Mülheim. Anfang 2021 sollen die ersten Mieter in das ehemalige Tengelmann-Gebäude in Mülheim ziehen. Das Areal soll sich zum offenen Campus entwickeln.

Es ist eines der spannendsten Entwicklungsprojekte Mülheims mit einem der größten Bürogebäude der Stadt: das 130.000 Quadratmeter große ehemalige Tengelmann-Gelände in Speldorf. Nachdem der österreichische Investor Soravia das Gelände gekauft hat, ist nun die Vermarktung des Hauptgebäudes in vollem Gange. In den kommenden Jahren soll sich das Areal zu einem Campus entwickeln mit Firmen, Gastronomie, Wohnungen und Grünflächen.

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„Wir wollen das Gelände öffnen, die Mauern abreißen und es für jeden zugänglich machen“, sagt Eckhard Brockhoff, Geschäftsführer der Brockhoff & Partner Immobilien GmbH aus Essen, die das Areal vermarktet. Weg vom Ruf der „verbotenen Stadt“. Während für eine genaue Planung des Geländes noch Bebauungspläne erstellt und konkrete Konzepte entwickelt werden müssen, wird das ehemalige Hauptgebäude schon bald wieder mit Leben gefüllt. Vor einigen Wochen sind die letzten Tengelmann-Mitarbeiter ausgezogen, Anfang kommenden Jahres sollen die ersten Mieter wieder einziehen.

Investor Soravia vermietet Tengelmann-Gebäude kleinteilig

79.000 Quadratmeter Fläche kommen im Hauptgebäude mit seinen breiten Fluren und hohen Decken zusammen. Einige Bereiche, die noch aus alten Zeiten der Wissoll-Schokoladenfabrik stammen, wurden von Tengelmann nie erschlossen, könnten nun mit ihrem großflächigen, rauen Charme als loft-artige Büros genutzt werden.

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Der Investor Soravia wird das Gebäude kleinteiliger vermieten, ab einer Mindestgröße von rund 400 Quadratmeter können Firmen sich dort niederlassen. Die Nachfrage sei hoch, sagt Brockhoff, viele ernsthafte Gespräche seien bereits geführt worden. Wer zu den künftigen Mietern gehört, soll bekannt gegeben werden, sobald die Verträge unterschrieben sind.

Im kommenden Jahr will Soravia mit der abschnittsweisen Sanierung des Gebäudes starten. Der Gang durch die Flure aber zeigt: Die Firma Tengelmann hat ihren Sitz bestens gepflegt. Doch einiges ist nicht mehr zeitgemäß: die terracotta-farbenen Fliesen im Eingangsbereich, die riesige Kantine, die Beleuchtung.

Nostalgischer alter Kaufladen soll erhalten bleiben

Der Salon im Hauptgebäude, hier im Jahr 2008 mit dem vermissten Karl-Erivan Haub, wird vermutlich nicht erhalten bleiben.
Der Salon im Hauptgebäude, hier im Jahr 2008 mit dem vermissten Karl-Erivan Haub, wird vermutlich nicht erhalten bleiben. © WAZ | Timo Günther

Und nicht zuletzt die Wohnung, in der die Familie Haub bis zum Auszug Tengelmanns gelegentlich gelebt hat. Sie wird vermutlich ebenso entkernt wie der Salon mit seinen Kronleuchtern und stoffbezogenen Bänken, in dem schon Konrad Adenauer 1946 eine Wahlkampfrede hielt.

Nostalgisch mutet auch der alte Kaufladen im Untergeschoss voll hölzerner Regale an, der an die Anfänge Tengelmanns erinnert. Er soll an exponierter Stelle ausgestellt werden, ebenso wie einige weitere Erinnerungsstücke zur über 150-jährigen Geschichte Tengelmanns. „Soravia will die Tradition des Gebäudes wahren“, sagt Eckhard Brockhoff. Vielleicht könne sogar die Pralinenmanufaktur in der ehemaligen Süßwarenfabrik wieder aufgenommen werden.

Tengelmann-Areal: Gespräche mit Soravia stehen noch aus

Während in das Gebäude bald Leben einkehrt, warten Mülheimer Politik und Verwaltung noch auf Gespräche mit Soravia, um in die Planung für die Entwicklung des Geländes zu starten. Ein Termin vor einigen Wochen musste wegen Corona abgesagt werden. „Klar ist“, sagt Baudezernent Peter Vermeulen, „dass wir gemeinsam mit Soravia und ökologisch planen“. Auf dem Areal soll nicht-störendes Gewerbe neben Wohnungsbau angesiedelt werden, eingebettet in das angrenzende Klimaquartier Broich und durch veränderte Linienführung besser angebunden an den ÖPNV – ein Projekt „mit Strahlkraft für die Region“.

„Eine der gefragtesten Flächen im Ruhrgebiet“

Seit dem Notartermin am vergangenen Freitag ist Soravia offiziell Eigentümer des Tengelmann-Geländes. Die Firma Brockhoff und Partner vermarktet Areal und Gebäude. Das Hauptgebäude wird für acht Euro pro Quadratmeter vermietet – ein relativ niedriger Preis, um die teils uneffiziente Aufteilung der Räume wegen sehr breiter Flure zu kompensieren.

Die Flächen sollen den Bedürfnissen der Mieter angepasst werden, für über 25.000 Quadratmeter Bürofläche wurden bereits Mieterplanungen erstellt.

„Neben den Entwicklungen des ehemaligen Opelgeländes in Bochum zählt der frühere Tengelmann-Standort momentan zu den gefragtesten Flächen im Ruhrgebiet“, sagt Geschäftsführer Eckhard Brockhoff.

Soravia, so Peter Vermeulen, sei ein Investor, der den Kontakt suche, sehr engagiert sei. Zufrieden ist er, dass nun bereits das Gebäude in der Vermarktung ist, sich dort bald schon die ersten Mieter ansiedeln werden. „Es ist ein Gebäude, das Wiederbelebung verdient.“