Mülheim. Von „unglaublicher Dynamik in den letzten Tagen“, spricht die Stadt Mülheim beim Thema Quarantäne. Schulen, Kitas, Kinderärzte haben viel zu tun.

Die Zahl der Kitas und Schulen in Mülheim, die von Corona-Quarantänen betroffen sind, ist nach den Herbstferien stark angestiegen. Die Stadt spricht von einer „unglaublichen Dynamik in den vergangenen fünf, sechs Tagen“. Nach einer aktuellen Auflistung ergingen jüngst neun Quarantäneanordnungen an Kitas, zudem sind drei Grundschulen und sechs weiterführende Schulen betroffen. Das Gesundheitsamt stellt aber fest, dass Schulen und Kitas nicht als Infektionsherd auszumachen seien. Vielmehr basierten aktuelle Fälle auf Infizierungen im familiären Umfeld.

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Die Statistik aus der Nacht zum Mittwoch listete 487 aktuelle Corona-Fälle aus, 86-mal für junge Menschen unter 20 Jahren. Am Morgen hätten sich 1562 Mülheimer in Quarantäne befunden, hieß es, obwohl tagsüber im Internet eine Zahl von „nur“ 1466 ausgewiesen wurde.

Einschränkungen für den Sport- und Schwimmunterricht gibt es keine

Einschränkungen für den Sport- und Schwimmunterricht gibt es weiterhin keine. Alle Schulsporthallen seien nutzbar, so Wiebels. Man werde, um die Belüftungssituation noch mal verlässlich zu prüfen, nun aber noch mal mit CO-Messgeräten in die Hallen gehen.

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Bei den 14 Kinderarztpraxen ist die verschärfte Situation deutlich spürbar, sagt Olaf Kaiser als deren Obmann. Die Behandlungsfälle seien merklich angestiegen. Auch wenn die Zahl der infizierten Kinder und Jugendlichen weiter „nicht groß“ sei, nähmen die Verdachtsfälle zu. Zum Glück seien bislang nur leichte Infektionssymptome festgestellt worden, so Kaiser in Einklang mit dem Gesundheitsamt. Die gestiegene Zahl der Verdachtsfälle führt noch nicht zur Überlastung, aber zu einem erheblichen Mehraufwand für die Organisation der strikten Trennung zu „normalen“ Patienten.

An der Luisenschule sind aktuell rund 20 Gymnasiasten in Quarantäne

„Wir tun unser Mögliches“, verspricht Heike Quednau, Schulleiterin der Luisenschule.
„Wir tun unser Mögliches“, verspricht Heike Quednau, Schulleiterin der Luisenschule. © FFS | Martin Möller

An der Luisenschule sind laut Schulleiterin Heike Quednau aktuell rund 20 Gymnasiasten in Quarantäne. Ursächlich seien drei bekannt gewordene Corona-Infektionen gewesen – in der achten, in der neunten und in einer Oberstufe. Weil in Jahrgangsstufe acht Kinder im Wahlpflichtfach Ernährungslehre auch mit Kindern aus Parallelklassen in Kontakt kommen, seien relativ viele Schüler in Quarantäne, so Quednau.

Grundsätzlich schickt die Stadt, anders als in den ersten Monaten der Pandemie, nicht mehr gleich ganze Klassen oder Stufen in Quarantäne, wenn ein Corona-Fall auftaucht. Anhand der vorgeschriebenen Dokumentation der Sitzpläne werden nur noch Schüler in Quarantäne geschickt, deren Sitzplatz in unmittelbarer Nähe zum infizierten Mitschüler ist. Die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt laufe in dieser Hinsicht sehr gut, lobt nicht nur Quednau.

Schüler auf dem Schulhof ohne Mundschutz und Mindestabstand

Die Sorge um den Infektionsschutz ist groß. So bestätigte Quednau einen besorgten anonymen Anruf eines Bürgers am Montag, der Schüler auf dem Schulhof ohne Mundschutz und Mindestabstand gesehen hatte. Die Schulleiterin versteht die Sorge, sagt aber auch: „Wir tun unser Mögliches.“

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Weil die Schüler im Gebäude nichts mehr verspeisen dürfen, seien sie gehalten, dies – unter Beachtung von Mindestabständen – an frischer Luft in den Pausen zu tun. Die Pausenaufsicht achte darauf, aber, so gibt Quednau zu bedenken: „Es sind eben auch noch Kinder, die es auch schon mal vergessen. Ich finde, es läuft ganz gesittet.“ Die Schule nehme Kontakt zu Eltern auf, wenn etwa festgestellt werde, dass ein Schüler ohne Maske kommt.

Weiterhin Hoffnung, dass der Schulbetrieb stabil bleibt

Die Taktdichte schlechter Nachrichten hat auch an der Gesamtschule Saarn zugenommen. Erst am vergangenen Freitag mussten nach einem Corona-Fall in einer sechsten Klasse zehn weitere Schüler in Quarantäne geschickt werden. Am Dienstag gingen Briefe an 24 weitere Eltern heraus. Eine Oberstufenschülerin war positiv getestet worden. Sie war in neun Kursen mit unterschiedlichen anderen Schülern zusammengekommen.

„Die Dynamik ist definitiv da“, sagt Schulleiterin Claudia Büllesbach. Die Hoffnung sei, dass der Schulbetrieb stabil bleibe und sich in zwei Wochen die Schutzmaßnahmen bemerkbar machten.

„Wir halten die Luft an und hoffen, Weihnachten zu erreichen“

Quednau und Büllesbach, auch Andreas Illigen, Leiter der Schildbergschule und Sprecher der Mülheimer Schulleitervereinigung, wollen weiter daran glauben, dass es im Schulbetrieb nicht zum zweiten Lockdown kommt. „Wir halten die Luft an und hoffen, Weihnachten zu erreichen“, sagt Illigen. Die Hoffnung sei, dass es womöglich bald zu einer medizinischen Lösung komme. Eine schulische gebe es ja nicht, gibt Illigen zu bedenken, da Grundschüler weiter ohne Maske und Abstand in den Klassenräumen zusammenkommen. Das Lüften sei da die einzige Schutzmaßnahme.

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Obwohl Illigen an seiner Schule glücklicherweise noch keinen Coronafall zu organisieren hatte, hofft er wie Quednau inständig darauf, dass der Präsenzunterricht aufrechterhalten bleiben kann. „Kein Kollege will ins Frühjahr zurück.“ Gerade Grundschüler seien schwer mit Distanzunterricht zu erreichen. Heike Quednau gibt zu bedenken, dass der gemeinsame Unterricht in der Schule nicht nur fürs Lernen wichtig sei, sondern den Kindern auch eine soziale Struktur gebe und einen Raum, wo sie Freunde treffen.

Stadtelternrat für die Kitas fürchtet erneute Schließungen

Daniela Heimann, die Vorsitzende des Stadtelternrats für die Kitas, setzt auf engen Dialog mit der Stadt.
Daniela Heimann, die Vorsitzende des Stadtelternrats für die Kitas, setzt auf engen Dialog mit der Stadt. © FFS | Michael Dahlke

Zeit mit den liebsten Freunden verbringen? Das wollen auch die jüngsten Kinder. Ihre Situation hat unter anderem Daniela Heimann (41) im Blick. Die Vorsitzende des Stadtelternrates für die Kitas sieht aktuell mit Sorge, „dass auch mehr und mehr Kita-Gruppen in Quarantäne müssen“. Es sei daher gut möglich, dass bald wieder über weitreichende Schließungen nachgedacht werde. Dabei sei man als Gremium doch so froh darüber, dass viele nach dem ersten Lockdown im Frühjahr „etwas dazugelernt haben und dass Bildung endlich Priorität hat“.

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Wichtig sei herauszufinden, ob die Kinder oder doch eher das erwachsene Personal eine Gefahr für die Verbreitung des Virus darstellen – und dann vorbeugende Maßnahmen zu erlassen. Schwierig könne es werde, wenn nicht mehr ausreichend Personal in den Kitas arbeite. Alltagshelfer, die kurzfristig eingesetzt werden können, seien denkbar, doch schwer zu finden. „Man sieht jetzt die Versäumnisse der vergangenen Jahre: Es gibt insgesamt zu wenig Personal.“ Der Stadtelternrat hat Oberbürgermeister Marc Buchholz angeschrieben, hofft auf einen Austausch. In seiner Zeit als Bildungsdezernent habe man ein gutes Verhältnis gepflegt; „unser Dialog war immer offen und transparent“.