Mülheim. Mülheim: Ortspolitiker von SPD, CDU, FDP stimmten dem Verkauf der Hofstelle am Schlippenweg für den landwirtschaftlichen Forschungsbetrieb zu.
Eine breite Koalition für das Projekt am Schlippenweg 29 zeichnete sich bereits im öffentlichen Teil der Sitzung der Bezirksvertretung (BV) 1 ab: SPD, CDU und FDP signalisierten ihre Zustimmung für den Verkauf an das Mülheimer Technologie-Unternehmen WETEC, das dort einen landwirtschaftlichen Forschungsbetrieb aufbauen will. Politik und Verwaltung zogen sich zwischenzeitlich für eine nichtöffentliche Besprechung zurück. Am Ende gab es die erwartete Zustimmung für den Verkauf. Damit wäre der Weg frei für die von WETEC angekündigten Millionen-Investitionen. Von einem „Leuchtturmprojekt“ sprach die SPD.
Zusammenarbeit mit Forschungspartnern verschiedener Hochschulen, auch der HRW
Zuvor hatte Klaus Hinsken, Geschäftsführer der WETEC, den Ortspolitikern in der BV 1 das geplante Forschungsvorhaben am Schlippenweg vorgestellt, das eng mit der Tätigkeit der WETEC an der Heerstraße in Speldorf und den dortigen Plänen für ein Modellquartier zusammenhängt. Im Bereich Heer-/Liebigstraße hat das Unternehmen bereits weitere Grundstücke erworben, um mit Forschungspartnern verschiedener Hochschulen, darunter die HRW und die Uni Essen/Duisburg, ein zukunftweisendes Stadtquartier, das „ENERGIDA Quartier“, zu entwickeln. Quasi als Demonstrationsobjekt, um intelligente Energielösungen und Automatisierungssysteme für das Wohnen und Arbeiten der Zukunft entwickeln zu können – Stichwort „Smart Home“. Geplant sind neben Gewerbe unter anderem eine Kita, seniorengerechtes Wohnen und Wohngruppen für Menschen mit Beeinträchtigungen. HRW-Studierenden soll die Aus- und Weiterbildung an beiden Projekten ermöglicht werden.
Mittelständisches Unternehmen aus Mülheim
Die WETEC-Gruppe, die sich auf ihrer Homepage als ein führender Anbieter von Schalt- und Steuerungsanlagen sowie Elektro-, Automatisierungs- und Systemlösungen vorstellt, ist ein nach Hinskens Angaben seit Jahrzehnten in Mülheim ansässiges mittelständisches Unternehmen. WETEC konzipiert laut eigener Aussage elektro-, automatisierungs- und prozesstechnische Anlagen für viele Branchen. Nachhaltige Energiesysteme will der mittelständische Betrieb neben dem Wohnprojekt in Speldorf zeitgleich im modellhaften landwirtschaftlichen Betrieb am Schlippenweg 29 entwickeln.
Auf der 4,7 Hektar großen Fläche am Schlippenweg in Holthausen soll allein eine Streuobstwiese rund 2,3 ha einnehmen, dazu komme eine parzellierte Fläche für die ökologische Landwirtschaft. „Das kommt“, so WETEC-Geschäftsführer Klaus Hinsken in der BV 1 „einem Biotop am nächsten“. Auf der Fläche der jetzigen Hofstelle sollen die neuen Gebäude errichtet werden. „Der Hof wird nur halb so groß wie die umliegenden Höfe“, betonte Hinsken. Eine gewerbliche Nutzung sei dort nicht geplant, vielmehr soll die erwirtschaftete Ernte im Zusammenhang mit dem Speldorfer Wohnquartierprojekt genutzt werden.
Grüne und Linke wollten eine Verpachtung der Fläche am Schlippenweg
Ein Gewächshaus soll Energie erzeugen, Abwasser wird aufbereitet, landwirtschaftliche Maschinen mit E-Antrieb sollen genutzt werden, nennt Hinsken einige Beispiele. Ein Ziel: den Stromverbrauch um ein Drittel zu senken.
Kaufpreis liegt über dem Buchwert
Da es sich um einen privaten Vertragspartner der Stadt handelt, unterliegt die exakte Verkaufssumme dem Geschäftsgeheimnis. Der Kaufpreis liege aber deutlich über dem Buchwert, wurde mitgeteilt.
Der Buchwert ist jener Wert, mit dem die Verwaltung das städtische Grundstück in ihren Büchern führt. Zudem muss der Käufer die Kosten für den Abbruch der verlassenen und wohl auch baufälligen Alt-Immobilie am Schlippenweg zahlen.
Da die Bezirksvertretungen Entscheidungen bis unter 500.000 Euro fällen dürfen – bei höheren Summen ist laut Satzung der Rat zuständig – dürfte der Kaufpreis leicht darunter liegen. Die CDU wollte noch eine Nachverhandlung über den Kaufpreis haben, wurde aber überstimmt. Durch den Verkauf habe die Stadt keine finanziellen Nachteile, so Dezernent Peter Vermeulen.
Grüne und Linke hatten in der BV 1-Sitzung weiterhin auf einer Verpachtung der Fläche bestanden, auch die Stadt hätte diese Lösung ursprünglich vorgezogen, räumte Baudezernent Peter Vermeulen ein. Hinsken verteidigte aber das ausschließliche Kaufinteresse seiner Firma im Hinblick auf mögliche Investoren: „Wir brauchen eine Sicherheit.“ Pacht- oder auch Erbpachtlösungen seien nicht zielführend: „Normale Investitionen finden in diesem Bereich nicht mehr statt.“ Auch bei der Beantragung von Fördermitteln, was WETEC plane, „wird ein Eigentumsrecht verlangt“.
Landwirtschaftliche Nutzung wird im Kaufvertrag und im Grundbuch festgelegt
Die landwirtschaftliche Nutzung am Schlippenweg wird im Kaufvertrag und im Grundbuch festgelegt, so die Verwaltung in der aktuellen Vorlage, der die Ortspolitiker jetzt zustimmten. Zudem enthält der Vertrag ein Vorkaufsrecht für die Stadt, falls die Fläche irgendwann einmal ganz oder teilweise wieder veräußert werden sollte. Eine mögliche Wohnbebauung, die im Vorfeld teils befürchtet worden sei, sei damit vom Tisch, bilanziert Hansgeorg Schiemer, CDU-Ortspolitiker in der BV 1.