Mülheim. Kurz vor der Kommunalwahl steht die SPD im Fokus starker Bürgerinitiativen. Natürlich Selbeck und andere kritisieren Haltung zu Gewerbeflächen.

Wenige Wochen vor der Kommunalwahl droht der SPD ein kräftiger Gegenwind von inzwischen mächtigen Bürgerinitiativen. Von Selbeck bis Fulerumer Feld könnten den Genossen wenigstens 23.000 Wählerstimmen entgehen – nimmt man die 50,35 Prozent Wahlbeteiligung von 2014 zur Grundlage, stellen die BI bereits ein gutes Drittel der 67.350 Wähler.

Grund für den Unmut der BI ist immer noch die Haltung der SPD zum Gewerbeflächenkonzept insbesondere der Flächen im Landschaftschutzgebiet Selbeck, Blücher- und Oberheidstraße sowie am Flughafen. Der von gut 7000 Unterschriften beflügelte Bürgerinitiative „Natürlich Selbeck“ sind die Äußerungen der Genossen zu einem möglichen Gewerbegebiet auf den Saarn-Selbecker-Hochflächen kräftig aufgestoßen.

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Bürgerinitiative Natürlich Selbeck hält Bewertung der SPD für grob fehlerhaft

„Wir waren fassungslos“, bringt es der BI-Mann und betroffene Anwohner Detlef Schrey auf den Punkt. In einem Antwortschreiben auf einen offenen Brief der BI „Natürlich Selbeck“ an Mülheimer Parteien und OB-Anwärter bewerten SPD und ihre OB-Kandidatin Monika Griefahn die „Selbecker Fläche als Zukunftsfläche“. Offenbar sei die SPD nie vor Ort gewesen, hält die Initiative ihr vor.

Denn die Bewertung sei „in vielerlei Hinsicht grob fehlerhaft“. Aus ihrer Sicht würden weder die klimatechnische Bedeutung der 70 Hektar großen Fläche noch die schützenswerte Fauna und Flora berücksichtigt. Eingetragene Biotope und Kleingewässer, wie sie der BUND in einer Bewertung zum Regionalplan schon 2019 aufgeführt habe, seien ignoriert worden. „Auch die Erschließbarkeit über die Kölner Straße, die bereits heute zu Stoßzeiten am Berufsverkehr erstickt, sind völlig ausgeblendet worden“, erläutert ein BI-Sprecher in einer Erklärung an die Presse.

Bürgerinitiativen gegen Bebauung von Grünflächen solidarisieren sich

Bei der verbalen Kritik wird es nicht bleiben, und immer deutlicher wird auch, dass sich die Bürgerinitiativen Fulerumer Feld und „Hände weg vom Auberg“ mit Selbeck solidarisieren – selbst wenn die SPD deren Flächen bereits für ein Gewerbe ausgeschlossen hat, und nur noch Selbeck, Flughafen-Nord und -Süd, Oberheidstraße und Blücherstraße als „Zukunftsflächen“ zur Debatte stehen.

Denn gemeinsam haben die drei BI bereits einen Bürgerantrag zur korrekten Aufstellung einer Matrix gestellt. „Die Initiativen gehen davon aus, dass ein Umdenken alle antreibt, die vier Flächen Fulerumer Feld, Winkhauser Tal, Auberg und Selbeck grundsätzlich aus der Planung zu nehmen“, heißt es in einer Presseerklärung.

Wirtschaftsausschuss tagt heute dazu

Auch beim Nachbarn Ratingen regt sich Unmut, denn die Verkehrsanbindung und Entwässerung der Flächen könnte zu seinen Lasten erfolgen. Die CDU und Grünen Ratingen sollen sich bereits gegen eine Gewerbenutzung der Saarn-Selbecker-Hochflächen ausgesprochen haben.

Anstatt Landschaft zu opfern, müsse der Nutzung von Industriebrachen in der Region der Vorzug gegeben werden, appelliert BI-Sprecher Herbert Laschke.

Eine Positionierung aller Parteien erwarten die Bürgerinitiativen im Ausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Mobilität am heutigen Montag, 31. August. Dort soll die Politik entscheiden, welche potenziellen Gewerbeflächen auf ihre gewerbliche Entwicklung geprüft werden.

Flankiert wird dies aus Heißen: „Durch den Antrag von Grünen, CDU, FDP, MBI sowie WIR AUS MÜLHEIM, die vier Flächen zu schützen, besteht jetzt die Chance, klare Verhältnisse für alle Wähler zu schaffen“, betont Florian Scheffler, Sprecher der BI Fulerumer Feld. „Wir erwarten, dass sich für diesen Antrag eine Mehrheit findet. Die Mülheimer Bürger haben durch die Unterstützung der verschiedenen Bürgerinitiativen ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass sie mit einer Gewerbebebauung auf diesen Flächen definitiv nicht einverstanden sind.“

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Hat sich die SPD politisch isoliert?

Damit scheinen die Genossen mit ihrer Haltung bereits politisch isoliert zu sein. Und eine klare Auswirkung habe die angekündigte Festlegung der SPD bereits – berichtet die BI Natürlich Selbeck: „Die Zahl der betroffenen Bürger, die ihre Flächen nicht zu verkaufen bereit sind und die notfalls rechtliche Schritte gehen wollen, ist in den letzten Tagen weiter gestiegen. Der von der Bürgerinitiative beauftragte renommierte Rechtsanwalt Prof. Remo Klinger hat der Stadt außerdem jetzt die Rechtsposition der BI noch einmal verdeutlicht.“