Mülheim. Am 31. Juli um 16 Uhr darf der Kommunalwahlkampf in Mülheim offiziell starten. Den unabhängigen OB-Kandidaten Jürgen Abeln regt das auf. Warum?

Jetzt steht fest, wann der Kommunalwahlkampf in Mülheim offiziell beginnen darf: Am Freitag, 31. Juli, um punkt 16 Uhr kann es losgehen mit dem Plakatieren. Das Ordnungsamt hat alle Akteure angeschrieben. Der unabhängige OB-Kandidat Jürgen Abeln ist sauer: „So werden kleine Parteien und Einzelbewerber absichtlich benachteiligt.“ Wie kommt er darauf?

Der parteilose OB-Kandidat Jürgen Abeln, Unternehmer aus Saarn, wirft der Stadt Mülheim vor, Einzelbewerber im Wahlkampf systematisch zu benachteiligen.
Der parteilose OB-Kandidat Jürgen Abeln, Unternehmer aus Saarn, wirft der Stadt Mülheim vor, Einzelbewerber im Wahlkampf systematisch zu benachteiligen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller


Abeln ist bislang davon ausgegangen, dass Wahlplakate erst ab Sonntag, 2. August, angebracht werden dürfen. Er habe mehrfach mit dem Ordnungsamt telefoniert, berichtet der Unternehmer aus Saarn, „da ich als Neuling ja nicht weiß, wie die Abläufe sind“. Von einer Sechs-Wochen-Frist vor dem Wahltag habe der Sachbearbeiter stets gesprochen.

„Dann bricht das geordnete Chaos aus“

„Überraschend“ fand Abeln daher die Post vom Ordnungsamt, die am 22. Juli bei ihm einging, unterzeichnet von Amtsleiter Bernd Otto. Dort findet sich, fett gedruckt, der Termin 31.07.2020 ab 16 Uhr für Wahlwerbung in Form von Plakaten oder Infoständen. „Dann bricht das geordnete Chaos aus“, ahnt Jürgen Abeln. Jeder dürfe anfangen, seine Plakate aufzuhängen. Wer welchen Laternenmast nutzen darf, ist nicht zugewiesen. Der Schnellste gewinnt, und das werden sicher nicht die Kleinen sein. Während große Parteien von zahlreichen Helfern und auch professionellen Firmen unterstützt würden, müssten Einzelbewerber meist auf Ehrenamtliche zurückgreifen, so der OB-Bewerber. Ohnehin schon ein Nachteil.

Vorwurf: Verwaltung benachteiligt kleine Parteien und Einzelbewerber

Die Vorverlegung des Wahlkampfstartes verschärft aus seiner Sicht das Problem: Jetzt, in der Ferienzeit, könnten Einzelkämpfer wie er gar nicht so schnell umdisponieren, meint Abeln. Viele freiwillige Helfer seien noch in Urlaub. Für ihn ist das Ganze eine abgekartete Sache: „Die Stadtverwaltung“, so der Mülheimer OB-Kandidat, „benachteiligt systematisch kleine Parteien und Einzelbewerber.“

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Bei der Verwaltung kann man Abelns Anwürfe erwartungsgemäß nicht nachvollziehen. Offenbar habe er sich beim Datum 2. August auf die telefonische Auskunft eines Sachbearbeiters verlassen, so Stadtsprecher Volker Wiebels. Letztlich entscheide jedoch die Leitung des Ordnungsamtes, und zwar auf altbewährter Grundlage.

Stadt: Wahlkampfstart am Freitag gerade mit Blick auf ehrenamtliche Helfer

Da es keine gesetzliche geregelte Frist gebe, könne jede Kommune für sich entscheiden, ab wann sie Wahlwerbung zulässt, erläutert Wiebels. Einschlägige Gerichtsurteile verlangten lediglich eine „angemessene Zeit“ vor dem Wahltermin.

Die großen Mülheimer Parteien hätten vor Jahrzehnten ein Agreement getroffen, wonach der Straßenwahlkampf ca. sechs Wochen vorher beginnt. Exakt sechs Wochen müssten es nicht sein, betont der Stadtsprecher. Dieses Mal habe das Ordnungsamt beschlossen, den Termin auf Freitagnachmittag, 31. Juli, zu legen: „Gerade mit Blick auf die vielen Ehrenamtlichen, die mithelfen, wird das Wochenende dazu genommen“, so Wiebels.

OB-Kandidat Hartmann setzt lieber auf Hausbesuche

Tatsächlich wird Abelns Kritik nicht von allen Einzelkämpfern geteilt. Der ebenfalls parteilose OB-Kandidat und Ratsherr Jochen Hartmann kontert sofort: Er sehe keine absichtliche Benachteiligung der Kleinen - „im Gegenteil“. Hartmann hat vielmehr den Eindruck, „dass die Verwaltung allen Wahlkämpfern entgegenkommen wollte, damit diese ggf. das arbeitsfreie Wochenende nutzen können“. Er persönlich setze ohnehin einen Schwerpunkt auf Hausbesuche, um direkt mit den Menschen sprechen zu können.

Ab 31. Juli können auch Wahlkampfstände im Rahmen der Sondernutzung aufgebaut werden. Sie sind dann gebührenfrei, müssen aber beantragt und genehmigt werden. Das Ordnungsamt hat empfohlen, Anträge auf Wahlwerbung bis spätestens Freitag, 24. Juli, einzureichen. Wer sich später meldet, bekäme „möglicherweise nur noch alternative Flächen genehmigt“. Danach sieht es ohnehin schon aus, da nach Auskunft der Stadt bereits Mitte dieser Woche mehr als 100 Anträge für Infostände vorlagen.

Corona-Regeln im Straßenwahlkampf

Aufgrund der Corona-Vorschriften erlaubt das Mülheimer Ordnungsamt auf dem Kurt-Schumacher-Platz immer nur vier Infostände gleichzeitig.

Daher können nicht alle Wunschtermine und -standorte genehmigt werden. Die Entscheidung, welcher Wahlkampfstand wo stehen darf, soll am 24. Juli fallen.

Einige Wahlkämpfer in Mülheim wollen nicht bis Ende Juli warten und haben sich in den vergangenen Wochen schon mit Aktionen und Ständen in der City präsentiert – für die sie dann allerdings Gebühren zahlen mussten. „Die Partei“ und die AfD sind bei der Gelegenheit auch schon heftig aneinandergeraten – inklusive Polizeieinsatz und Strafanzeige.