Mülheim. Die Kulturgut-Reihe kann wieder starten: René Steinberg eröffnet am Freitag die Kabarett-Saison in Mülheim. Lehren aus der Krise bringt er mit.

Schlechte Zeiten für die Politik sind oft gute Zeiten für das Kabarett. Corona hat jedoch auch die ehernen Regeln der Komik außer Kraft gesetzt, und so hatte der Mülheimer Kabarettist René Steinberg zwangsläufig jede Menge Zeit, sich um Heim und Familie zu kümmern statt um zeitkritische Darbietungen. „Ich habe sie neu kennen gelernt. Das hatte auch positive Aspekte“, scherzt Steinberg.

Jetzt aber kehrt mit Steinberg auch die Spitze der politischen Satire zurück auf die Mülheimer Bühne: Am kommenden Freitag, 26. Juni, macht der 47-Jährige den Auftakt für die Kulturgut-Reihe im Ringlokschuppen. Denn das „schöne Geräusch, das schnell ineinander schlagende Hände machen“ hat Steinberg lang vermisst, „und das Publikum will auch wieder“ – das hat der Kabarettist erst neulich in Castrop-Rauxel und im Mülheimer Autokino am Flughafen gespürt. „Es gibt bei Zuschauern das Bedürfnis zu zeigen: Wir sind da, wir sind bei dir.“

Steinberg: VHS und OB-Skandal in Mülheim als Realsatire kaum zu toppen

In der Tasche hat er nicht nur Sagrotan und Maske, sondern Lehren aus der Krise: „Ich frage mich, was hat Corona mit uns gemacht? Wird die Jogginghose wieder zum neuesten Schrei, werden Alu-Hüte en vogue?“ Steinberg will sich aber auch der lokalen Politik widmen, denn die Kommunalwahlen stehen vor der Tür, wobei: „VHS und OB-Skandal sind ja realsatirisch kaum zu toppen. Ich habe unter ,Lokal-Politik’ immer etwas anderes verstanden...“, sinniert der Mülheimer Humorist.

Auch die „große Politik“ von Merkel bis Trump bekommt ihr Fett weg – „okay, Trump ist als Oberhaupt ja wenigstens da“, sticht Steinberg noch einmal kurz ins wunde Fleisch der Lokalpolitik. Doch er ist bekanntlich kein Zyniker wie manch anderer Kollege, die Menschen sind ihm durchaus sympathisch geblieben: „Ich finde, die Wut ist kein guter Ratgeber“, sagt er. „Freuwillige vor – Wer lacht, macht den Mund auf“ heißt etwa eine Show. Seine Spitzen kommen eben freundlich durch die Haustür.

Lehre aus Corona: „Augen auf bei der Berufswahl“

Was also hat denn Corona mit ihm gemacht? Für Solo-Selbstständige, die Kabarettisten nun mal auch sind, waren die vergangenen Monate eher selten Sonnenschein. „Ich sag nur: Augen auf bei der Berufswahl. Zum Glück habe ich noch einen Job als Radiomoderator beim WDR“, erzählt Steinberg.

Und doch ist für den bühnenerfahrenen Mülheimer keine Frage, dass man aus Krisen lernen kann: „Beim Auftritt im Autokino konnte das Publikum mir WhatsApp-Botschaften schicken. Das kann ich mir auch zukünftig als Element vorstellen. Mein Vater hat immer gesagt: Wenn du vom Leben ‘nen Tritt in den Arsch kriegst, guck, dass du den Schwung nach vorne nutzt.“

Ringlokschuppen muss ausverkaufte Veranstaltungen verschieben

Apropos: Auch für den Ringlokschuppen ist der Auftakt ein wichtiger Schritt nach vorne. Von einem auf den anderen Augenblick musste im März etwa die Show mit Bernd Stelter in der Stadthalle wegen Corona auf 2021 verschoben werden. Der Saal für 1040 Menschen war nahezu ausverkauft.

Rund 200 Plätze in der Stadthalle

Vertrauenssache ist auch die Sicherheit in der Stadthalle, in die der Ringlokschuppen aus Platzgründen nun auch die kleineren Kulturgut-Veranstaltungen verlegt hat.

„Wir haben ein klares Hygiene-Konzept auf die Beine gestellt. Die Zahl der Plätze sind auf etwa 200 begrenzt“, erläutert Tina Specht vom Mülheimer Stadtmarketing.

Das „René Steinberg Special“ startet am Freitag, 26. Juni, um 20 Uhr in der Stadthalle Mülheim, Theodor-Heuss-Platz 1. Die Karte kostet 24 Euro plus Gebühr. Infos: www.ringlokschuppen.ruhr.

„Das hatten wir noch nie“, sagt Britta Lins vom Ringlokschuppen. Dass die Kulturbranche ihre Veranstaltungsreihen seit langem etliche Jahre im Voraus programmieren muss, zeigt sich in der Krise als Problem. Für Torsten Sträter, der für Anfang 2021 vorgesehen ist, gibt es bereits keine Tickets mehr. „Wir verkaufen sogar schon jetzt die Karten für seinen Auftritt 2022“, sagt Lins.

Auch für Markus Krebs im September, der ausverkauft ist, gibt es derzeit noch keine andere Lösung als die Verschiebung. Doch solche Verschiebungen blocken damit bereits die nächste Saison – Einnahmeausfälle sind also programmiert. Der Ringlokschuppen bietet dennoch bewusst keine Gutscheine an, sondern erstattet auf Wunsch den Ticketpreis zurück. Man hofft damit, weiterhin Vertrauen bei den Gästen aufzubauen, das nun auch wieder Shows buchen kann und soll.