Mülheim. Vom Sprecher der Fridays-For-Future-Bewegung zum Vorsitzenden des Mobilitätsausschusses: Was will der Grüne Timo Spors für Mülheim erreichen?
Eine solche Karriere gibt es selten in der Mülheimer Politik: Mit 16 Jahren kam Timo Spors (22) zu den Grünen und wurde bald sportpolitischer Sprecher. Viele kennen ihn auch lautstark hinterm Megafon der hiesigen Fridays-for-Future-Bewegung. Jetzt wird er mit 22 Jahren Vorsitzender eines der wichtigsten Ausschüsse für Mülheim: Mobilität. Was will er erreichen, fragte WAZ-Redakteur Dennis Vollmer .
Herr Spors, Sie waren sportpolitischer Sprecher der Grünen, sind aber mit 22 Jahren recht neu in den Rat gekommen – und nun direkt als Vorsitzender im Mobilitätsausschuss. Haben Sie Respekt vor der Aufgabe?
Timo Spors: Respekt schon, aber auch viel Vorfreude. Die Menschen haben uns bei der Kommunalwahl einen großen Vertrauensvorschuss gegeben, dem müssen wir jetzt gerecht werden.
Was bringen Sie dafür an Erfahrungen mit?
Ich bin seit fast fünf Jahren bei der Grünen Partei aktiv, habe dabei viele Sitzungen für den Kreisverband und die Fraktion geleitet und dabei viele Menschen aus der Stadt kennengelernt. Ich will als Ausschussvorsitzender Politik, Verwaltung und Bürger an einen Tisch holen, um gemeinsam die Stadt zu verändern. Dazu besitze ich meiner Meinung nach genau die richtige Mischung aus Erfahrung und neuem Blick.
„Das gesellschaftliche Umdenken hat auch die CDU nicht kalt gelassen“
Sie haben 2019 an der Spitze der Fridays for Future-Bewegung in Mülheim gestanden , die Mülheimer Gruppe sogar mitgegründet: Werden Sie weiterhin die Führungsrolle in der Bewegung einnehmen?
Ich werde zumindest im Hintergrund weiter in der Bewegung aktiv bleiben. An vorderster Stelle im Team sehe ich aber andere. Wir sind derzeit ungefähr 20 Leute im Organisationsteam, da macht es nichts aus, wenn man auch mal einen Schritt zurücktritt.
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Die Erwartung der FFF-Bewegung an einen (ehemaligen) Frontmann und Grünen ist sicher nicht gering. Und da ist auch noch ihr möglicher Koalitionspartner CDU. Spüren Sie Druck, beiden Richtungen gerecht zu werden?
Das gesellschaftliche Umdenken der letzten Jahre hin zu mehr Ökologie hat auch die Mülheimer CDU nicht kaltgelassen. Dazu sehe ich, dass auch dort jungen Menschen immer mehr Verantwortung zugetraut wird. Da sind zum Beispiel mit Darko Medic und Florian Volkmer nun gleich zwei Politiker der Jungen Union neu im Mobilitätsausschuss, die ganz andere Perspektiven einbringen, die nicht mehr zum alten Image der Autofahrerpartei CDU passen.
„Gleichberechtigung von Rad- und Fußverkehr wird ein großes Thema sein“
Welche Schwerpunkte haben Sie für sich als Vorsitzender konkret festgelegt? Autofreie Innenstädte? Mehr Gleichberechtigung von Fußgängern und Radlern? Flugtaxen?
Gleichberechtigung von Rad- und Fußverkehr wird natürlich ein großes Thema sein. Wir haben in Mülheim nicht die Mittel, um jede Straße dafür umzubauen, aber unser Ziel muss es schon sein, die großen Lücken im Radnetz zu schließen und auch deutlich mehr Abstellmöglichkeiten fürs Rad zu schaffen. Einen Anfang machen wir dabei als Grüne gemeinsam mit der CDU im ersten Ausschuss mit unserem Antrag, am unteren Teil der Kaiserstraße einen Radweg einzurichten, um Holthausen besser mit der Innenstadt zu verbinden. Außerdem wird der ÖPNV natürlich ein großes Thema werden. Wir brauchen dringend ein vollständig neues Busnetz mit einer stadtteilverbindenden Ringbuslinie, das sowohl attraktiver wie auch wirtschaftlicher ist.
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Kahlenberg stillegen? „Wir Grünen sehen die Wirtschaftlichkeit nicht“
Den ÖPNV zu einem guten Angebot umzubauen, der auch wirtschaftlich für Mülheim tragbar ist, wird in den kommenden zwei Jahren eine Mammutaufgabe sein. 2021 muss die Politik zwei Millionen sparen, ab 2022 aber weitere fünf. Wie gehen Sie als Grüner das an?
Ich nehme die Herausforderung an. Wenn wir es schaffen, im neuen Busnetz Fahrten in die Innenstadt zu reduzieren und dabei gleichzeitig neue Verbindungen zwischen den Stadtteilen schaffen, können wir sparen und den Menschen ein vielfältigeres und besseres Angebot machen. Dasselbe Prinzip können wir auch bei den Taktzeiten anwenden. Das heißt, wenn Busse und Bahnen voll sind, zum Beispiel durch Schüler, Taktzeiten zu verstärken, dafür aber zu weniger nachgefragten Zeiten reduzieren.
Der Kahlenbergast und seine Linie 104 ist ein weiteres Minenfeld. Die CDU und Teile der SPD wollen die Stilllegung. Was ist ihr Ansatz?
Im letzten Rat wurde beschlossen den Kahlenbergast stillzulegen, wenn es wirtschaftlich ist. Auch wenn der Ast wenig nachgefragt ist, wir Grüne sehen diese Wirtschaftlichkeit derzeit einfach nicht, alleine schon wegen der hohen Kosten, die durch den Abbau von Oberleitungen und Schienen entstehen würden. Den Menschen am Oppspring könnten wir eine Stilllegung dazu doch auch nicht erklären, da wurde gerade erst mit viel Mühe eine neue Kreuzung für die Straßenbahn gebaut.
Bahn nach Saarn? Wohl nicht in den nächsten fünf Jahren
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Masterfrage: Wann kommt die Bahn nach Saarn? Im Wahlprogramm der Grünen ist sie als Forderung festgeschrieben, die Schwarzen schließen sie aus.
Dass ich sie irgendwann in Mülheim noch erleben werde, kann ich nicht ausschließen, in den nächsten fünf Jahren wird es sie aber wohl eher nicht geben. Fest steht aber, dass wir auch in die Schiene im Rahmen unserer Möglichkeiten investieren müssen, um unseren Klimazielen gerecht zu werden, aber auch um wirtschaftlicher zu werden. Im kommenden Verfahren zum neuen Nahverkehrsplan würde ich mir dazu, insbesondere von denen, die die Bahn nach Saarn ablehnen, Vorschläge wünschen.