Mülheim. Die frühere Dezentrale an der Leineweberstraße in Mülheim wird nun auch zentrale Anlaufstelle für Kultur. Ab sofort heißt sie: Vier.Zentrale.

Wer möchte nicht gerne mal Mäuschen spielen und durch anderer Leuts Schlüsselloch lünkern? Genau dazu hatten die Akteure und Kulturschaffenden der neuen Vier.Zentrale eingeladen. Durch große Schlüssellöcher konnten Interessierte schauen, wer und was sich hinter der Vier.Zentrale an der Leineweberstraße verbirgt.

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Sie haben Einblick in die Themenbereiche bekommen, die zukünftig im neuen Projektraum in der ehemaligen Dezentrale angeboten und zusammenwirken werden. Ein Raum für das Zusammenspiel von Theater, Stadt und Gesellschaft. Ein Raum, in dem Schnittmengen zwischen den Bereichen entdeckt werden können, die vorher vielleicht gar nicht so bewusst wahrgenommen wurden.

Besucher und Passanten machen kleine Spaziergänge mit Kulturschaffenden

Über ein großes, analoges und interaktives Smartphone wurden die Beteiligten des Projektes vorgestellt. Besucher und zufällig vorbeikommende Passanten konnten unter dem Motto „Find your match“ über eine Art „Kultur-Tinder“ mit Akteuren der neuen Allianz zwischen Kulturschaffenden, dem Bildungsnetzwerk Innenstadt und der Silent University ins Gespräch kommen.

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Im Rahmen von kleinen Spaziergängen mit der ausgewählten Person erzählten Mülheimer Bürger, was für Angebote sie vermissen, was sie interessiert, oder plauderten bei einem lockeren Gespräch über bestehende Angebote in Mülheim. So stellte etwa Niklas Tijé-Dra die Arbeit und das Angebot des Vereins „Afro-Mülheimer“ vor, Justin Fonkeu von der Silent University traf Oliver Filz zu einem gemeinsamen Spaziergang, bei dem sich eine mögliche Zusammenarbeit im Rahmen der interkulturellen Angebote ergab. Ringlokschuppen-Chef Matthias Frense kam unter anderem mit einem jungen Mann, der aus Indien stammt und seit einigen Jahren in Mülheim lebt, ins Gespräch und erfuhr, dass der kulturinteressierte Zugezogene zwar schon häufiger am Ringlokschuppen war, jedoch bisher noch nie ein Theaterstück oder eine andere Veranstaltung im Gebäude besucht hat.

Neues Zentrum im Herzen Mülheims soll Menschen anziehen

„Viele Menschen finden den Weg in Kunst- und Kultureinrichtungen nicht, weil sie glauben, dass ein bestimmtes Vorwissen von ihnen erwartet wird“, sagt Frense. Er möchte mit dem großen Mythos aufräumen, Kunst und Kultur seien etwas Elitäres, das nur einem bestimmten Kreis der Gesellschaft vorbehalten sei. „Die Räumlichkeit hier an der Leineweberstraße zieht Menschen einfach mehr an.“ Das sei das Ziel der neuen Vier.Zentrale im Herzen Mülheims.

„Wir versuchen zufällige und unerwartete Begegnungen zu schaffen, Menschen zu erreichen, die wir ohne die zentrale Anlaufstelle hier in der Innenstadt wahrscheinlich nicht erreichen würden“, sagt Projektkoordinatorin Anna Bründl. „Hier bekommen sie nicht nur die Möglichkeit, Kultur zu erleben, sondern auch mitzugestalten.“

Brücken bauen - gerade in Zeiten wachsender Distanz

Das Angebot der Vier.Zentrale soll unterschiedliche Menschen zusammenbringen in einer Zeit, in der Abstand zu einer immer größer werdenden Distanz innerhalb der Gesellschaft führt. Brücken bauen, statt diese immer weiter einstürzen zu lassen. Das Angebot ist so bunt und unterschiedlich wie die Partner der neuen Mülheimer Theaterallianz, bestehend aus dem Theater an der Ruhr, den Mülheimer Theatertagen „Stücke“ und dem Ringlokschuppen, die sich mit dem Bildungsnetzwerk Innenstadt und der Silent University verbündet haben.

Infos und Öffnungszeiten

Die Vier.Zentrale ist dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. An Samstagen von 10 bis 14 Uhr.

Zu den Öffnungszeiten ist immer ein Mitarbeiter vor Ort, der über das Angebot informiert, neue Ideen von Bürgern entgegennimmt oder einfach nur einen Kaffee anbietet.

Neben dem neuen Programm bleiben die etablierten Treffs der ehemaligen Dezentrale erhalten. Infos auch online auf vier.ruhr, auf Facebook oder Instagram.

Schon an heutigen Sonntagabend, 6. September, um 20 Uhr startet das gemeinsame Projekt mit einem außergewöhnlichen Theaterstück: Mit „Die schmutzigen Hände“ nach Jean-Paul Sartre bieten die Kulturschaffenden einen konspirativen Audiospaziergang um die gläserne Vier.Zentrale. Obwohl das Publikum draußen bleiben muss, kommt es – mit Kopfhörern ausgestattet – dem Geschehen im Inneren außergewöhnlich nah. Das zeige, so Bründl, dass die außergewöhnliche Zeit, in der wir uns wegen der Corona-Pandemie befänden, auch Chancen bietet, Kultur und Kunst auf ganz neuen Wegen zu erfahren.