Mülheim. Seit 1939 dreht sich bei Mengede in Mülheim alles ums Foto. Warum auch die neue Chefin, Elisabeth Harbecke, gern am Standort Innenstadt festhält.

Auch 2021 hält die Mülheimer Innenstadt Chancen bereit. Davon ist Elisabeth Harbecke überzeugt. Selbst wenn die Unkenrufe manchmal laut sind und die Gassen zeitweise leer: Die neue Inhaberin von Photo Mengede setzt selbstbewusst auf den Standort City.

Seit Jahrzehnten gehören die Begriffe Photo und Mengede für viele Menschen in Mülheim untrennbar zusammen. Der 1939 von Bernhard Mengede eröffnete Laden ist das, was manch einer "eine Institiution" nennt. Um Fotos ging es immer, das Geschäftsmodell allerdings hat sich gewandelt. Der erste Chef handelte im großen Stil mit Kameras und es gab ein klassisches Fotolabor, in dem Filme entwickelt wurden. Bilder aus seiner Zeit zeigen eine langen Ladenfront an der Wallstraße, die sich über die volle Breite zweier Wohnhäuser erstreckte.

Der Vater war Kaufmann, die Tochter eher am Foto-Handwerk interessiert

Bernhard Mengede, Jahrgang 1914, war Kaufmann durch und durch, erzählt seine Tochter Kathleen Mengede-Klüß. Sie hingegen interessierte sich mehr für das Handwerk des Fotografierens. Nach Abschluss der Ausbildung zur Fotografin und erfolgreich absolvierter Meisterschule machte sie sich 1984 - mit gerade 23 Jahren - schräg gegenüber des väterlichen Geschäfts an der Ecke Friedrich-Ebert-Straße/Wallstraße mit einem Fotoatelier selbstständig. Als der Vater wenig später in Ruhestand ging, übernahm die Firma "Photo Beck" sein Geschäft. 2013 fand dieses Kapitel dann ein Ende und Kathleen Mengede-Klüß zog mit ihrem Studio in die Räume an der Wallstraße.

Der Name ihrer Familie steht heute vor allem für Portraitfotografie, Hochzeitsbilder, Passfotos, aber zunehmend auch für Bilder, die im beruflichen Umfeld überzeugen sollen. "Der Bereich Business wächst", berichtet Harbecke; immer mehr Homepages werden aufgehübscht, da bedarf es professioneller Bilder.

Das Metier und die Historie des Ladens sind der neuen Chefin bestens vertraut

Seit Anfang des Jahres ist sie die neue Inhaberin des alten Mülheimer Unternehmens. Das Metier und die Historie sind ihr vertraut; seit rund 20 Jahren ist sie an Bord, hat bei Mengede ab 1999 schon ihre Ausbildung zur Fotografin gemacht. Für einige Jahre hat sie auch an anderer Stelle Erfahrungen gesammelt, in einem Fotostudio im Sauerland sowie bei der Zeitung. Auch wenn seit Jahresbeginn kein(e) originäre(r) Mengede mehr das Sagen hat, behält der Laden den vertrauten Namen. Kathleen Mengede-Klüß (60) ist froh, dass es weitergeht. Sie verabschiedet sich leichten Herzens: "Ich bin sicher, dass das Geschäft in guten Händen ist." Elisabeth Harbecke und sie seien auf einer Wellenlänge, man habe schon in den vergangenen Jahren vieles gemeinsam gestaltet.

Damit es langfristig solide weitergeht, hat sich die neue Inhaberin intensiv vorbereitet. Fürs Konzipieren, Planen, Durchrechnen hatte sie in der Pandemie viel Zeit, "Corona hat mir da in die Karten gespielt". Beinahe allerdings hätten die strengen Schutzvorschriften einen wichtigen Schritt in Richtung Selbstständigkeit vereitelt: "Die kurze Zeit zwischen den Lockdowns hat gerade so ausgereicht, um die Ausbildungseignungsprüfung zu absolvieren." Diese ist - seit Abschaffung der Meisterpflicht für Fotografen - erforderlich, um dem Nachwuchs eine Chance zu geben.

Ein anderes Geschäft in der City hätte Elisabeth Harbecke nicht übernommen

Zum Team der 41-Jährigen gehören aktuell drei Auszubildende sowie eine fertige Fotografin. Das Ladenlokal im Erdgeschoss wird ergänzt durch Studioräume im ersten Stock. Dass Photo Mengede mitten in der oft kritisierten Innenstadt liegt, ist für Harbecke kein Problem. In der Wallstraße tue sich etwas und in manch anderen Seitenstraßen der Schloßstraße auch. Es gebe deutlich weniger Laufkundschaft als früher, das schon, "aber die Leute wissen, wo sie uns finden". Der Name Mengede ist ihr Kapital. Auch mit Hilfe sozialer Netzwerke wie Facebook oder Instagram werde ihr Konzept aufgehen, da ist sich Harbecke sicher. "Ein anderes Geschäft hätte ich hier allerdings nicht übernommen und ich hätte auch kein neues aufgemacht."

Das größte Glück am Arbeitsplatz empfindet die dreifache Mutter "im direkten Kontakt mit den Menschen". Häufig sei sie mehr als bloß Fotografin. "Ich bin eine Art Psychologin, höre zu und berate. Oder auch mal Schneiderin, wenn am Brautkleid ein Knopf abgerissen hat." Sie komme den Menschen nah, das gefalle ihr. Manchmal bedürfe es der Diplomatie. "Wenn die Leute fragen, ob die Frisur oder die Kleidung sitzt, gibt's ein Feedback - da muss man aber schauen, was man sagt. Das kann eine Gradwanderung sein..."

Der Laden soll "auch in Zukunft eine Konstante in Mülheim bleiben"

Elisabeth Harbecke setzt auf Service und greift gern auch zu unüblichen Zeiten zur Kamera, damit die Kunden glücklich sind. "Foto Mengede soll auch in Zukunft eine Konstante in Mülheim bleiben", sagt sie - und denkt durchaus schon mal ans gar nicht mehr so ferne Jahr 2039: an die Feierlichkeiten zum Hundertjährigen!

INFO

Weil Photo Mengede zum Handwerk zählt, darf Elisabeth Harbecke ihren Laden auch im strengen Lockdown öffnen.

Das vielen Mülheimern ebenfalls noch bekannte Fotogeschäft Nettemann und Schurmann, das sich einige Jahren auf der Schloßstraße neben Hotel Noy befand, hatte übrigens auch eine Verbindung zu Mengede. "Herr Nettemann war früher Angestellter meines Vaters", so Kathleen Mengede-Klüß.