Mülheim. Eigentlich wäre der Weg kurz. Doch da ein Mülheimer an der Willy-Brandt-Schule abgelehnt wurde, muss er nun wohl 40 Minuten fahren - pro Strecke.
- Die Mülheimer Willy-Brandt-Schule wäre für den Enkel von Bettina T. nur knapp fünf Minuten entfernt. Doch die Schule hat keinen Platz mehr frei. „Mein Enkel wurde abgelehnt“, erklärt Bettina T.
- Nun muss er wohl einen längeren und gefährlicheren Schulweg auf sich nehmen, um die Gesamtschule in Saarn zu erreichen. Rund 40 Minuten dürfte der Mülheimer dann wohl für eine Strecke zur Schule unterwegs sein.
- Trotz der Absage hat Bettina T. die Hoffnung für ihren Enkel noch nicht aufgegeben. „Ich kämpfe wie eine Löwin“, sagt sie. Ihr Enkel steht bei der Mülheimer Willy-Brandt-Schule nun auf der Warteliste.
Jedes Kind in der Ruhrstadt erhält einen Schulplatz. Nur eben nicht immer den, der gewünscht ist. In diesem Jahr gab es wieder einmal Tränen bei rund 200 Kindern. Auch den Enkel von Bettina T. hat es getroffen: „Mein Enkel wurde von der Willy-Brandt-Schule abgelehnt, obwohl er nur fünf Minuten entfernt wohnt“, wundert sich die Großmutter. Das hat aber seinen Grund.
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Viel Lob für die Arbeit der Willy-Brandt-Schule
Die Enttäuschung bei Bettina T. ist schon groß, schildert sie in einem Brief an die Schule und Redaktion, denn schon ihre Töchter und Enkeltöchter haben die Gesamtschule in Styrum besucht: „Als sie Schwierigkeiten in der Schule hatten – wie das in der Pubertät bei vielen so ist – hat die Willy-Brandt sie sehr gut aufgefangen. Sie haben deshalb doch eine gute berufliche Laufbahn geschafft“, erzählt sie begeistert.
Auch beim Enkelsohn hat es in der Grundschule etwas geholpert. „Als das mit Corona angefangen hat, ist er zurückgeworfen worden“, schildert Bettina T. Umso unverständlicher ist es für die Styrumerin, dass ihr Enkel von der Gesamtschule abgelehnt wurde, zumal er gerade einmal fünf Minuten entfernt wohnt.
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Kurze Beine, kurze Wege gilt nicht für weiterführende Schulen
Und stattdessen zur Gesamtschule ins deutlich weiter entfernte Saarn fahren soll. 40 Minuten wird eine Strecke dann wohl dauern. „Jetzt müssen wir einen längeren und gefährlicheren Schulweg in Kauf nehmen“, sorgt sich die Styrumerin, die manche Stelle in ihrem Stadtteil nicht als sicher empfindet.
Kurze Beine, kurze Wege – so heißt der Grundsatz immerhin noch bei der Wahl der Kitas und Grundschulen. Doch die Nähe spielt bei weiterführenden Schulen längst keine Rolle mehr. „Wir haben in diesem Jahr 187 Kinder, die an unsere Schule möchten“, erklärt Alexander Menting, Abteilungsleiter für die Jahrgänge Fünf bis Sieben, doch die vierzügige Schule hat nur 112 Plätze zu vergeben, wenn die Klassen nicht viel größer als jeweils 28 Kinder werden soll. Platz für einen weiteren Klassenzug hat die Schule leider nicht.
Starke und schwächere Schüler werden zu gleichen Teilen aufgenommen
Zwei Kriterien spielen bei der Vergabe der Klassenplätze eine Rolle: die Notenleistung und das Geschlecht. Soll heißen: Die Schule will einen gleichen Anteil von schwächeren und stärkeren Schülern sowie von Jungen und Mädchen aufnehmen.
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Was „schwach“ und was „stark“ heißt, bemisst sich am berechneten Notendurchschnitt aus allen Bewerbern, erklärt Menting. Anschließend wird unter den beiden Gruppen jeweils per Los entschieden. Die Nähe zur Schule ist dabei kein Kriterium. „Es ist ein gerechtes Verfahren, das alle gleich behandelt und kein Kind bevorzugt. Aber natürlich ist uns klar, dass jedes Kind, das wir nicht aufnehmen können, Tränen in den Augen hat“, bedauert Menting.
Großmutter kündigt an: „Ich kämpfe wie eine Löwin“
So ist die Lage an den Gesamtschulen
560 Kinder sind an den drei Mülheimer Gesamtschulen angemeldet worden, davon 88 aus anderen Städten. Trotz leichten Rückgangs sind sie weiter sehr beliebt.
Die meisten bewarben sich an der Gustav-Heinemann-Schule, die größte Mülheimer Schule mit rund 1600 Schülern. 301 Schüler wollen dort im Sommer starten.
Auch die Gesamtschule in Saarn hat mehr Zulauf: 72 und damit etwas mehr Kinder als im Vorjahr (66) haben sich dort angemeldet.
Wer es wünscht, wird übrigens von der Willy-Brandt-Schule dann an eine der beiden übrigen Mülheimer Gesamtschulen geleitet, die noch Plätze frei hat – in diesem Jahr etwa hat Saarn Plätze frei. Wer es nicht möchte, kann sich aber auch selbst an einer anderen Schule bewerben.
So hat es leider auch Bettina T.s Enkelkind getroffen. „Ich kämpfe aber noch wie eine Löwin“, kündigt die Großmutter an, denn bis nach Saarn will sie ihren Enkel nicht schicken. Noch hat sie Hoffnung, denn die Willy-Brandt-Schule führt eine „Warteliste“ für den Fall, dass ein Kind seinen Gesamtschulplatz doch nicht antritt.