Mülheim. Corona: Wer mit Sportangeboten sein Geld verdient, gehört zu den Gebeutelten. Tauchen und Kicken sind nicht erlaubt – zwei Mülheimer berichten.
Wo sonst Bälle durch die Gegend zischen, gejubelt wird oder auch mal geflucht, herrscht jetzt Stille. Zum zweiten Mal in diesem Jahr musste die Soccerhalle in Winkhausen Anfang November dichtmachen. Von Mitte März bis Mitte Juni war schon zu, und jetzt ist wieder Ebbe: „Das tut richtig weh“, sagt Lennert Schmitz . Gemeinsam mit seiner Mutter Britta betreibt der 25-Jährige die Halle mit fünf Feldern für Freizeitkicker. Und eigentlich würden sie gerade jetzt ein gutes Geschäft machen, „die kalten Monate sind unsere Hauptsaison“.
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Doch an der Schmitzbauerstraße 1 a ist wieder tote Hose. Die Corona-Schutzverordnung erlaubt keinen Kontaktsport unterm Hallendach. „Das stellt uns definitiv vor Herausforderungen“, sagt Lennert Schmitz. „Das heißt aber nicht, dass wir die Regelungen nicht für richtig halten.“ Mit Sorge beobachte man die Entwicklung der Infektionszahlen, fürchte gar, dass wieder eine längere Schließung ansteht.
Dann kam die nächste Keule: der Teil-Lockdown
Dabei hatte man sich im Herbst gerade erst berappelt. Mitarbeiter, die monatelang nicht beschäftigt werden konnten, stiegen wieder ein. „Lange haben wir alle Schichten selbst in die Hand genommen“, so Schmitz. Nun aber sollten die Angestellten, darunter zehn Minijobber, wieder mitmischen. Dann kam die nächste Keule: der Teil-Lockdown. Und wieder war Schluss. „Keine schöne Situation für einen Arbeitgeber.“
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Normalerweise trainieren in der Soccerhalle viele Stammgäste; Betriebssportgruppen und Teams befreundeter Männer sind regelmäßig da, um sich fit zu halten. Zwischen 17.30 und 22 Uhr sind die Courts fast immer ausgebucht. Hinzu kommen im Winterhalbjahr rund 60 Kindergeburtstage pro Monat. Corona aber ist gnadenlos: 20 bis 30 Prozent betragen die Umsatzeinbußen für 2020 sicher schon, schätzt Schmitz. Zum Glück sei die Nachfrage im Sommer ungewöhnlich hoch gewesen, „da hatten viele das Bedürfnis, etwas nachzuholen. Das hat uns etwas gerettet“.
Weihnachtsfeiern sind eigentlich das große Business
Nun hoffen Mutter und Sohn darauf, dass wenigstens der Dezember noch etwas Geld in die Kasse spült. „Weihnachtsfeiern sind für uns eigentlich ein großes Business.“ Doch habe man sich davon innerlich schon fast verabschiedet. Der Frust ist groß; „aber wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen“. Die Netze von Toren und Plätzen werden repariert und andere Renovierungsarbeiten angegangen. Das Lager ist jetzt tipptopp und die Halle mal wieder von Grund auf gereinigt. „Meine Mutter und ich sind einfach keine Menschen, die sich zu Hause auf die Couch setzen; wir suchen uns Aufgaben.“
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Ähnlich wie Familie Schmitz, versucht auch Frank Riedel Corona Paroli zu bieten. Dem 50-Jährigen gehört Frank’s Dive Center an der Duisburger Straße in Broich . Und auch ihm verhagelt die Pandemie die Bilanz. Riedel verkauft Ausrüstung und Zubehör für Taucher und bietet Kurse für Einsteiger, Fortgeschrittene und angehende Tauchlehrer an.
Mit der staatlichen Hilfe die Betriebskosten gedeckt
Mitten in einem solchen Kurs für Beinahe-Profis steckte er im Frühjahr, als der erste Lockdown Stadt und Land ausbremste. „Es war absehbar, dass wir nirgends mehr ein Schwimmbad finden und die Prüfung nicht abnehmen können.“ Für viele Teilnehmer eine große Enttäuschung, „der Tauchlehrerkurs ist oft der Kurs ihres Lebens“. Schön ist anders, dennoch war der erste Stillstand für Riedel „zu verkraften“. Mit der staatlichen Hilfe konnte er zumindest die Betriebskosten decken.
Eventhalle im Insolvenzverfahren soll fortgeführt werden
Auch den Betreibern der in Zahlungsschwierigkeiten steckenden Veranstaltungshalle an der Weseler Straße setzt die Pandemie zu. Seit Mitte Oktober ruht das Geschäft in Speldorf. Geschäftsführer Faris Kiskoski hofft weiter sehr darauf, dass die strengen Vorschriften „bald gelockert werden“.
Und zwar deutlich: „Denn selbst Veranstaltungen für unter 100 Leute lohnen sich für uns nicht.“ Realistisch damit rechnen könne man aber wohl nicht vor Februar oder Mär z . Der Schaden sei massiv: „Wir haben uns ja mitten in der Saison befunden.“
Klar sei unterdessen, dass man im kommenden Jahr definitiv weitermache , betonte Kiskoski am Freitag. Die Grand Eventhalle GmbH steckt seit Ende September wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung im Insolvenzverfahren.
Schwierig war, dass die Schwimmstätten lang geschlossen blieben, vor allem das Hallenbad Obermeiderich in Duisburg, in dem Riedel regelmäßig mit Teilnehmern abtaucht. Erst im August war es wieder geöffnet. Trotzdem habe man sich „irgendwie über den Sommer gerettet“. Beliebtes Tauchziel war wie so oft die Unterwasserwelt des Großen Bösinghovener Sees in Meerbusch, aber auch andere Seen der Umgebung.
Weil weite Reisen schwierig waren , entschieden sich mehr Menschen als sonst für einen Urlaub vor der Haustür – und auch in Frank’s Dive Center. „Davon, dass kaum einer weggefahren ist, haben wir etwas profitiert.“ Zumindest bei den Fortgeschrittenen, Neulinge hingegen blieben zurückhaltend: „Da kamen sicher 30 Prozent weniger.“ Zeitgleich ging der Absatz im Laden zurück. Schnorchel, Masken, Flossen blieben liegen. Folge: ein Umsatzminus von etwa 30 Prozent bei den Tauchsportartikeln.
Der Winter ist naturgemäß die ruhigere Zeit für Taucher
Den aktuellen „Lockdown light“ versucht Riedel sich „schön zu reden“ mit der Tatsache, dass der Winter „naturgemäß die eher ruhige Zeit bei den Tauchern ist“. Leider drohe nun auch das Geschäft für Taucher, die im Winter auf die Malediven fliegen oder zu anderen Traumzielen, wegzubrechen.
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Riedel versucht, die Zwangspause sinnvoll zu nutzen: „Ich setze mich nicht hin und ärgere mich“. Der 50-Jährige überarbeitet die Website, tummelt sich in Social Media-Kanälen, sucht gezielt das Gespräch mit Kunden. In seinem Metier – „ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“ – müsse man immer fleißig sein, um über die Runden zu kommen. „Ich bin also schon leidensfähig – aber in diesem Jahr wird meine Leidensfähigkeit echt noch mal ganz besonders auf die Probe gestellt.“