Mülheim. Die Mülheimer Bürgerinitiative zum Erhalt der VHS in der Müga zweifelt die Sicherheit an der Aktienstraße an. Die Stadt widerspricht vehement.

Während sich am kommenden Sonntag entscheidet, ob Monika Griefahn (SPD) oder Marc Buchholz (CDU) das neue Stadtoberhaupt wird, hat die Bürgerinitiative zum Erhalt der VHS in der Müga einen neuen Vorstoß gemacht. Im Zuge ihrer andauernden Forderung, den Bürgerentscheid von vor einem Jahr umzusetzen, wiederholt sie ihre Kritik zum Ersatz-Standort an der Aktienstraße. Sie zweifelt die Sicherheit und den Brandschutz des Gebäudes an. Die Stadt widerspricht vehement.

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Es ist nicht neu, dass die Bürgerinitiative den eigentlichen Interimsstandort an der Aktienstraße ablehnt: zu eng, zu wenige Parkplätze, zu laut – so lauten einige der Kritikpunkte. In zwei offenen Briefen, einer an Baudezernenten Peter Vermeulen, der andere an Feuerwehrchef Sven Werner, konkretisiert sie noch einmal ihre Vorwürfe und beanstandet vor allem den Brandschutz und die Sicherheit im Notfall. Unterzeichnet sind die beiden Briefe von den Sprechern der Initiative Inge Ketzer, Erich Bocklenberg und Kirsten Grunau.

VHS an der Aktienstraße: „Völlig ungeeignet für ansprechende Erwachsenenbildung“

Ihre Stoßrichtung ist klar: Die Bürgerinitiative „betrachtet das VHS-Gebäude an der Aktienstraße trotz aller Schönrederei als völlig ungeeignet für eine zeitgemäße und ansprechende Erwachsenenbildungsarbeit“. Sie sehe „gravierende Sicherheitsmängel und Gefahren“. Die Halbierung der Anzahl der Kurse und die „alarmierend rückläufigen“ Anmeldezahlen seit dem Umzug an die Aktienstraße sprächen für sich.

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Auf rund fünf Seiten listen die BI-Sprecher schließlich die von ihnen beobachteten Mängel auf. Sie schreiben von einer „bedrückenden Enge“, die im gesamten Gebäude herrsche und „Unwohlsein und Angst verursachen kann“. Insbesondere gehen sie auf das „Neue Forum“ am östlichen Ende des Erweiterungstraktes ein, ein Veranstaltungsraum für knapp 200 Menschen, der kurz vor der Fertigstellung steht und mit dem sich die Gefahren vervielfachen würden.

Mülheimer Baudezernent: BI habe keine brandschutztechnische Expertise

Die Stadt hat da allerdings eine klar andere Meinung, wie Peter Vermeulen in einem Antwortschreiben deutlich macht. Zunächst weist er darauf hin, dass „die erteilten Baugenehmigungen sowohl für die ersten Nutzungsaufnahmen als auch für die Erweiterung auf Basis von Brandschutzkonzepten einer staatlich anerkannten Sachverständigen für die Prüfung des Brandschutzes sowie unter Beteiligung der Berufsfeuerwehr der Stadt Mülheim abgearbeitet wurden“. Die Darstellung der BI-Sprecher basiere „auf persönlichen Eindrücken ohne brandschutztechnische Expertise“.

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Es sind vor allem die zu knapp bemessenen Breiten der Flure und Treppenhäuser, die die Sprecher der Bürgerinitiative kritisieren. So sei der 110 Meter lange Flur im Erweiterungstrakt, über den man zu acht Kursräumen gelangt, lediglich 1,22 Meter breit. Ein Blick hinein sei „schockierend und beklemmend“. Auch an anderen Stellen beanstandet die Initiative die schmalen Gänge. Peter Vermeulen verweist auf die Handlungsempfehlung der Bauordnung NRW, wonach „die Breite eines notwendigen Flures die Breite von notwendigen Treppen nicht unterschreiten soll, so im Regelfall von einer Breite von mindestens einem Meter auszugehen ist“.

Kritik an Fluchtwegen, Treppen und Sammelpunkt

Verschärfung der Situation durch Corona

In ihren offenen Briefen geht die VHS-Initiative auch auf die Verschärfung der Situation durch die Corona-Krise ein. Abstände seien in den engen Gängen der Aktienstraße schwierig einzuhalten und die Belüftung der Räume durch die „starke Lärmbelästigung“ kaum möglich.

Peter Vermeulen schreibt dazu lediglich, dass „die Nicht-Einhaltung von Corona-Regeln keinen Einfluss auf vorherige Baugenehmigungsentscheidungen haben konnte“.

Auch die Kritik an Fluchtwegen, die für Rollstuhlfahrer nicht zu überwinden seien, sowie an dem ausgewiesenen Sammelpunkt auf dem gut zwei Meter breiten Bürgersteig an der Ecke Aktienstraße/Sandstraße weist Vermeulen zurück. Gehbehinderte und ältere Menschen seien in Schadensfällen zwingend auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen; „dies ist aber kein Problem des Gebäudes der VHS an der Aktienstraße, sondern in jedem öffentlich zugänglichen Gebäude Mülheims bzw. in NRW der gleiche Fall“.

Deutlich macht der Baudezernent auch, dass bei Bestandsgebäuden nicht vorgesehen sei, den Status eines Neubaus zu erreichen, da sonst alte Gebäude grundsätzlich nicht mehr nutzbar seien. Die notwendigen Regelungen zur Barrierefreiheit seien unter Beteiligung der städtischen Behindertenkoordinatorin“ erfolgt.

Zufriedenstellen wird die Bürgerinitiative die umfangreiche Antwort der Stadt vermutlich nicht. Klar geht es ihr aber vor allem um die Umsetzung des Bürgerentscheids, darum, die VHS an der Bergstraße wieder für Bürger öffnen zu können. Denn seit dem Entscheid vor einem Jahr ist nichts passiert – ein neuer Oberbürgermeister könnte nach der Wahl neue Akzente setzen.