Mülheim. Isolation, Existenznot der Eltern, fehlende Vertrauenspersonen – in Corona-Zeiten steigt die Gefahr für Kinder. Die Stadt Mülheim betreut weiter.
Für viele birgt die Corona-Krise Nöte und Einbußen, doch für Kinder in problematischen Familienverhältnissen kann sie auch zur persönlichen Gefahr werden. Isolation, Existenzsorgen der Eltern, kein soziales Umfeld – wie die Kinder vor Gewaltfaktoren geschützt werden sollen.
„Für die Kinder fällt gerade vieles weg“, sagt Martina Wilinski, Leiterin des Kommunalen sozialen Dienstes (KSD), „das Schulumfeld, Sportvereine, Jugendzentren, Personen, zu denen die Kinder ein Vertrauensverhältnis haben“. Um dieses fehlende Auffangnetz zu kompensieren, halten Stadt und soziale Träger ihre Betreuungsstruktur für Kinder und Familien aufrecht – wegen Corona mit einigen Veränderungen.
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Mülheims Kommunaler Sozialer Dienst betreut weiter persönlich
Etwa 1500 Mülheimer Familien betreut der KSD, der, so lautet die offizielle Beschreibung, die „psychosoziale Grundversorgung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien“ sicherstellt. „Wir sind nach wie vor da“, sagt Martina Wilinski. „Wir betreuen die Risikofamilien, halten den Kontakt.“
Das läuft meist telefonisch, wenn es aber um Kinderschutz oder gar Kindeswohlgefährdung geht, machen die KSD-Mitarbeiter weiterhin Hausbesuche – aber mit Schutzmaßnahmen. „Da hat sich für uns nichts geändert, außer dass die Kollegen nun eine Schutzmaske und Handschuhe tragen.“ Außerdem würden die Familien vorher angerufen, um abzuklären, ob möglicherweise eine Covid-19-Erkrankung besteht.
Potenzial der Gefährdung für Kinder durch Corona-Isolation erhöht
Mehr Meldungen von Kindeswohlgefährdung gebe es nicht, sagt Martina Wilinski. Das könne aber auch daran liegen, dass Kinder zu weniger Menschen Kontakt haben, die eine mögliche Gefahr mitbekommen. „Grundsätzlich ist das Potenzial der Gefährdung derzeit erhöht“, sagt Wilinski. „Unsicherheit gibt es für alle Bürger, aber umso mehr für Familien, die ohnehin isoliert leben oder existenzbedroht sind.“
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Gerade kleinere Kinder, die nicht einfach zum Telefon greifen oder eine Hilfe-Mail schreiben können, die nicht so selbstständig sind, seien besonders schutzbedürftig. Wenn nun der Schulbetrieb hochgefahren wird, rechnet die KSD-Leiterin auch wieder mit mehr Meldungen.
Hinzu kommt, dass nun nicht nur Kinder die Notbetreuung wahrnehmen können, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten, sondern auch solche, bei denen der KSD es für sinnvoll hält, damit sie in ein soziales Gefüge zurückkehren können.
Betreuung auch für Familien mit akuten Fragen
Diana Seeger-Linde begrüßt ausdrücklich, dass grundsätzlich nun mehr Berufsgruppen ihre Kinder in die Betreuung geben können. Sie ist stellvertretenden Leiterin der Abteilung soziale Dienste des Diakonisches Werkes, das knapp 1500 in der OGS an 13 Standorten betreut. Zwar hielten die OGS-Mitarbeiter auch jetzt den Kontakt in die Familien, „aber es ist etwas anderes, wenn die Kinder wieder diese Struktur haben“. Generell sei es gut, wenn mehr Kinder an Gruppenangeboten partizipierten.
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Und es sind nicht nur die Familien, die ohnehin schon betreut werden, die das Diakonische Werk nun ansprechen will. „Wir sind auch offen für andere Familien, die jetzt akute Fragen haben“, sagt Diana Seeger-Linde. Eines der dringendsten Probleme: Was mache ich mit kleinen Kindern, wenn ich im Homeoffice arbeite? Auch da sei der persönliche Kontakt immer möglich, so Seeger-Linde. „Wir machen weiter Face-to-Face-Betreuung – unter Einhaltung der Vorschriften.“