Mülheim. Nach der AfD-Kundgebung mit Gegenprotest auf Mülheims Rathausmarkt sollen Unbekannte eine Flasche auf eine AfD-Sympathisantin geworfen haben.

„Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten.“ – mit markigen Worten hat die Mülheimer AfD am Samstagmittag vor gut 60 Gästen die Endrunde im Kommunalwahlkampf eingeläutet. Im Fokus der Redner auf dem Rathausmarkt: vor allem die SPD.

Etwa 120 Gegendemonstranten hatten sich zudem links des Rathausmarktes lautstark versammelt, unter ihnen die SPD, Grüne, Linke, die Partei und weitere Bündnisse gegen Rechts. Der AfD-Gegendemonstration vorausgegangen war allerdings ein für manche Beobachter überraschender Einsatz der Polizei auf dem Kurt-Schumacher-Platz.

Polizei prüft präventiv Personalien am Kurt-Schumacher-Platz


Nach Angaben von SPD, Die Partei und der Aktionsgruppe „Deutschland für Alle“ hatte die Polizei auf dem Kurt-Schumacher-Platz eine Ausweiskontrolle an den Ständen durchgeführt mit der Begründung der „Gefahrenabwehr und Sicherheitsprävention“ im Zusammenhang mit der AfD-Kundgebung. Nadia Khalaf, stellvertretende Parteivorsitzende der SPD, verweigerte die Angaben und kritisiert diese Maßnahme: „Die Stände auf dem Forums-Platz hatten keinen Zusammenhang mit der Kundgebung auf dem Rathausmarkt, sondern sind für den Kommunalwahlkampf angemeldet. Die Polizei konnte nicht einmal wissen, ob jemand von dort zur Demo geht.“

120 Gegendemonstranten meldeten sich lautstark vor einer Kundgebung der AfD auf dem Rathausmarkt in Mülheim.
120 Gegendemonstranten meldeten sich lautstark vor einer Kundgebung der AfD auf dem Rathausmarkt in Mülheim. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND


Andere Betroffene berichten davon, angeblich sogar von der Polizei „gewarnt“ worden zu sein, man nähme sie in Gewahrsam, wenn man sie auf der Gegendemo bei Ausschreitungen sähe. „Wir wurden von Anfang an als Störer angesehen“, fühlt sich ein Betroffener grundlos verdächtigt. Polizeisprecher Thomas Weise bestätigt die Kontrollen zum Teil, allerdings sollen dort nur drei Personen mit Clownsmasken und solche aus dem direkten Umfeld überprüft worden sein, die sich am Stand der Partei „Die Partei“ aufhielten. Daher seien alle Personen am Stand überprüft worden.

Grund für die Aufnahme der Personalien seien Störungen eines politischen Stands der AfD durch Personen in Clownsmasken am Samstag zuvor gewesen. Man habe daher die Kostümierten gemahnt, Störungen zu unterlassen. An den weiteren politischen Ständen, so die Angabe der Beamten, sollen keine Personalien überprüft worden seien.

Gegendemonstranten melden sich lautstark


Zu Ausschreitungen kam es indes am Rathausmarkt nicht. Wobei sich die geschätzt 120 Gegendemonstranten durchaus lautstark meldeten, so dass die deutlich kleinere Gruppe der Kundgebung teilweise kaum zu verstehen war. Umso schärfer gingen die Redner mit der Mülheimer Politik ins Gericht.

„Unsere Stadt, niedergedrückt durch einen wachsenden Schuldenberg – über zwei Milliarden Euro Schulden – die Stadtpolitik durch Parteiegoismen gelähmt. Unfähig, in den zerstrittenen Haufen so etwas wie Ordnung wieder herzustellen“, machte AfD-OB-Kandidat Alexander von Wrese einen „jahrzehntelangen rotschwarzen Filz, Kungelei und Postengeschacher“ für einen „politischen Abwärtstrend unserer Stadt“ verantwortlich.

AfD greift Sozialdemokraten als „Arbeiterverräterpartei“ an

Guido Reil und Alexander von Wrese vor einer Kundgebung der AfD auf dem Rathausmarkt.
Guido Reil und Alexander von Wrese vor einer Kundgebung der AfD auf dem Rathausmarkt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND


In dieses „Räderwerk der Intrigen und geheimen Absprachen“ wolle die AfD „rücksichtslos“ eingreifen. Die „Arbeiterverräterpartei übt sich ja seit neustem in Satire“, zitierte von Wrese dann aus dem Wahlkampfslogan der SPD: „Können. Wollen. Machen. Mehr Satire und Ironie können in einem Wahlkampfslogan nicht stecken. Die Genossen haben in ihrer 63-jährigen Misswirtschaft gezeigt, dass sie es nicht können.“

AfD-Mitglied und stellvertretender Bundesvorsitzende der „Jungen Alternative“, Dominic Fiedler, schoss sich anschließend näher auf die Genossen ein: Monika Griefahn widerspräche „sogar teilweise diametral den eigenen Grundsätzen der Mülheimer SPD“. Als Beispiele nannte Fiedler die Haltung der SPD zur Straßenbahn nach Saarn, zur VHS und zur Stadtwache in Styrum. „Die SPD befürwortet eine Straßenbahn nach Saarn, Frau Griefahn will auf Elektrobusse setzen.“ Und stichelte sarkastisch: „Bei so viel Durcheinander in der SPD, da kann ich es gut verstehen, wenn man sich als Genosse nur noch die eigene Politik mit Wein schöntrinken kann.“

AfD-Mann Fiedler wechselt die Tonlage

Am Ende seiner Rede bediente sich der AfD-Mann allerdings auch anderer Tonlagen: Die AfD wolle „den Finger in die Wunde legen. Wir werden den langjährigen Filz in dieser Stadt ausmerzen. Wir werden mit eisernem Besen kehren. So wie wir den Altparteien den Pokal des Drachenbootrennens abgerungen haben, so werden wir ihnen hier auch das Mülheimer Rathaus abringen.“

Laut Polizei war die Veranstaltung und ihr Einsatz gegen 15.30 Uhr beendet. Wie die Behörde am Sonntag bestätigte, liegt ihr im Zusammenhang mit der Kundgebung eine Strafanzeige vor. Der stellvertretende AfD-Kreisvorsitzende Dominic Fiedler soll mit einer Frau noch um 17 Uhr am Rande des Marktes unterwegs gewesen sein.

Nachdem die Beiden sich verabschiedet hätten, soll laut Anzeige eine mindestens fünfköpfige Gruppe die Frau massiv beleidigt haben. Auf die Frau soll eine Flasche geworfen worden sein, die sie nur knapp verfehlt haben soll. Hinzugezogene Beamte hätten eine zerborstene Flasche vor Ort gefunden, hieß es am Sonntag seitens der Polizei. Der Staatsschutz ermittelt gegen Unbekannt. (mit sto)