Mülheim. Den Kompromiss, wie der Mülheimer Rat unter Corona tagen kann, hat die Politik nicht hinbekommen. Vor der Sitzung machen manche ihrem Ärger Luft.

Mit reichlich Murren sind die großen Fraktionen SPD, CDU und Grüne am Donnerstagnachmittag in die Parlamentssitzung eingezogen. Der Grund: Trotz Corona muss der Rat in voller Stärke tagen, weil sich die Fraktionen auf keine Alternativen einigen konnten. Die Partei „Die Partei“ zog Konsequenzen und blieb der Sitzung fern. Minuten vor Ratsbeginn startete allerdings ein wunderliches Hauen und Stechen.

Denn fast zeitgleich haben sich die drei stärksten Fraktionen mit Pressemitteilungen in Stellung gebracht: „Angesichts der Pandemie-Lage eine unsinnige Idee“, kommentiert SPD-Fraktionsvorsitzende Margarete Wietelmann die Entscheidung für eine reguläre Ratssitzung und kritisiert eine wohl mangelnde Führungsstärke des OB Marc Buchholz (CDU).

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Stimmrecht über Schutzinteresse gestellt?

Grüne und CDU hingegen greifen scharf die drei Einzelverordneten Cevat Bicici (WIR), Andrea Mobini (Die Linke) und Ramona Baßfeld (BAMH) an. Sie hätten „ihr Stimmrecht über das Schutzinteresse gestellt“ und einer so genannten „Drittel-Lösung“ nicht zugestimmt. Dies hätte aber bedeutet, dass die Einzelverordneten ihre Stimmen im Rat nicht hätten ausüben dürfen.

Nach Darstellung der Genossen wiederum habe sich die AfD verweigert, den Hauptausschuss anstelle des Rates tagen zu lassen, den die Verwaltung angeblich befürwortet habe. OB Buchholz hätte diesen durchsetzen sollen. Während Schwarz-Grün diese Ablehnung wiederum nachvollziehen kann: „Eine Übertragung der Ratsangelegenheiten auf den Hauptausschuss ist aus rechtlichen Bedenken gescheitert.“

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Der Schwarze Peter geht herum

Und obendrein teilt Dominik Meßink (Die Partei) mit, dass Mobini einen für ihn akzeptablen Vorschlag nach angeblich Essener Vorbild gemacht habe, demnach die Fraktionen mit weniger Teilnehmern erschienen wären, bei Beschlüssen aber mit den Stimmen ihrer gesamten Fraktion hätten votieren können. Das jedoch habe die Verwaltung nicht akzeptieren wollen.

Mit einiger Verwunderung blickt Meßink aus dem selbst auferlegten Ratsexil auf das „Schwarze-Peter-Spiel“ der Fraktionen: „Wir nehmen unser Mandat ernst, aber die Verwaltung hat es versäumt, ein sicheres Konzept auf die Beine zu stellen“, sagt der Sprecher der „Partei“, der soeben erst aus der privaten Quarantäne gekommen ist: „Man kann den Menschen nicht erzählen, sie sollen zu Hause bleiben und sich dann mit 60 Leuten treffen. Darum bleiben wir zu Hause.“

AfD ärgert sich über „Fake News“

Die AfD kritisiert die SPD für eine aus ihrer Sicht Falschmeldung: „Die AfD hat zugestimmt, dass der Hauptausschuss anstelle des Rates tagen soll“, zeigt sich AfD-Fraktionschef Alexander von Wrese verärgert gegenüber der anderslautenden Pressemitteilung der SPD-Fraktion.

„Das ist ein klarer Fall von Fake-News. Die SPD sollte die Legendenbildung in Richtung der AfD beenden und zu seriöser inhaltlicher Auseinandersetzung zurückkehren. Wir haben selbst den Hauptausschuss als Ersatz für die Ratssitzung vorgeschlagen“, so von Wrese. Zudem habe die AfD eine Verkleinerung der Ratssitzung auf die Fraktionschefs ins Spiel gebracht, die ihre volle Stimmzahl im Rat vertreten sollten. „Das sei nicht zulässig, hat uns der Stadtdirektor erklärt.“