Mülheim. SUV und Allrad-Wagen machen bis zu 11,2 Prozent im Stadtverkehr aus. Damit führt Mülheim im Ruhrgebiet – und liegt auf Platz vier in Deutschland.

Es wird immer enger auf Mülheims Verkehrsadern, und das hat mitunter einen Grund mit vier Rädern und drei Buchstaben: SUV. Mit einem Anteil von 11,1 Prozent lag Mülheim 2019 deutschlandweit auf Platz 4 der SUV-Hochburgen, kurz hinter Düsseldorf und München. Laut Angaben der Versicherer haben die „kleinen Verkehrspanzer“ in keiner anderen Ruhrgebietsstadt einen höheren Anteil am Pkw-Verkehr.

In diesem Jahr haben die Allradfahrzeuge – darunter hat das Kraftfahrt-Bundesamt zum Teil auch die „Supervehikel“ gepackt – in der Stadt erneut gut zugelegt. 94.467 Pkw sind in der Stadt insgesamt zugelassen, im Vergleich zu 2019 ein Plus von 1.462. Die Allräder haben dabei anteilsmäßig besonders um gut 800 auf 9.668 Fahrzeuge aufgesattelt. Sie machen also mehr als die Hälfte der Neuzulassungen aus.

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Autostadt Mülheim: Allrad-Antriebe sind auf dem Vormarsch

Dass das beschaulich grüne Mülheim eine noch immer wachsende Autostadt ist, zeigt sich auch an der Pkw-Dichte: Kamen 2019 noch 543 Autos auf 1000 Einwohner, sind es nunmehr 553. Auch hier lohnt der Vergleich mit den Nachbarn: In Oberhausen beträgt die Pkw-Dichte aktuell 530, in Duisburg sogar nur 467 pro 1000 Einwohner. Auf dem Vormarsch sind die Sport-Utility-Vehikel und Allrad-Fahrzeuge allerdings nicht nur hier sondern bundesweit.

Macht denn der Zustand der Mülheimer Straßen den Allradantrieb zur Pflicht? Roland Jansen, Abteilungsleiter für den Verkehr, kann sich bei der Frage ein Lächeln zwar nicht verkneifen, sieht aber weder die Notwendigkeit auf Geländefahrzeuge umzusteigen, noch Allrad und SUV den Weg besonders zu bereiten: „SUV haben keine andere Fahrdynamik als ,normale’ PKW. Wir werden als Verkehrsplaner dem Trend nicht folgen, sondern den Verkehr in der Stadt mit angemessenen Wegen leiten.“

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Spuren werden inzwischen breiter geplant, weil Autos größer geworden sind

Breiter jedoch werden die Straßen inzwischen ohnehin geplant. Wenn vor gut 15 Jahren noch mit 1,8 Meter Spurbreite gerechnet wurde, gelten heute zwei bis 2,20 Meter als Norm. „Das hat aber nichts mit SUV zu tun, sondern damit, dass Pkw generell größer geworden sind“, verweist Jansen auf einen grundsätzlichen Trend, sich auf der Straße breit zu machen. Sorgen um die wachsende Zahl der so genannten Straßenpanzer mache er sich erst, wenn diese noch zehn Prozent mehr hätten.

Doch größere Autos benötigen auch mehr Parkfläche, wenn sie Stopp in der Innenstadt machen sollen.

Mülheim auch bei den Cabrios vorne dabei

Laut Kraftfahrt-Bundesamt entfiel 2019 mit 21,1 Prozent der größte Anteil der Neuzulassungen bundesweit erstmalig auf die SUV-Modelle, deren Anzahl auf 762.490 Pkw (+21,0 Prozent zum Vorjahr) stieg. Im bundesweiten Bestand machen sie bereits einen Anteil von 19,8 Prozent aus.

Zunahmen im zweistelligen Bereich konnten auch bei den Zulassungen in den Segmenten Geländewagen (+20,3 Prozent), Wohnmobile (+15,1 Prozent) und Utilities (+10,1 Prozent) beobachtet werden.

Übrigens schneidet Mülheim auch bei der Zahl der Cabrios „spitze“ ab. Mit 6541 Exemplaren reicht es für den fünften Platz unter 400 verglichenen Kommunen.

An die Parkflächen will die Stadt noch nicht rangehen, wer SUV fahre, müsse daher mit dem vorhandenen Platz auskommen, meint der Verkehrsamtsleiter. Manche Parkhäuser hingegen erwägen jedoch Umbauten, weil ihre Maße zum Einparken knapp geworden sind.

Deutsche Umwelthilfe warnt vor Gefahr für Kinder durch SUV

Wie umweltbelastend für eine Stadt ist der Trend zum SUV, der nicht nur in Sachen Platz sondern auch Verbrauch, CO2, Feinstaub und Mikroplastik als „Klimakiller“ in der Kritik steht? „Unsere Städte, gerade Großstädte wie Mülheim, ersticken ohnehin schon im Verkehr. Sie sind zu voll, zu verstopft, zu dreckig. Wenn nun auch noch immer mehr Monster-SUV und Geländewagen dazukommen, wird es schlimmer“, gibt Barbara Metz, stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, zu bedenken.

Denn diese Fahrzeuge verbrauchten mehr Kraftstoff als vergleichbare Pkw, seien damit auch klimaschädlicher. Gefahr sieht Metz besonders für Kinder im Straßenverkehr, „denn sie werden vor manchem dieser Kühlergrills nicht gesehen“.

Umwelthilfe: „Großstädte wie Mülheim müssen etwas für die Verkehrswende tun“

Mülheim ist zwar nicht unter den 40 Städten in Deutschland, die die Umwelthilfe verklagt hat, denn die Werte liegen hier nur knapp über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Zum Jahresbeginn hatte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) gerade einmal 37 Mg an der Mülheimer Station an der Aktienstraße gemessen. Durch die Corona-Pandemie sind diese Werte zwar noch einmal auf 29,8 im Mai gesunken. Doch ab Juni könne man schon wieder sehen, dass die Werte steigen, teilt ein Sprecher der Umwelthilfe mit. In Zukunft, vermutet die Umwelthilfe, dass die Grenzwerte für Stickoxide und Co EU-weit deutlich gesenkt werden.

Alle Städte müssen zukünftig etwas tun, appelliert die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin Metz: „Gerade Mülheim mit einem so hohen SUV-Anteil müsste den Rad- und Fußverkehr massiv fördern, Straßen und Parkplätze in qualitativ hochwertige Aufenthaltsbereiche verwandeln, Bus und Bahn ausbauen und mit einem 365-Euro-Ticket finanziell unschlagbar machen. Das sind Schritte zu einer Verkehrswende, die wir brauchen. Und das würde automatisch die großen, schweren SUV zurückdrängen und die Probleme, die sie verursachen.“