Ruhrgebiet. Am höchsten Fest der Christenheit fallen viele Gottesdienste wegen Corona aus. Oder wechseln in Online-Formate. Nicht jeder hält das für richtig.

Auf einen Kreuzweg mit Barbie-Puppen muss man auch erst mal kommen. Da stehen sie nun, 36 aus der Gemeinde geliehene Puppen, angezogen wie die Menschen im Orient zur Zeit Jesu, und stellen Abendmahl und Kreuzigung dar. Einen Gottesdienst mit Besuchern wird es Ostern in dieser Johanneskirche in Duisburg-Walsum nicht geben. Wohl aber diese „Osterkrippe“, wie Pfarrerin Elke Voigt sie nennt.

„So kommen wir in der Pandemie als Gemeinde zusammen“, sagt sie: Es habe „1000 Nadeln und Kreativität“ gebraucht. Kreativität brauchen alle Kirchengemeinden am Oster-Wochenende, dem höchsten Fest der Christenheit, (und Nadeln eher seltener). Was also tun? Stell dir vor, es ist Ostern, und keiner lädt ein?

Ruhrbistum und Landeskirchen lassen den Gemeinden freie Hand

Pfarrerin Elke Voigt kniet hinter dem Kreuzweg Jesu, der in der Johanneskirche der evangelischen Kirchengemeinde Walsum-Vierlinden in Duisburg erstmals mit Barbiepuppen nachgestellt ist.
Pfarrerin Elke Voigt kniet hinter dem Kreuzweg Jesu, der in der Johanneskirche der evangelischen Kirchengemeinde Walsum-Vierlinden in Duisburg erstmals mit Barbiepuppen nachgestellt ist. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Denn mit Präsenzgottesdiensten ist es ja gerade nicht so einfach, also lassen das katholische Ruhrbistum und die evangelischen Landeskirchen ihren Gemeinden nahezu freie Hand, verbunden mit der Aufforderung, auf die Inzidenz zu schauen. Manche von denen wiederum reicht die Verantwortung mit dem Gemeidebrief durch: „Bitte, wägen Sie, besonders, wenn Sie zu Risikogruppen gehören, selbst ab, ob Sie am Gottesdienst teilnehmen oder nicht.“

Kirche zum Klicken? Jesus bei Youtube? Gott to go? Tatsächlich gibt es zwischen Karfreitag und Ostermontag alles: Präsenzgottesdienste, Video und Online-Übertragungen, live und zeitversetzt und aus der Konserve, die Verteilung von Osterpäckchen („Seelenwärmer“) mit Kerze, Kreuz und Keksen, offene Kirchen, Gesprächsangebote . . . was Sie als interessierten Kirchgänger dazu zwingt, ins Internet oder den Schaukasten zu gucken: Was geht bei uns?

Katholische Gemeinden feiern eher Präsenz-Gottesdienst als protestantische

Jedenfalls stellen die Gemeinden weit mehr auf die Beine als letztes Jahr. Nach Ostern 2020 war ja auch die Kritik zu hören, ausgerechnet in höchster Not tauchten die Kirchen ab. Das lassen aber weder das Ruhrbistum noch die rheinische evangelische Kirche gelten: Es werde „absolut verkannt, wie viel seelsorgerische Arbeit geleistet wird“, und die sei „ihrem Wesen nach verschwiegen“.

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Doch zurück in die Öffentlichkeit. Wenn überhaupt, kann man bei vielen Ausnahmen einen leichten Trend doch sehen: Katholische Gemeinden feiern eher Präsenzgottesdienst als protestantische. „Wir haben die Entscheidung in die Hände der Pfarreien gelegt. Die wissen vor Ort selbst am besten, geht es oder geht es nicht“, sagt der Sprecher des Ruhrbistums, Ulrich Lota.

„Da sind wir sicherer als jeder Lebensmittelladen“

Und so kommt es etwa, dass Pfarrer Thomas Eisenmenger von St. Marien in Oberhausen so argumentiert: „Wir feiern mit begrenztem Platzangebot. Da sind wir sicherer als jeder Lebensmittelladen. Dort knubbeln sich die Leute und es kontrolliert keiner.“ Thomas Gäng, der Vorsitzende des Katholikenrats in Oberhausen, sieht das genauso: „Gerade zu Ostern ist der Präsenz-Gottesdienst wichtig und nicht durch digitale Konzepte zu ersetzen.“

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Aber schon nebenan in Mülheim gilt das Gegenteil: ausschließlich digitale Angebote. Videobotschaften, Podcasts, Online-Gottesdienste. Das sei die „verantwortungsvollste Entscheidung“, so Superintendent Gerald Hillebrand: „Auch wir möchten unseren Beitrag zur Kontakteinschränkung leisten und den Ansatz ,Wir bleiben zuhause’ unterstützen.“ Immerhin: Man kann sich einzelgängerisch das Licht der Osterkerze aus der Kirche holen.

Selbst das Abendmahl verlegt die eine oder andere Gemeinde ins Internet: „Wir haben das digital noch nie gemacht“, sagt Pfarrer Andreas Mann in Aldenrade: „Wer möchte, hält für die Gottesdienste eine Kerze, ein Stück Brot und einen Schluck Traubensaft oder Wein bereit.“ So könne vielleicht eine Verbindung untereinander entstehen.

Ordnungsamt und Krisenstab gucken auf Gottesdienste

Gerald Hillebrand, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Mülheim, hält digitale Angebote für „die verantwortungsvollste Entscheidung“.
Gerald Hillebrand, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Mülheim, hält digitale Angebote für „die verantwortungsvollste Entscheidung“. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Wo die Menschen aber doch in der Kirche zusammenkommen, da gelten die Corona-Regeln. Anmelden, Abstand halten, Maske tragen, nicht singen. Und es tauchen Begriffe auf, die man in Zusammenhang mit festlichen Gottesdiensten eher selten hört: Begriffe wie ,Ordnungsamt’ (welches in Gladbeck die Sicherheitsvorkehrungen, Entschuldigung, abgesegnet hat). Oder Begriffe wie ,Krisenstab’, der sich in Duisburg um ordnungsgemäße Ostern kümmert.

Unwägbarkeiten bleiben bis zum letzten Moment. Besagter Krisenstab hat auch aufgeschrieben: „Sollte der Inzidenzwert für die gesamte Stadt sich noch extrem verschlechtern, werden die Präsenz-Gottesdienste in allen Kirchen umgehend abgesagt.“ Und eine katholische Gemeinde in Bochum, die einen Gottesdienst unter freiem Himmel plant, schaut nicht auf die Inzidenz, sondern auf Erfahrungswerte. Sie hat im Schaukasten aufgeschrieben: „Bei Regenwetter fällt der Gottesdienst aus.“ In Gottes Namen.