Mülheim. Die Stichprobe an einer Mülheimer Schule zeigt: Die Wiedersehensfreude ist groß. Die Masken werden getragen. Doch gibt’s Kritik an der Regierung.

Die blaue Maske baumelt am Rückspiegel des „Elterntaxi“, Sohnemann steigt aus, zieht seine Maske vom Kinn bis über die Nase. Kurze Instruktion der Mutter, ein Kuss, Tonne auf den Rücken – dann geht er beschwingt in die Gustav-Heinemann-Gesamtschule. So wie hier zeigt sich an vielen Mülheimer Schulen am Mittwochmorgen das gleiche Bild: Mit Erleichterung aber auch ein gerüttelt Maß an Kritik an der Landesregierung startet der Schulbetrieb in Mülheim.

„Ich bin froh, dass die Schule jetzt für die Kinder weitergeht – man kann sich ja nicht immer verstecken“, meint ein Vater auf dem Parkplatz. Bedenken wegen einer Ansteckung habe er keine. Auch unter den Schülern sind nicht wenige „froh, dass wir unsere Klassenkameraden wieder treffen“, bestätigt eine Achtklässlerin. Ihre Masken haben sie und ihre Freundinnen noch in der Tasche, denn „vor dem Schulgelände braucht man sie ja noch nicht aufsetzen“.

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Vor der Klasse müssen sich die Schüler im 1,5-Meter-Abstand aufstellen

Vor der Klasse müssen sich die Schüler im 1,5-Meter-Abstand aufstellen und nacheinander reingehen, schildert eine Schülerin der 8.2 das Prozedere. Wie es wohl im Klassenraum sein wird? „Keine Ahnung. Ich denke, es wird anstrengend, weil ich mich mit Maske nicht so konzentrieren kann“, glaubt sie.

Das Stückchen Stoff – für vieler Eltern ist die von Düsseldorf verordnete Tragepflicht ein Dorn im Auge – wird als Feigenblatt verstanden: „Die Landesregierung hatte Zeit, an den Schulen für Plastiktrennwände und den Ausbau des digitalen Unterrichts zu sorgen. Dort wären die Finanzspritzen auch sinnvoll gewesen“, ärgert sich eine Mutter. Für Schüler, die keinen Computer haben, hätte man in Homeoffice Lerngruppen organisieren können.

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Unverständlich, dass Regelungen aus Restaurants in Klassenräumen unmöglich seien

Es sei für sie zudem unverständlich, dass Regelungen, die selbst in Restaurants gelten – eben am Platz die Maske abnehmen zu dürfen –, in Klassenräumen nicht möglich seien. „Die Menschen verlieren das Vertrauen in ihre Regierung, wenn sie solche Ungereimtheiten sehen“, macht sich die Frau Sorgen, ob die Corona-Skepsis so weiter Auftrieb bekommt.

Manche Eltern ärgert ebenso, dass sie nicht an den Hygienekonzepten beteiligt wurden. „Das hätte mehr Akzeptanz geschaffen“, glaubt eine Oberhausenerin. Sie hatte dem Schulamt vorgeschlagen, dass man Ventilatoren für die geforderte Durchlüftung in den Klassenzimmern aufstellen solle. Das habe die Behörde abgelehnt, weil dies, ihrer Ansicht nach, die Viren noch weiter verteilen könnte.

Schulen seien zu kurzfristig informiert worden

Schüler halten sich auch in den Bussen an die Maskenpflicht

Auch in den Bussen sieht man den blauen Nasen-Mundschutz auf vielen Gesichtern leuchten. Doch hier zeigt sich Organisationsbedarf: Während etwa der 131 in Dümpten bis auf den letzten Platz gefüllt ist, rollt der Ersatzbus direkt dahinter nahezu leer auf das Schulgelände.

Das Land NRW hatte 150 Euro Bußgeld festgelegt, wenn in Bussen, S-Bahnen oder Straßenbahnen keine Maske getragen wird.

Auch die Idee, Plexiglas zwischen den Reihen aufzustellen – so wie an der Supermarktkasse –, habe kein Gehör gefunden. Den Schulen, sagt eine Oberhausenerin, könne man keinen Vorwurf machen, denn sie seien „wieder mal“ kurzfristig informiert worden.

Wie gut die Maskenpflicht eingehalten wird oder überhaupt eingehalten werden kann, ist vielerorts die Frage. Eine Schülerin des Otto-Pankok-Gymnasiums erzählt, dass man in den Klassen trotz Pflicht auf die Bedürfnisse der Schüler eingeht. „Wir durften am Platz zum Beispiel kurz etwas trinken, wenn alle anderen die Maske auf hatten.“ Auch mancher Lehrer zog es vor – bei genügend Abstand zur Klasse – ohne Maske zu unterrichten.

Das Reden unter der Maske war erträglich, weil der Schultag kurz war

Unter den Schülern der Gustav-Heinemann-Gesamtschule seien viele „froh, die Klassenkameraden wieder zu treffen“, sagt eine Achtklässlerin.
Unter den Schülern der Gustav-Heinemann-Gesamtschule seien viele „froh, die Klassenkameraden wieder zu treffen“, sagt eine Achtklässlerin. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Das Reden unter der Maske „ging gerade so, weil wir heute nur vier Stunden hatten“, sagt die OP-Schülerin, wenn die Schulzeit aber länger dauern sollte, hätte sie es vielleicht nicht ausgehalten. Dass aber die Schule wieder angefangen hat, „hat schon gut getan, weil viel ausgefallen ist - natürlich sind Ferien immer besser.“

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Zwei bis drei Masken zum Wechseln haben viele Schüler vorsichtshalber für den Tag im Gepäck, obwohl der wegen der Hitze kurz ausfallen wird. So haben es viele weiterführenden Schulen im Vorfeld angekündigt. Schon jetzt aber deutet sich an, dass Düsseldorf in Teilen von den strengen Vorgaben zurückrudern könnte. Aus pädagogischen Gründen soll es nun auch an weiterführenden Schulen sogenannte „Maskenpausen“ geben. Das Umzusetzen liege in der Hand der Schulen.