Mülheim. Mit Verkehrswende und dem Ausbau von Radwegen werben nicht nur Grüne, sondern auch CDU, SPD, Linke. Die Satire-Partei fordert die autofreie City.
Die Stadt an der Ruhr dürfte ab September 2020 eine Spur breit sympathischer werden – zumindest für Fahrradfahrer. Das Thema Fahrrad ist von auffällig vielen Parteien im Kommunalwahlkampf als wichtiger Baustein erkannt worden. Sie versprechen eine Verkehrswende: mehr auto-unabhängige Radwege, die Vernetzung von Rad und ÖPNV, den Ausbau des Radschnellwegs – und mehr „Monstertrucks“.
Das will die Partei: Die autofreie Innenstadt
Zugegeben: Die Monstertrucks fordern nur die Satiriker von „Die Partei“. Immerhin sollen Radfahrer dann sicher unter ihnen herfahren können, verspricht Partei-Promi Andy Brings per Video. Um den pointierten Schabernack perfekt zu machen, soll der Radschnellweg RS1 an die A40 angeschlossen werden. Ganz ernsthaft aber wollen sie mehr und eigene Spuren für den Radverkehr und die autofreie Innenstadt. So weit wie im letzten Punkt will bis auf die Linke keine andere Partei offiziell gehen.
Das will die CDU: Radwege weiterentwickeln auch nach Oberhausen
Das Radfahren ist also längst nicht mehr die Königsdisziplin der Grünen. Das zeigt der Blick in die Kommunalwahlprogramme der meisten Parteien deutlich. So will die CDU „gesunde Mobilität – wie das Radfahren“ fördern. Für die Schwarzen heißt das, sichere Rad- und Fußwege weiterzuentwickeln, etwa eigene Spuren in Nord-Süd-Richtung. Dabei hat die CDU einerseits die Anschlüsse nach Oberhausen und Essen im Blick, andererseits auch den Lückenschluss nach Mintard.
Das will die SPD: Rad im Verbund mit Bus und Fußverkehr
Logisch: Den Ausbau des Radschnellwegs nach Duisburg verfolgen nahezu alle Parteien. Das Rad soll aber vor allem alltagstauglich werden – das spielt bei den Genossen eine entscheidende Rolle: „Wir werden die Ziele der Energiewende nur erreichen, wenn es uns gelingt, dass mehr Menschen ihre Wege im Umweltverbund – Fußverkehr, Rad, Bus und Bahnen – zurücklegen“, steht’s im Wahlprogramm. Und auch dort soll das Rad gefördert werden, wo man dem Konkurrenten Auto etwas abknapsen müsste: „Wir wollen den weiteren Ausbau von markierten Radwegestreifen längs von Straßen, an denen aus Platzgründen kein Radweg angelegt werden kann.“
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Das will Grün: Eine Verwaltungsabteilung für das Fahrrad
Die Grünen bringen es auf den Punkt: „Mülheim braucht ein lückenloses, geschlossenes und alltagstaugliches Radwegenetz.“ Und sagen auch, wie: Ähnlich wie die CDU es will, soll der Müga-Radweg nach Oberhausen ausgebaut werden. Außerdem: mehr Fahrradstraßen – nicht nur an der Dohne und Mendener Straße wie aktuell auch vom ADFC gefordert. Ebenso wollen die Grünen in die weitere Infrastruktur investieren, also in Fahrradabstellanlagen, -garagen und -boxen sowie eine Rampe an der Ruhranlage – anstelle des umstrittenen Aufzugs.
Um dem Auto als Shopping-Vehikel Konkurrenz zu machen, sollen Lastenräder über ein städtisches Budget gefördert und das Radverleihsystem an Verkehrsknotenpunkten gestärkt werden. Zudem wollen sie das Baustellenmanagement verbessern: Der Radverkehr soll künftig sicher und ohne zusätzliche Einschränkungen für Fußgänger geregelt werden. Das ist in der Baustellen-Stadt Mülheim seit Jahren heftig diskutiert. An vielen Stellen – so etwa aktuell an der Leineweberstraße – versandete der Radweg oftmals unvermittelt an einem lapidaren Schild: „Radweg Ende“.
Die Grünen wollen für die vielen Verbesserungen daher nicht nur einen „Fahrradbeauftragten“ in der Verwaltung sondern eine eigene Abteilung für den Radverkehr, die dem Drahtesel einen höheren Stellenwert in der Verkehrsentwicklung verschaffen kann. So lange bis die Radwege ausgebaut sind, wollen die Grünen „Pop-up-Radwege“ als vorübergehende Maßnahme einführen. Ursprünglich waren solche Provisorien dazu gedacht, zu Corona-Zeiten den ÖPNV zu entlasten, ohne dass man gleich auf’s Auto umsteigen muss.
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Das will die Linke: die Umverteilung des Straßenraums
Doch, mit wem ist das zu machen? Etliche Schnittpunkte gibt es mit den Linken: Die „Gleichberechtigung im Straßenverkehr“, fordert sie für das Fahrrad. Konkret heißt das – ganz klassisch links – die Umverteilung des Platzes auf der Straße vom Auto zum Drahtesel. „Genug Verkehrsraum ist vorhanden, er muss aber gerecht verteilt werden. Der benötigte, Platz muss dem Auto- und Lkw-Verkehr weggenommen werden.“
Dafür will die Linke einen „Radverkehrsbeauftragten“ für die Anliegen von Radfahrenden. Sie will außerdem den Ausbau von Fahrradstraßen, eigene Radwege und Investitionen in die Infrastruktur wie Abstellanlagen.
Das will die FDP: Fahrrad als Ergänzung zum Auto
Mit den Liberalen wird das wohl nicht zu machen sein: „Das Fahrrad ist aus ökonomischen, ökologischen wie gesundheitlichen Erwägungen ein besonders förderungswürdiges Verkehrsmittel“, stellt die FDP zwar heraus, allerdings „muss das Hauptaugenmerk darauf liegen, die Radinfrastruktur sinnvoll auszubauen.“ Das Fahrrad stehe „nicht im Wettbewerb zum PKW, sondern als sinnvolle Ergänzung“, meint OB-Kandidatin Amrei Debatin. Man könnte auch böse vermuten: hinten an.
Doch gibt es auch Schnittpunkte: So will die FDP „einige Radwegen mit hohem Verkehrsaufkommen“ verbreitern, „so dass die Begegnung mit dem Gegenverkehr gefahrlos möglich ist“. Für eine bessere Vernetzung zwischen den Stadtteilen sollen Radwege „entlang der Außengrenzen errichtet werden. Mülheimer sollten die Möglichkeit haben, Fahrten durchs Stadtzentrum zu vermeiden.“
Und was wollen die anderen? Eher wenig
Und wie behandeln die übrigen Parteien die Fahrradmobilität? Dürftig bis gar nicht. OB-Kandidat Jürgen Abeln will den „Radverkehr stärken“, wird aber nicht konkret: „Radschnellwege, sichere Radwege“. Bei den „6 Richtigen für Mülheim“ der BAMH spielt das Fahrrad keine explizite Rolle. AfD, WIR und BfB haben ebenso keine Vorschläge im Programm.