Mülheim. In Mülheim werden 300 Kinder in der Notbetreuung der Kitas und Offenen Ganztagsschulen betreut. Wie Erzieher und Träger die Situation meistern.

Fünf Kinder betreuen Tanja Haberkamp und zwei ihrer Kollegen derzeit im evangelischen Familienzentrum „Kunterbunt“ am Schildberg. 55 Kinder und zwölf Mitarbeiter könnten es sein, hätte die Coronavirus-Krise nicht dafür gesorgt, dass die Kinderbetreuung auf ein Mindestmaß heruntergefahren wurde. „Wir werden wohl auch in die Minusstunden gehen müssen“, sagt die Kita-Leiterin. Denn auch in den Mülheimer Einrichtungen herrscht Ausnahmezustand.

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Drei der fünf Kinder haben Eltern, die beide in unverzichtbaren Schlüsselberufsgruppen arbeiten, zwei weitere sind in der Betreuung dazugekommen, seitdem es ausreicht, dass ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf arbeitet. Durch die neue Regelung ist die Summe der betreuten Kinder in Mülheim gestiegen, von 136 auf aktuell 203. In der Tagespflege sind es aktuell rund 60 Kinder. Die Zahlen können täglich etwas schwanken.

Mülheimer Sozialdezernent: „Eltern gehen behutsam mit Angebot um“

Im Offenen Ganztag an den Mülheimer Grundschulen werden derzeit knapp 100 Kinder betreut, in der vergangenen Woche waren es noch 78. „Die Eltern gehen behutsam mit dem Anspruch um“, sagt Schul- und Sozialdezernent Marc Buchholz. „Nicht jeder nimmt das Betreuungsangebot an, wenn er es auch anders regeln kann.“

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Buchholz ist in regelmäßigem Austausch mit den Trägern, mit den Kita-Leitungen, mit den Schulen. Er dankt den Erzieherinnen und Tageseltern für das besondere Engagement sowie vor allem auch den Betreuern in der OGS, darunter auch Lehrer, die in den Osterferien arbeiten und damit die Betreuung sichern werden. „Diese Situation haben wir alle noch nie gehabt“, sagt Buchholz, „aber es läuft gut“.

Kita-Leiter: „Es ist komisch, wie schnell man sich an den Corona-Alltag gewöhnt“

So erlebt es auch der Kita-Zweckverband des Bistums, Träger von 16 Mülheimer Kitas. „Die Verunsicherung der Eltern hat sich gelegt“, sagt Gebietsleiterin Martina Kiworra. Die Einrichtungen fühlten sich sicher und handlungsfähig, die Kommunikation laufe gut. „Es herrscht eine große Solidarität und die Mitarbeiter ziehen an einem Strang.“

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Auch Chrischan Müller, der den evangelischen Kindergarten Calvinstraße und das Haus Kinderlust leitet, merkt, dass sich die Situation entspannt hat. „Es ist komisch, wie schnell man sich an den Corona-Alltag gewöhnt hat“, sagt Müller. In dieser Woche habe sich die Situation etwas beruhigt, während vergangene Woche noch täglich, manchmal stündlich neue Verordnungen erlassen wurden, sich die Lage ständig änderte.

Kitas sind personell auf möglichen Corona-Fall vorbereitet

An der Calvinstraße betreuen er und zwei Mitarbeiter derzeit vier Kinder, für 40 wäre Platz. Im Haus Kinderlust gibt es momentan keinen Betreuungsbedarf. Seit der neuen Regelung habe sich die Zahl der Kinder „Gott sei Dank“ nicht erhöht. Kämen nun neue Kinder hinzu, sollten sie eigentlich separat von den anderen spielen. „Das könnten wir mit zwei Gruppen und einem Waschraum gar nicht leisten“, sagt Müller.

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Personell allerdings sind die Einrichtungen auf einen möglichen Krankheitsfall oder weiteren Betreuungsbedarf vorbereitet. „Homeoffice im Kindergarten ist schwierig“, sagt Tanja Haberkamp. Trotzdem arbeiten einige Kolleginnen von zu Hause, erledigen dort die Dokumentation und schriftliche Aufgaben. Auch Chrischan Müller könnte Kollegen aus dem Homeoffice holen: „Sie sind zu Hause auf Abruf.“

Nicht vergessen, dass Erzieher systemrelevant sind

Keine Beiträge im April

Die Elternbeiträge in Kitas, Tagespflege und Offenem Ganztag (OGS) werden im Monat April infolge der Corona-Krise landesweit ausgesetzt. Das kündigte Familienminister Joachim Stamp (FDP) am Donnerstag an. Dies sei mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart worden.

Die Ausfallkosten bei den Elternbeiträgen wollen sich Land und Kommunen laut Stamp hälftig teilen. Die Beiträge für die zweite Märzhälfte zu erlassen, sei nicht möglich gewesen.

Viele Eltern spiegeln ihm ihre Sorgen, wie es weitergeht. Denn dass die Maßnahmen am 19. April aufgehoben werden, daran glaubt kaum jemand. „Je länger es dauert, desto größer wird der Unmut“, sagt Müller „und desto mehr Kinder kommen gegebenenfalls auch wieder in die Kita“. Derzeit versuchten die Eltern aber, alternative Betreuungsmöglichkeiten so lange wie möglich auszuschöpfen, wollen ihre Kinder eigentlich nicht in die Kita bringen.

Müller hofft, dass man „besonnen die Kindergärten wieder hochfährt“, wenn es so weit ist. Und dass man auch nach der Corona-Krise nicht vergisst, dass „wir als Erzieher systemrelevant sind“.