Mülheim. Das Mülheimer Kulturzentrum Fünte ist Geschichte. Das Inventar wurde auf einem Flohmarkt verkauft. Sammler sichern sich die begehrtesten Stücke.
Der letzte Vorhang ist gefallen: Am Samstag verabschiedete sich das Kulturzentrum Fünte mit einem Flohmarkt aus den Gemäuern des alten Fachwerkhauses an der B 1 in Heißen. Schon vor dem offiziellen Beginn fanden sich Sammler ein und sicherten sich begehrte Objekte, berichtet Frank Bruns, der Leiter des Kulturzentrums und bis vor kurzem Eigentümer des Hauses.
„Als Erstes gingen die holländische Uhr mit der Herkulesfigur aus dem Schankraum und ein Schild mit der Aufschrift ‚Irrenanstalt‘ über den Tresen“, berichtet er. Zum Verkauf stand das komplette Inventar: von Tischdecken über Gläser und sonstige Küchenutensilien bis hin zu Handpuppen und Büchern. Wer wollte, konnte sich Sperrigeres wie Tische oder Stühle unter den Nagel reißen: „Bis auf den großen Kachelofen kann alles mitgenommen werden – selbst der Fußboden oder die Decke“, schmunzelt Ehefrau Regina Bruns.
Das alte Mülheimer Fachwerkhaus war einst eine Postkutschenstation
Auf einen neuen Besitzer wartete auch der im rechten Flügel des Hauses stehende massive Holzschrank aus dunkler Eiche – eine echte Antiquität: „Den haben meine Ur-Großeltern von der Königin Luise geschenkt bekommen“, erzählt Frank Bruns. Die Monarchin sei damals im Haus zu Gast gewesen, als es noch eine Postkutschenstation war. Unter der Decke in der „Guten Stube“ und im Schankraum hängen zwei Holzleuchter, die bereits den Großeltern gehörten. „Die wurden anfänglich mit Kerzen betrieben, bevor mein Vater, um größeres Unheil zu vermeiden, sie lieber elektrifizierte“, so Frank Bruns.
Altes Haus und neue Pläne
Die Fünte ist seit dem 15. Jahrhundert im Besitz der Familie Bruns gewesen. In seiner langen Geschichte diente das denkmalgeschützte Gebäude u. a. als Bergmannskneipe und Edel-Restaurant.
Der jetzige Eigentümer Oliver Sattar wird das Fachwerkhaus an der Gracht kernsanieren und später das Erdgeschoss für sein Architekturbüro nutzen. Das Obergeschoss wird zu Wohnraum für die Mitarbeiter umgestaltet.
Überhaupt kommt der Ex-Inhaber aus dem Geschichtenerzählen gar nicht mehr heraus. Zu jedem Stück fällt ihm etwas ein, und man könnte ihm stundenlang zuhören. Das ist kein Wunder, schließlich ist er nebenbei Autor von Liebes- und Abenteuerromanen, die er unter Pseudonymen wie Erec von Astolat oder Amanda McGrey veröffentlicht.
Die alten Möbel und Leuchter haben eine interessante Geschichte
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Die Fünte war nicht nur ein Ort für Ausstellungen, Lesungen und Theateraufführungen. In der oberen Etage hatten Künstler ihre Ateliers. Einer von ihnen war Ludger Etteldorf, dessen kubistisch inspirierten Bilder ebenfalls auf dem Fünte-Flohmarkt erworben werden konnten. Auf einem ist – etwas abstrakt und bei gutem Willen erkennbar – der englische Popmusiker George Michael porträtiert. „Das hat mein Mann mir zuliebe angefertigt, weil ich ein großer Fan von ihm bin“, sagt die Ehefrau des Künstlers, Leane Etteldorf.
Sie ist ganz traurig, dass es nun vorbei ist mit dem Kulturhaus: „So etwas ist schwer wieder zu finden. Hier herrschte immer eine sehr familiäre Atmosphäre.“ Dem kann Karin Müller-Fischbach nur zustimmen. Sie ist die Leiterin des im Hause gegründeten Theaterensembles „Theatro La Fuente“. „Ich werde die Räumlichkeiten, in denen wir so lange geprobt und gespielt haben, vermissen.“ Man habe zwar auf der Margarethenhöhe in Essen vorerst ein neues Domizil gefunden. „Doch vielleicht können wir ja nach der Sanierung im Garten des Hauses wieder Aufführungen geben.“