitskräften der Ruhrbahn. Und manches, das gar nicht explizit Inhalt der Sitzung war. „Enttäuschend“, kommentiert ein Mitglied des Sicherheitsausschusses die Sondersitzung, dass konkrete Maßnahmen für Jugendliche politisch kaum beschlossen und diskutiert worden seien. Stattdessen habe man diese an den Jugendhilfeausschuss delegiert. „Die Berichte hätte man auch zuschicken können, ohne dafür eine Sitzung abzuhalten.“