Mülheim. Eine Reichskriegsflagge in einer Mülheimer Kleingartenanlage hatte Empörung ausgelöst. Nun ist das Fahnenhissen in Parzellen verboten.
Eine Straftat war es nicht, doch hat das Hissen einer Reichskriegsflagge in einem Mülheimer Kleingarten im April für scharfe Konsequenzen gesorgt: Ab sofort dürfen Kleingärtner keine Fahnenmasten mehr in ihren Parzellen aufstellen.
Reichskriegsflagge in Mülheimer Kleingartenanlage sorgte für Eklat
Mitte April war der Fraktionssprecherin der Grünen, Franziska Krumwiede-Steiner, die schwarz-weiß-rote Fahne mit Eisernem Kreuz auf der Anlage an der Härlestraße in Holthausen aufgefallen. Verärgert wendete sie sich an den Kleingartenverein: „Ich wohne am William-Shakespeare-Ring und finde es unerträglich, dass hier in unserer Nachbarschaft eine Nazi-Fahne gehisst werden darf.“
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Krumwiede-Steiner schaltete Polizei und Ordnungsamt ein. Die Beamten sahen sich die Flagge an, konnten jedoch keine Straftat feststellen, denn verboten war diese Flaggen-Variante nicht. Und Georg Bernau, der Vorsitzende des Kleingartenvereins, sagte: „Wir können es den Leuten nicht verbieten, sie aufzuhängen.“
Mülheimer Kreisverband verbietet Errichten von Fahnenmasten
Nun kann – und muss – er doch. Denn der Mülheimer Kreisverband der Kleingärtner hat sich entschieden, seine Garten- und Bauordnung zu ergänzen: „Um Belästigungen anderer Pächter zu vermeiden und den Gesamteindruck der Kleingartenanlage nicht zu beeinträchtigen, ist die Errichtung und der Betrieb von Fahnenmasten innerhalb der Pachtparzelle verboten“, heißt es nun in Paragraf 2.1. Erlaubt bleiben Fahnen auf Gemeinschaftsflächen in den Anlagen.
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„Aufgrund des Unmuts waren wir leider dazu gezwungen“, begründet Vereinsvorsitzende Hildegard Wagner den neuen Passus. Denn schon häufiger habe es Schwierigkeiten wegen Flaggen gegeben: Da hing die Fahne mit dem Gesicht des türkischen Präsidenten Recep Erdogan in der Nähe der kurdischen Flagge. Oder die russische in derselben Anlage wie die ukrainische Fahne. Oder ein Pächter konterte die BVB-Banner mit drei Schalke-Wimpeln.
Kreisverband sah politische Neutralität in Gefahr
Manche Nachbarn fühlten sich belästigt, es gab Unfrieden in den Kleingartenanlagen. Aufgrund ihrer „optischen Wirkung“ lösten die Fahnen „wegen der weithin sichtbaren Außenwirkung eine erhebliche Unruhe in der Bevölkerung aus“, heißt es in einem Schreiben, dass der Verband an alle Kleingarten-Vorstände geschickt hat. Und weiter: „Vereinsmitglieder, Nachbarn, Spaziergänger fühlen sich durch den Anblick provoziert und belästigt.“
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„Wir sind politisch neutral“, sagt Hildegard Wagner. Ein Grundsatz, der nicht mehr durchzuhalten ist, wenn Parzellenpächter Stimmung via Beflaggung machen. „Ist doch erlaubt“, „ist kein politisches Symbol“ oder „das ist Satire“ waren einige der Argumente der Kleingärtner pro Fahne. „Ich kann nicht nur eine Flagge verbieten, die eigentlich nicht strafbar ist, und andere hängen lassen“, sagt Wagner.
Flaggen in Kleingartenanlagen eigentlich ohnehin nicht zulässig
Den Vereinsfrieden wahren
Theoretisch wäre das Aufhängen von Flaggen ohne Fahnenmast noch erlaubt. Doch Hildegard Wagner hofft auf das Verständnis der Pächter. „Wir machen das ja, um den Vereinsfrieden zu erhalten“, sagt sie.
Wer den stört, dem könne sein Pachtvertrag gekündigt werden. Der Verband wolle nun aber „nichts übers Knie brechen“. Die Pächter sollen genügend Zeit bekommen, um ihre Masten abzubauen. Für mögliche Konflikte zwischen Vereinsvorständen und Pächtern stehe ein Schlichtungsausschuss zur Verfügung.
Mit der Stadt als Eigentümerin des Landes hat sich die Verbandsvorsitzende abgesprochen. Die allerdings, so Umweltamtsleiter Jürgen Zentgraf, habe keinen Einfluss auf die Entscheidung, der Kreisverband könne sie alleine treffen. „Wir haben sie zur Kenntnis genommen.“ Auch Rechtsberatung hat sich Hildegard Wagner gesucht, hat sich dort versichern lassen: „Wir dürfen das.“ Eine Klage sei zwecklos, auch wenn ein Kleingartenverein schon Widerstand angekündigt hat.
Dass diese Entscheidung dem Verband nicht leichtfiel, merkt man Hildegard Wagner an. Doch eigentlich seien Fahnenmasten als „bauliche Nebenanlage“ laut Bundeskleingartengesetz ohnehin nicht zulässig. Seit Jahrzehnten wurden sie Mülheim allerdings geduldet – der Eklat um die Reichskriegsflagge hat diese stillschweigende Billigung nun beendet.