Mülheim. Wie die Volkshochschule Mülheim in der Pandemie dasteht, berichtete ihre Leiterin nun der Politik. Einige Onlinekurse entwickeln sich zum Renner.
Ist in Mülheim die Rede von der Heinrich-Thöne-Volkshochschule (VHS), geht es seit bald vier Jahren zumeist um die ungewisse Zukunft des sanierungsbedürftigen Gebäudes an der Bergstraße sowie den Bürgerentscheid aus Oktober 2019. Im Bildungsausschuss stand nun zur Abwechslung mal wieder die inhaltliche Arbeit der Institution im Fokus: Leiterin Annette Sommerhoff legte neue Zahlen vor, sprach über die Auswirkungen der Pandemie – und erklärte, warum die VHS dringend digitale Endgeräte braucht.
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Corona! Auch Sommerhoffs Vortrag begann mit dem leidigen Thema. Das Virus hat der Bildungsstätte die Bilanz verhagelt. Deutlich weniger Erträge wurden erzielt, im Gegenzug aber auch Ausgaben wie Honorarzahlungen reduziert. Anträge bei staatlichen Stellen zur finanziellen Kompensation seien gestellt, aber noch nicht entschieden, so Sommerhoff. Konkrete Zahlen legte sie nicht vor.
Wegen Corona gibt’s in der VHS nur noch 230 der sonst üblichen 555 Sitzplätze
Bis Mitte März 2020 konnte das VHS-Geschäft normal laufen, danach war der Betrieb im neuen Domizil an der Aktienstraße wochenlang untersagt. Erst im Mai konnte er stufenweise wieder aufgenommen werden, Schulabschluss- und Integrationskurse gingen wieder an den Start. Wegen der Corona-Schutzmaßnahmen allerdings stehen seither nur 230 der sonst üblichen 555 Sitzplätze in der VHS zur Verfügung.
Mit Beginn des zweiten Semesters im August 2020 war zunächst Präsenzunterricht für alle erlaubt, natürlich unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln. Anfang November wurde das Kursangebot dann erneut erheblich reduziert – und ab Mitte Dezember war wieder Schicht im Schacht. Bis zum heutigen Tag sind Kurse vor Ort verboten. 63 Lehrgänge finden immerhin online statt. „Das ist mittlerweile ein ganz guter Weg, den die Dozenten auch gern mitgehen“, so Sommerhoff im Gespräch mit dieser Zeitung. Die Lehrenden hätten ausreichend Zeit zum Einarbeiten bekommen und seien mittlerweile fit im neuen Metier.
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Gerade Fremdsprachen sind aktuell beliebt
Gerade Fremdsprachen seien aktuell beliebt. Im Lockdown überlegten sich offensichtlich viele Menschen, wie sie die Zeit in den eigenen vier Wänden sinnvoll verbringen können, so Sommerhoff. „Man denkt, och, was könnte ich denn jetzt noch mal tun?! – Eine Sprache lernen!“ Obwohl das Semester schon im Januar begonnen hat, meldeten sich noch immer vereinzelt neue Teilnehmer zu den Internet-Kursen an – „das gab es so in früheren Jahren nicht“.
Vor einigen Tagen fanden auch wieder Einbürgerungstests statt, coronagerecht in vier Gruppen nahmen 50 Menschen daran teil. Dennoch: Der Betrieb ist weit entfernt von Normalität. Das ist vor allem bitter für die Mülheimer, die dringend auf die Angebote der VHS angewiesen sind, allen voran die Teilnehmer von Deutsch- und Integrationskursen sowie jene, die auf dem zweiten Bildungsweg einen Schulabschluss erreichen möchten. Letztere verfügten in den allermeisten Fällen über digitale Endgeräte, könnten also auch online unterrichtet werden, so Sommerhoff. Anders sehe es häufig bei den Teilnehmern der Integrationskurse aus, da fehle es an entsprechendem Equipment.
Integrationskurse sind seit Monaten ausgesetzt
„Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dürfen diese Kurse aber nur durchgeführt werden, wenn keiner zurückgelassen wird.“ Ohne Tablets oder Laptops, die den Teilnehmern ausgeliehen werden könnten, sei das nicht zu erreichen. So sind die Kurse seit Monaten ausgesetzt. „Wir stehen aber mit den Teilnehmern in Kontakt, erreichen sie zum Teil auch via Smartphone, um kleinere Online-Tutorien anzubieten.“ Einen Abschluss könne man auf diesem Wege nicht erreichen. „Normalerweise haben sie ja fünf, sechs Schulstunden pro Tag.“
Zahlen spiegeln Geschichte der VHS wider
Ein wenig Zahlenwerk, das die Geschehnisse an der VHS widerspiegelt: Gab es im Jahr 2016 – am alten Standort – noch 963 Kurse und Veranstaltungen mit 28.155 Unterrichtsstunden, waren es 2017 – im Jahr der Schließung an der Bergstraße – nur noch 753 Kurse mit 22.580 Unterrichtsstunden.
2018, als die Einrichtung an die Aktienstraße zog, waren noch 553 Kurse mit 20.835 Stunden im Angebot. Im Jahr darauf, 2019, gingen die Zahlen wieder leicht nach oben: Angeboten wurden 585 Kurse und 21.423 Unterrichtseinheiten. Die Pandemie bremste den Aufwärtstrend 2020 dann radikal aus: Gerade noch 387 Kurse fanden statt mit insgesamt 12.581 Stunden.
Sommerhoff spricht von rund 50 Geräten, die notwendig seien. Und hofft auf eine schnelle Lösung. Möglicherweise entwickele sich eine solche über den Landesverband der Volkshochschulen. Man prüfe aktuell eine Sammelbestellung, müsse aber noch einige Fragen klären.
Planungen für das zweite Semester 2021 schreiten voran
Parallel zu diesem Thema laufen an der Aktienstraße die Planungen für das zweite Semester 2021. Im Juni wird das Programm erscheinen, kündigte die Leiterin an. Ihre Mitarbeiter gehen mit Optimismus ans Werk, Unterricht vor Ort ist die Idealvorstellung. Doch auch Online-Kurse sind angedacht – für den unschönen Fall, dass das Virus partout nicht weichen will.