Mülheim. In der „Night of Light“ ließen auch Mülheimer Veranstaltungsbetriebe ihre Fassaden in Rot anstrahlen. Sie hoffen auf Hilfen der Politik.
Rot – traditionell die Farbe der Liebe, die Farbe des Blutes, die Farbe vieler populärer Fußballvereine. Aber eben auch die Farbe der allerletzten Warnstufe vor der Katastrophe. Wer in der Nacht zum Dienstag über die Ruhrbrücke schlenderte, dem bot sich ein ungewohntes Bild. Denn sowohl die Stadthalle als auch das Schloß Broich erstrahlten komplett in pulsierendem Rot, der Anlass dafür ist ein höchst unerfreulicher.
Denn die Warnung von Tom Koperek, Initiator der bundesweiten Aktion „Night of Light“, war eindeutig: „Es ist ein Hilferuf der vergessenen Veranstaltungsbranche an die Politik. Wenn es so weitergeht, werden Millionen von Existenzen zerstört“, stellt Koperek klar.
Drei Stunden Rotlicht - vielen Einrichtungen droht Schließung
So wurden mehr als 8000 Betriebe im Land zwischen 22 und 1 Uhr angestrahlt, um ein Zeichen zu setzen. „Wir müssen davon ausgehen, dass mehr als 50 Prozent der Einrichtungen durch die Corona-Schutzmaßnahmen innerhalb der nächsten 100 Tage von der Schließung bedroht sind“, erklärte Koperek und legte dazu fixe Zahlen vor. Tatsächlich werden mehr als 6,6 Milliarden Euro in Deutschland mit Kulturveranstaltungen erwirtschaftet, rund 2,5 Millionen Menschen sind in der Branche tätig.
Einer von ihnen ist der in dieser Nacht vor Schloß Broich stehende Dietmar Pahsen, der mit seiner Firma Omnivent-Media sonst unter anderem für die Bühnenbeleuchtung beim Castle Rock Festival zuständig ist. „Wir haben seit Monaten alle Mitarbeiter in Kurzarbeit und kämpfen, so gut es geht. Aber die Situation ist schwierig“, sagt er.
Der Staat versprach ja Unterstützung durch Soforthilfen. „Nur die muss dann auch ankommen, was nicht immer so gut klappt.“ Und: „Alle reden davon, dass das Geld ja dann durch Verlegungen von Events irgendwann wieder reinkommt. Aber mittlerweile gibt es so viele Nachholtermine. Wer soll denn da alles hingehen? Das Publikum kann sich ja nicht klonen oder zerteilen.“
Fast alle Aufträge für 2020 wurden storniert
Hinzu kommt generell eine große Verunsicherung der Menschen, wie Dennis Weiler, Geschäftsführer der in Speldorf ansässigen Event-Managing-Firma Eventall, berichtet: „Die Leute sind sehr verängstigt. Bis Ende des Jahres wurden fast alle unsere Aufträge storniert, 95 Prozent der eingeplanten Umsätze sind weg.“
In der „Night of Light“ steht Weiler mit seinen Kollegen vor dem Rathaus und kommt mit zahlreichen Passanten ins Gespräch. „Wir generieren durch diese Aktion viel Aufmerksamkeit. Hoffentlich macht die Bevölkerung Druck bei der Politik. Für Autokonzerne und Lufthansa ist ja auch genug da.“
Diskothekenbetreiber verweisen auf individuelles Konzept
In Mülheim nahmen zudem auch die WDL-Luftschiffhalle, die Dümptener Firma „Dekowerk & Ideewerk“, Schloss Styrum und die Diskothek Phönix Club teil. Letzterer hat seit Mitte März zu, Diskotheken-Betrieb ist deutschlandweit ausnahmslos bis auf Weiteres untersagt. Das Phönix-Team um Tanja Franz und Thorsten Bella würde gerne bald wieder öffnen und sieht ein allgemeines Problem für die Branche: „Niemand macht sich mal die Mühe, zu gucken, wie es in den Clubs wirklich aussieht und was es an individuellen Konzepten für eine Wiedereröffnung gibt. Wir haben einen großen Außenbereich, unsere Lüftungsanlage ist top. Der Luftwechsel bei uns ist der Wahnsinn.“
Grenzüberschreitende Aktion
Die Organisatoren der „Night of Light“ haben bewirkt, dass tausende beleuchtete Gebäude auf ihre Nöte aufmerksam machen. Teilnehmer gab es nicht nur in Deutschland, sondern auch im benachbarten Ausland.
Aus einer Location der Adam Hall Group in der Nähe von Frankfurt wurde in der Nacht ein fünfstündiger Livestream gesendet mit mehreren DJ-Sets. Alle Infos rund um die Aktion gibt es auf www.night-of-light.de.
Bis an der Sandstraße wieder zu dunkel-alternativer Musik getanzt werden darf, dürften aber noch Wochen, wenn nicht Monate vergehen. Gemein sind allen Betroffenen zwei Wünsche: Weitere finanzielle Hilfen des Staates – und eine Perspektive, wann auch größere Veranstaltungen wieder kostendeckend durchgeführt werden können.
Night of Light in Mülheim