Mülheim. Viel ausstellen und verkaufen konnten bildende Künstler in diesem Jahr nicht. Die Gruppe AnDer fand einige Möglichkeiten, Werke zu präsentieren.
Ganz ausgebremst worden sind die Künstler der Gruppe AnDer von der Pandemie nicht. Zwar war es schwierig, Ausstellungen zu realisieren, Bilder und Skulpturen zu verkaufen und Schüler zu unterrichten, aber einiges ging doch noch in 2020. Und: Viele neue Arbeiten beziehen sich thematisch auf die Corona-Zeit.
Mülheimer Künster-Gruppe AnDer: Zwei Open-Air-Ausstellungen
Im Frühjahr, in der ersten Welle der Pandemie, konnten die AnDer-Künstler die Mülheimer mit einem ungewöhnlichen Ausstellungsort überraschen. In den runden Fenstern des Stadthallengebäudes zeigten sie Kunst, die man mit dem Fernglas anschauen sollte. Jetzt, in der zweiten Welle, sind ihre Werke zur Weihnachtsgeschichte, in der „Kunst raus“-Schau unter freiem Himmel in Saarn zu sehen. „Und natürlich haben wir uns auch auf die Jahresausstellung der Mülheimer Künstler im Museum vorbereitet“, berichtet Heiner Schmitz.
Außerdem stellen einige AnDer-Leute unter dem Thema „AnDer Welten“ zurzeit im Kolumbarium an der Augustastraße aus. Auch dafür haben sie ganz neue Werke geschaffen. Wie zum Beispiel Ursula Vehar. In Analogie zum Ort, dem Kolumbarium, beschäftigte sie sich mit dem Motiv der Taube (lat.: columba). Zwölf Bilder bilden ein Tableau. Bezüge zur Corona-Krise, zu den Römern und der Brieftaubenzüchtertradition im Ruhrgebiet werden deutlich. „Außerdem habe ich eine optische Ähnlichkeit zwischen dem Taubenschlag und der Urnenwand gesehen“, sagt die Künstlerin.
Bilderserie: Wie Augen Emotionen ausdrücken können
Auf die Pandemie beziehen sich auch die Arbeiten von Natalija Usakova im Kolumbarium. Eine zeigt beispielsweise ein Mädchen mit Maske. „Gesichter sind Welten, die viel vermitteln“, erklärt die Künstlerin. Sie habe versucht, festzuhalten, wie alleine die Augen Emotionen ausdrücken können. In ihrem Atelier ist in 2020 aber auch eine Serie von Bildern zum ersten Lockdown entstanden. „Ich hatte ein Video aus Italien gesehen hatte, wo Menschen im Fenster stehen und singen und tanzen. Das hat mich inspiriert“, berichtet sie. Darüber hinaus habe sie Urlaubslandschaften gemalen. „Von Orten, an denen ich dieses Jahr leider nicht gewesen bin.“
Auch für Heiner Schmitz war 2020 kein Jahr der Untätigkeit. Für „Ander Welten“ steuerte er zwei Fotografien bei: zum Tod der Flüchtlinge im Mittelmeer und zur Abstandsregel in der Corona-Zeit. Die mit Wachskreide partiell colorierte Aufnahme ist allerdings schon 2009 an der Uni Peking entstanden, könnte aber auch aus 2020 stammen. Außerdem arbeitete Schmitz zum Leben der Beduinenfamilien im nördlichen Jordan-Tal. Vor Ort entstandene Bilder und Texte, die ihre Geschichte dokumentieren. Zwei davon sind gerade in der Ausstellung „Crossroads“ in der Wolfsburg zu sehen, die Schmitz vorbereitet hat.
Drei Aufträge retten übers Jahr
„Die Welt der Obdachlose“ zeigen zwei großformatige Portraits von Uwe Dieter Bleil. In den vergangenen, „etwas schwierigen“ Monaten, hat der Künstler eher kleinformatige Arbeiten ausgeführt, die sich leichter verkaufen lassen. Viel mehr als sonst habe er das Internet als Präsentationsfläche genutzt. In Mülheim oder auch in einer Galerie in Berlin konnte er einige Werke live zeigen. „Über die Corona-Zeit retten mich aber drei schöne Aufträge, die ich Anfang 2020 bekommen habe“, berichtet er. Es gehe darum, Bauernhöfe zu portraitieren.
Live oder online anschauen Künstlerkollege Helmut Koch, ebenfalls bei allen erwähnten Mülheimer Ausstellungen dabei, hat fürs Kolumbarium Welten geschaffen, „in die wir eintauchen, wenn wir mal sterben“. Seine technisch aufwendigen und ganz eigenen Arbeiten, in die er vielfach ein Pulver einarbeitet, das einen sandigen Charakter verleiht, zeigen Landschaften in Jordanien und bei Hongkong und eine Urwelt mit fantastischer Vegetation. Museum geschlossen, Ausstellungen verschoben – darunter leidet auch Koch. Die Zeit sei für alle Künstler irgendwie „eine Zeit des Abwartens.“