Mülheim. 240 Bußgelder verhängte das Ordnungsamt zwischen März und Mai. Einer Mülheimer Mobildiskothek verbot es nach anonymem Hinweis die Jubiläumsfeier.
Gut 4000 Mal hat das Ordnungsamt das Einhalten von Corona-Maßnahmen allein zwischen März und Mai kontrolliert, darunter 1000 Gastronomien. Die Zahlen der Folgemonate liegen noch nicht vor, doch in den knapp drei Monaten erteilten die Mitarbeiter insgesamt nur 240 Mal Bußgelder. „Wir wollen die Händler und Gastronomen mitnehmen und beraten, statt zu sanktionieren“, sagt Amtsleiter Bernd Otto. Allerdings gibt es auch Kritik, das Ordnungsamt greife unverhältnismäßig scharf durch. In einem Fall ist sogar Anzeige gegen Unbekannt erstattet worden.
So griffen die Mitarbeiter hart durch und sperrten zwei Tage vor dem Termin die „Jubiläumsveranstaltung“ der Hejo-Mobildiskothek. Diese hatte der Veranstalter André Hamm als „private“ Veranstaltung mit limitiertem Einlass für maximal 150 Personen angegeben. Zweifel jedoch bekam das Amt aufgrund eines anonymen Hinweises, Hamm würde das Ticket für 4,90 Euro im Internet anbieten und es handle sich um eine Tanzveranstaltung.
Veranstalter beteuert: keine kommerzielle, sondern private Veranstaltung
Der Veranstalter sieht sich geschäftsschädigend denunziert und beteuert, die Tickets seien nicht kommerziell an Unbekannte „verkauft“ worden, sondern auf Facebook nur „Freunden“ sowie Stammkunden der Mobildiskothek zugänglich gewesen. Einen Teil der Tickets habe Hamm selbst gekauft, um sie an Stammkunden ohne Internetzugang weiterzugeben.
Für das Ordnungsamt spielte das offenbar keine Rolle: „Bei einer privaten Veranstaltung handelt es sich um eine geschlossene Gesellschaft, bei der man die Gäste persönlich kennt. Hier konnte jedermann die Tickets erwerben, auch völlig fremde Menschen“, erläutert Amtsleiter Bernd Otto die Entscheidung des Ordnungsamtes. Hätte der Veranstalter dies vorher deutlich gemacht, so Otto, hätte er sich den Ärger ersparen können.
Anzeige wegen Geschäftsschädigung erstattet
Zudem gehe aus der Flyerwerbung hervor, dass es sich offenbar um eine Tanzveranstaltung handle. „Das ist durch das Landesgesetz verboten. Die Regel erlaubt keine Freizügigkeit in der Sache. Wir mussten die Veranstaltung verhindern“, beteuert Otto. Hamm jedoch widerspricht: Tanz sei nicht geplant gewesen, wie aus einer Skizze an das Ordnungsamt hätte hervorgehen können. „Dort, wo man hätte tanzen können, haben wir Tische und Stühle eingeplant.“ Auch ein Hygienekonzept habe Hamm dem Ordnungsamt mitgeteilt – allerdings nur telefonisch.
Hamm hat nun Anzeige gegen den unbekannten Hinweisgeber wegen Geschäftsschädigung und Verleumdung erstattet. Er hofft, dass das Ordnungsamt seine Jubiläumsveranstaltung doch noch genehmigen wird.
Viel Lob für das Ordnungsamt: 80 Prozent der Mitarbeiter zeigten Verständnis
80 Prozent der Mitarbeiter des Ordnungsamtes zeigten viel Verständnis für die Gastronomien und den Handel, bestätigt Karl-Heinz Werbeck, kaufmännischer Leiter bei Mr. Baker. Doch auch seine Filiale an der Schloßstraße muss auf die anderen 20 Prozent gestoßen sein, denn sie wurde am Dienstag vorübergehend geschlossen. Zwar darf das Geschäft Waren „to go“ verkaufen, der Außenbereich aber ist nach wie vor dicht.
Warum? „Ich weiß es bis heute nicht“, beteuert Werbeck. Er schildert, dass das Ordnungsamt zwar einen Tag vor der Schließung die Liste für die Gästeerfassung beanstandet habe. Denn dort sei ein falsches Datum – der 18. statt der 17. August – eingetragen gewesen. Offenbar hätten sich die Gäste vertan, meint Werbeck. Und klärte das wenig später mit den Stammgästen.
Wortwechsel wegen Gästeliste steigert sich hoch
Doch als Werbeck einen Tag später die Mitarbeiter darüber informieren will, reagieren diese angeblich unwirsch: Das habe „Konsequenzen“, soll man ihm geantwortet haben. Der Wortwechsel habe sich „hochgesteigert“, räumt Werbeck ein. Anschließend habe man ihm vorgeworfen, keine Maske beim Durchqueren des Ladens getragen zu haben. „Ja, stimmt, aber es war ja niemand sonst im Geschäft, und ich wollte sie schnell informieren“, entgegnet Werbeck.
Dennoch ließ das Ordnungsamt das Geschäft sofort versiegeln. Erst am Tag darauf durfte Mr. Baker wieder verkaufen – aber nur für unterwegs. „Total überzogen“ findet Werbeck die Maßnahme. Ein Bußgeld wäre angemessen gewesen, aber keine Schließung. Ihm gehen seitdem die Stammkunden in der Außengastronomie verloren.
Ordnungsamtsleiter Otto sieht ebenso manche Widersprüche in der Corona-Schutzverordnung, man könne sich ja über den Sinn mancher Maßnahmen streiten, doch das Ordnungsamt müsse Landesverordnungen umsetzen.