Mülheim. Das Verpflegungsangebot der Gefährdetenhilfe des Diakonischen Werkes konnte dank einer Spende in Corona-Zeiten fortgeführt werden.

Für Leiterin Andrea Krause wird der 17. März 2020 noch lange in Erinnerung bleiben: „Es war einer meiner schwersten Momente, als wir die Ambulante Gefährdetenhilfe schließen mussten.“ Denn Corona hat gerade die Menschen hart getroffen, die bereits sozial schwach waren, die längst ohne Wohnung, mit wenig Geld, Kleidung und Essen leben müssen.

Lebensmittelpunkt brach weg

„Für uns war sofort klar, dass es weitergehen musste“, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes, Birgit Hirsch-Palepu. Denn von einem auf den anderen Tag brach für gut 50 Menschen, die täglich in der Teestube an der Auerstraße ihren sozialen Anker haben, für etliche andere Hilfesuchende, die hier beraten werden (2019: 1857 Beratungen), die ein bezahlbares Essen erhalten oder einfach nur zeitweise unterkommen, ein Lebensmittelpunkt weg.

Wie kommen Menschen an staatliche Unterstützung, die keine Wohnung und deshalb kein Giro-Konto besitzen, wenn Ämter aufgrund von Corona dicht machen, wenn Banken geschlossen haben? Allein 46 Konten führt die Gefährdetenhilfe der Evangelischen Kirche an der Ruhr im Namen von Betroffenen. „Wir mussten zum Teil Geld vorstrecken, weil die Banken zu hatten“, sagt Krause.

Essen an Notschlafstellen geliefert

Also nahm die Einrichtung mit ihren 14 Mitarbeitern die Arbeit unter Corona-Bedingungen schnell wieder auf, bildete Teams, die sich nicht begegnen sollten – damit bei einer Ansteckung nicht alle ausfallen. Von einem „Methodenwechsel“ spricht Hirsch-Palepu. Das Essen lieferte das Team an die städtischen Notschlafstellen. Dank der Mittel von 20.000 Euro, die die „Aktion Mensch“ bereit stellte, wird diese Hilfe bis Jahresende fortgesetzt.

Die Beratungen gingen weiter, und auch die Teestube hat inzwischen wieder geöffnet. Zehn Menschen können drinnen betreut werden, sechs weitere auf der Terrasse. Ohne die Hilfe von Mülheimer Bürgern, und Einrichtungen – und auch der Stadt Mülheim, die ihre Notschlafstellen tagsüber für Männer öffnete – wäre das nicht gelungen, sagt Hirsch-Palepu: „Etliche Mülheimer haben Kleidung, Hygiene- und Lebensmittel gespendet.“

Viele Menschen sind abhängig von der Tafel

„Systemrelevant“ hat Monika Griefahn, SPD-Kandidatin für das Amt des Oberbürgermeisters, die sozialen Einrichtungen neulich noch bezeichnet. Ihr Parteikollege Sascha Jurczyk, Vorsitzender der Sozialausschusses, stimmt zu: „Ich bin beeindruckt, wie schnell und kreativ die Gefährdetenhilfe den Menschen geholfen hat, die kein Haus, keinen Garten, keine Familie haben.“ Auch der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Bernd Dickmann, lobt die soziale Arbeit und das Netzwerk von sozial engagierten Gruppen in der Stadt.

Wird man sich an die Systemrelevanten auch erinnern, wenn die Krise vorbei ist und es um die Kosten der Sozialarbeit geht? Ulrich Schreyer, Geschäftsführer des Diakoniewerks, nannte es im Gespräch mit Griefahn einen „Skandal“, dass so viele Menschen inzwischen von der Tafel und Sozialarbeit abhängig sind. Auch AWO und Caritas forderten von einem künftigen OB eine höhere Planungssicherheit. Die stellv. Geschäftsführerin des Diakonischen Werks fasst es diplomatischer: „Ich würde mir wünschen, wenn die höheren Sachkosten erstattet würden.“