Mülheim. Anwohner der Oberhausener Straße in Styrum klagen über Mief, der aus der Kanalisation in ihre Häuser dringt. Schuld sei eine Entsorgungsfirma.

Die Oberhausener Straße führt als Hauptverkehrsader mitten durch Styrum. Niemand erwartet, dass es an so einer Strecke besonders frisch duftet, doch mit einem Gestank, wie er hier zeitweise aus der Kanalisation kommt, rechnet man auch nicht. Anwohner Philipp Woitzik lässt die Fenster möglichst geschlossen, er hat im Waschbecken die Abflüsse zugeklebt. Ihm reicht’s. „Das ist kein Zustand.“

Das Geruchsproblem, berichtet Woitzik, bestehe schon seit Jahren, „aber im Sommer ist es ganz penetrant, und es wird immer schlimmer“. Wenn man am Straßenrand steht, zwischen den Einmündungen der Marien- und Siegfriedstraße, nimmt man die Dünste aus den Gullys tatsächlich deutlich wahr. Zumindest an manchen Tagen. Es riecht süßlich-faulig. Nach Toilette? Nach altem Öl?

Abflüsse in Bad und Küche zugeklebt – Frischluftspray gegen den Mief

Philipp Woitzik lebt hier im Drei-Generationen-Haus mit seiner Mutter und seiner Oma. So wie er es schildert, macht sich der Mief auch in den Wohnungen breit, wenn man ihn nicht aussperrt. „Wie in einer Kloake“, so der junge Mann.

Das Handwaschbecken im Bad hat er mit blauem Panzertape präpariert, ebenso das Spülbecken in der kleinen Küche. Er verbraucht flaschenweise Frischluftspray, und dass auch Gästen das schlechte Raumklima auffällt, findet er nicht lustig. Kartons mit Geschirr aus dem Keller habe er entsorgen müssen. Lüften der Zimmer zieht unangenehme Nebenwirkungen nach sich.

Die Abflüsse in seinem Badezimmer hat Philipp Woitzik zugeklebt, gegen den unangenehmen Geruch.
Die Abflüsse in seinem Badezimmer hat Philipp Woitzik zugeklebt, gegen den unangenehmen Geruch. © Annette Lehmann

Hausbesitzer: „Mieter zieht wegen des Gestanks aus“

Philipp Woitzik ist nicht der einzige, den Gestank an der Oberhausener Straße nervt. Das Nachbarhaus gehört Björn Willemsen und seiner Familie. Für sie hat sich der Geruch zum Dauerärgernis entwickelt. „Unser Mieter“, so Willemsen“, „zieht jetzt aus diesem Grund aus“.

Für ihn selber ist die Ursache offenkundig: „Weiß doch jeder, woher es kommt. Von der Altölentsorgung.“ In unmittelbarer Nähe sitzt nämlich das Unternehmen Remondis Industrie Service – es hat vor drei Jahren die ehemalige Anlage von Tribotechnik übernommen, in der Öl-Wasser-Gemisch aufbereitet wird. Björn Willemsen berichtet, er habe auf dem Areal früher als Dachdecker gearbeitet: „Dort riecht es genauso.“

Geruchsfänger-Matten in den Gullys werden regelmäßig ausgetauscht

In den Gullys auf der Oberhausener Straße hängen Matten als Geruchsfänger. Diese werden regelmäßig ausgetauscht durch die Mülheimer Stadtentwässerung Sem GmbH, im Auftrag von Remondis. Für das Geruchsproblem sei man nicht verantwortlich, erklärt Hendrik Dönnebrink, Geschäftsführer der städtischen Beteiligungsholding, „das ist keine öffentliche Angelegenheit“. Er verweist an das Entsorgungsunternehmen, verspricht aber zugleich: „Wir werden den Vorgang aufgreifen und dort stärker nachforschen.“

Rat: An das Umweltamt wenden

Beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), das in Recklinghausen sitzt, ist dieser konkrete Mülheimer Fall noch nicht bekannt.

Eine Sprecherin der Behörde rät, Beschwerden immer zuerst an das städtische Umweltamt zu richten. „Die Stadt kann uns dann hinzuziehen, um Proben zu nehmen und Messungen zu machen.“

Der direkte Draht führt zu Karl-Heinz-Fassbender, Niederlassungsleiter des Remondis Industrie Service in Mülheim. Er ist in diesen Tagen extra noch einmal zur Oberhausener Straße gefahren, direkt an die beschriebene Stelle: „Ich habe aber nichts wahrgenommen.“

Remondis spricht von einem „Verdacht“ und sieht keinen Handlungsbedarf

Bei Remondis sind die Beschwerden schon länger bekannt, das bestätigt eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage. „Daher kontrollieren wir auch regelmäßig.“ Jedes Mal würden Geruchsproben vorgenommen, doch bislang habe sich in keinem Fall bestätigt, „dass eine Geruchsbelästigung durch unseren Betrieb angenommen werden kann“, so die Sprecherin. „Daher besteht unsererseits kein Handlungsbedarf.“

Erst am vergangenen Wochenende habe es wieder Beschwerden gegeben: „Zu dieser Zeit war unsere Anlage außer Betrieb.“ Für Remondis ein weiterer Hinweis, dass es keinen Zusammenhang gibt. „Dass der Geruch aus dem Abwasser unseres Betriebs stammt, kann nur als Verdacht bewertet werden.“ Es sei im Übrigen auch leicht, so etwas auf ein Entsorgungsunternehmen zu schieben.

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Ist es denkbar, dass Remondis-Mitarbeiter immer genau dann die Oberhausener Straße aufsuchen, wenn die Luft rein ist? Auch Anwohner räumen ein, dass man zeitweise kaum etwas riecht. Bis die nächste Geruchswelle folgt… Bei Björn Willemsen kippt der Frust allmählich in Richtung Resignation: „Ist ja Styrum“, meint er, „da macht keiner was. Das muss man wirklich mal so sagen.“