Mülheim. Corona-Pandemie führt dank Fördergeldern zu rascher Ausstattung der Mülheimer Schulen mit Computern. Warum es trotzdem eher langsam vorangeht.

Manchmal haben schlechte Dinge gute Seiten: Die Corona-Pandemie jedenfalls bringt Schwung in die seit Jahren geforderte Digitalisierung von Schulen. Der Stadt Mülheim stehen aktuell über zwei Millionen Euro zur Verfügung, um Tablets oder ähnliches anzuschaffen. Und die ersten 400 iPads wurden bereits geordert.

Wann diese allerdings ausgeliefert werden, steht noch nicht fest. Die Nachfrage bei den Produzenten sei riesig, Geräte kaum zu bekommen, sagt Bildungsdezernent Marc Buchholz. „Bis zu den Herbstferien aber soll das erledigt sein.“ Gedacht sind die Laptops vor allem für Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien – wenn sie coronabedingt von zu Hause aus lernen müssen.

Stadt will mit Schulen über das sprechen, was benötigt wird

Rund 1,3 Millionen Euro haben Land und Bund der Stadt bereitgestellt, um passende Computer für die Schüler zu kaufen oder beispielsweise Arbeitsplätze für Videokonferenzen in den Schulen einzurichten. Weitere 870.000 Euro stehen bereit, damit auch die Mülheimer Lehrer versorgt werden können. „So eine große Ausstattungsoffensive gab es noch nie“, sagt Peter Hofmann, stellvertretender Schulamtsleiter. Wie genau das Geld angelegt wird, will die Verwaltung in Gesprächen mit den Schulen klären. „Wir wollen passgenau anschaffen, was sie brauchen.“

Auch interessant

Die Corona-Zeit hat das Schulleben auf den Kopf gestellt. Was muss sich ändern in der Zukunft?
Von Annette Lehmann und Linda Heinrichkeit

Damit die Leih-Geräte sinnvoll im Unterricht eingesetzt werden können, werden die Lehrer geschult. Auch hier werde bedarfsgerecht vorgegangen, verspricht Schulamtsdirektorin Heike Freitag: „Die Schulen sollen sich melden und dann sehen wir, ob ein ganzes Kollegium fortgebildet werden muss oder nur einzelne Lehrkräfte.“ Ein Kompetenzteam aus speziell ausgebildeten Lehrern steht Heike Freitag zur Seite. Bereits seit zwei Jahren sei man intensiv mit Schulungen zugange, „aber jetzt hat die Sache natürlich nochmal an Fahrt aufgenommen“. Die Angebote für die Lehrkräfte wurden der neuen Situation angepasst, so gibt es mittlerweile einen Block „Lernen auf Distanz“.

Anfang Juli sprach der Dezernent noch von 1140 Geräten

Anfang Juli hatte Marc Buchholz versprochen, jeder Schule zum neuen Schuljahr einen Klassensatz Tablets zukommen zu lassen. 1140 mobile Geräte sollten es demnach sein; der Dezernent plante dafür – inklusive Sim-Karten – rund 650.000 Euro ein. Dass nun zunächst einmal nur 400 iPads bestellt worden sind, habe damit zu tun, „dass Vergabegrenzen einzuhalten waren“, so Peter Hofmann.

Für das eher hochpreisige iPad habe man sich übrigens entschieden, weil Fachleute es ausdrücklich empfohlen hätten. Laptops mit Apple-Betriebssystem ließen sich am besten zentral verwalten und steuern, so Hofmann. „Und auch Schutzfunktionen, damit Kinder nicht auf schlimmen Seiten unterwegs sind, lassen sich gut installieren.“ Wie teuer das einzelne Gerät letztlich sein wird, wollte Hofmann nicht verraten, das Verfahren laufe noch. „Wir werden aber deutlich unter 500 Euro pro Gerät bleiben.“

Fördergelder stehen nur bis Jahresende zur Verfügung

Eine Schwierigkeit gibt es noch: Um in den Genuss der gesamten Förderung zu kommen und künftig deutlich mehr Schülern digitale Angebote machen zu können, muss die Stadt das Geld bis zum Jahresende ausgeben. Sprich bis dahin eine europaweite Ausschreibung durchgeführt und einen oder mehrere Aufträge auf den Weg gebracht haben. Diese Frist hält Hofmann für kaum haltbar, die Verfahren seien aufwendig. Mülheim und andere Kommunen hofften nun auf eine Fristverlängerung.

Flächendeckendes WLAN in den Schulen frühestens 2023

Auch wenn die Erfahrungen mit der Corona-Pandemie die Digitalisierung der Schulen vorantreibt – es wird noch Jahre dauern, bis alle Beteiligten mit Hard- und Software ausgestattet und geschult sind und bis wirklich umfassend mit den Laptops gearbeitet werden kann.

Zumal: Flächendeckendes WLAN in den Schulen wird es wohl frühestens 2023 geben, hat Bildungsdezernent Marc Buchholz kürzlich im Bildungsausschuss noch einmal erwähnt.

Acht Millionen Euro sollen bis dahin in ein Glasfasernetz verbaut werden.

Bei der Stadt ist man derweil mit vielen Details beschäftigt – etwa der Frage, wie Schüler in Quarantäne überhaupt an die Laptops gelangen. Erste Erfahrungen habe man in den vergangenen Tagen an der Grundschule am Steigerweg sammeln können, wo bereits Schüler coronabedingt in den Quasi-Hausarrest geschickt worden waren.

Eltern nehmen Computer in Empfang und unterzeichnen einen Leihvertrag

Eine andere Schule habe drei Geräte für Betroffene bereitgestellt, berichtet Hofmann, und die Verteilung sei in diesem Fall kein allzu großes Problem gewesen, denn die Quarantäne galt nicht für die Eltern. Diese konnten die Computer persönlich in Empfang nehmen, den Leihvertrag selbst unterzeichnen. Das aber sehe anders aus, wenn demnächst ganze Familien zu Hause bleiben müssen. „Wenn auch die Eltern in Quarantäne sind, müssen wir das Vorgehen genau mit dem Gesundheitsamt absprechen.“

Noch nicht abschließend geklärt ist auch die Frage, wer die Geräte nach der Rückgabe überprüft. Die Stadt selbst habe dafür kein Personal, sagt Hofmann. Man denke über externen Dienstleister nach. „Vielleicht aber können auch Medienbeauftragte an unseren Schulen einfache Aufgaben übernehmen.“