Mülheim. Rondo oder Madame Verte – Mülheimer Kleingärtner haben eine Initiative für alte Obstsorten ergriffen. Jetzt wurden zahlreiche Bäume gepflanzt.
Miriam Hardenberg sticht den Spaten tief in den Boden. Das ausgegrabene Loch wird die Heimstätte für eine Neupflanzung, einen Mirabellenbaum. Außer ihr packen noch rund dreißig weitere Mitglieder des Kleingärtnervereins an der Römerstraße kräftig an und pflanzen alte Obstgehölze in den Boden.
Man ist an diesem Samstagvormittag so gut wie durch mit der Pflanzaktion. „Das ist der vorletzte Baum“, sagt Miriam Hardenberg erleichtert. 21 Säulen, Halb- und Hochstämme hat man bereits in die Erde gesetzt. Carsten Scharwei, Vorstandsmitglied des Kleingärtnervereins, und Klaus Sinoradzki vom Mülheimer Kleingärtnerkreisverband beschließen den Reigen an diesem Tag mit dem Einpflanzen einer Hauszwetschge.
In Vergessenheit geratene Sorten wurden gepflanzt
Es sind allesamt alte Obstsorten wie Rondo, Madame Verte oder Prinzenapfel, die die Kleingärtner ausgewählt haben. Aber nicht nur Äpfel-, Birnen-, Kirsch- und Pflaumenbäume sollen demnächst reichlich Ernte bringen: „Wir haben auch zwei Mispelstämme gepflanzt, deren Früchte ja heute kaum einer mehr kennt“, berichtet Scharwei.
Mit ihrer Maßnahme möchten die Kleingärtner die in Vergessenheit geratenen Sorten wieder bekannter machen. „Im Supermarkt bekommt man zum Beispiel nur Golden Delicious oder Pink Lady“, so Scharwei. Die alten Sorten hätten zwar ihre Makel und sähen nicht so schön aus wie die Früchte in den Obstregalen. Doch dafür bieten sie einen großen Vorteil: „Sie sind wesentlich resistenter gegen den Befall von Pilz und Schädlingen“, erklärt Scharwei.
„Wir wollen in kleinen Schritten immer mehr für die Umwelt und die Natur tun“
Dadurch falle der Einsatz von Pestiziden weg und man komme in Zeiten des zunehmenden Insektensterbens dem Trend des naturnahen Gärtnerns entgegen. Dem Natur- und Tierschutz habe man sich an der Römerstraße schon länger verschrieben: „Letztes Jahr haben wir eine Blühfläche und in diesem Jahr eine Totholzfläche für Insekten angelegt“, zählt Scharwei auf. „Wir wollen so in kleinen Schritten immer mehr für die Umwelt und die Natur tun.“
Auf diese Weise möchte man beispielhaft für andere Gartenliebhaber werden. „Wir bringen das Anliegen in den öffentlichen Raum und zeigen, was möglich ist“, betont Scharwei. Die Zeiten, in denen sich Kleingärtner hinter ihren Hecken verstecken, seien vorbei.
Bürger dürfen sich an den Bäumen gerne bedienen
Der Anstoß zu der Aktion kam vom Mülheimer Kreisverband der Kleingärtner. Im Herbst 2018 beschloss man dort, 1000 Euro für die Maßnahme locker zu machen. Durch einen besonderen Umstand konnte die Summe auf 2500 Euro erhöht werden: „Wir haben bei einer Verlosung teilgenommen und gewonnen“, sagt Kreisfachberater Sinoradzki und lacht.
Bis die ersten Früchte tatsächlich gepflückt werden können, wird noch einige Zeit vergehen. „Drei bis fünf Jahre brauchen die Bäume “, vermutet Scharwei. Die Säulengehölze könnten aber im nächsten Jahr vielleicht schon etwas abwerfen. „Dann dürfen sich auch alle vorbeikommenden Bürger hier ruhig bedienen“, lädt der Kleingärtner alle Interessierten zum Obstsammeln ein.