Mülheim. Einige neue Läden sind in der Mülheimer Innenstadt gestartet. Sie leiden unter der Corona-Zwangspause besonders - aus unterschiedlichen Gründen.

Voller Elan haben engagierte Leute in der Mülheimer Innenstadt neue Läden eröffnet. Die Corona-Krise wirft sie jetzt weit zurück, und ein Ende kann noch niemand absehen. Drei Beispiele.

Am Dienstagnachmittag hat Julian Schick seinen Laden "Good Life" am Kohlenkamp geschlossen. "Schweren Herzens", wie er auf einem handgeschriebenen Zettel hinter der Scheibe notiert. Schick ist erst im August an die neue Adresse gezogen, zunächst für drei Monate in Form eines Pop-up-Shops, danach entschloss er sich, zu bleiben.

Mit dem Vermieter "humane Konditionen" ausgehandelt

Zuvor hatte er seine individuellen Lichterketten und Trendartikel jahrelang am Dickswall angeboten. Am Kohlenkamp habe er mit dem Vermieter eigentlich "humane Konditionen" aushandeln können, berichtet Schick. "Ich bin in Mülheim nicht mehr so risikobereit." Jetzt, nach der Schließung, überfordert ihn selbst das.

Wie geht es weiter? "Gute Frage." Julian Schick will sich an die Mülheimer Wirtschaftsförderung wenden, die das Pop-up-Projekt begleitet hat, möchte dort Informationen bekommen, welche Möglichkeiten der Unterstützung es gibt. "Das Schlimmste ist, dass niemand weiß: Wie lange dauert es? Welche Einbußen haben wir bis dahin?"

Auf gute Umsätze folgt "ein tiefes Loch"

Sein Online-Geschäft, mit dem er ursprünglich gestartet ist, läuft weiter, aber auch nur "stark eingeschränkt". Schick lässt seine Produkte in den Franz-Sales-Werkstätten in Essen fertigen. Dort wurden alle Beschäftigten mit Behinderung freigestellt. Es ist kaum noch jemand da, der Aufträge bearbeiten kann.

Bis Corona dazwischen kam, sei sein Geschäft am Kohlenkamp erfolgreich gelaufen, sagt Schick. "Jetzt geht es von guten Umsätzen auf null. Das schubst mich umso mehr in ein tiefes Loch."

Gleich gegenüber macht das "Urban Mining" Zwangspause, ein Upcycling-Laden, in dem aus weggeworfenen Dingen originelle Möbel und Deko-Artikel gebaut werden. Das Diakoniewerk Arbeit und Kultur hat dieses Geschäft im Oktober gestartet und vor wenigen Tagen, wie alle seine Einrichtungen, auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Langzeitarbeitslose wurden nach Hause geschickt

Das kleine Team besteht aus Langzeitarbeitslosen, darunter gelernte Handwerker, die hier ihre Sozialhilfe etwas aufstocken können. Ihre Situation bedauert der Geschäftsführer des Diakoniewerks, Ulrich Schreyer, besonders: "Wir mussten sie alle nach Hause schicken."

Insgesamt verlieren beim Diakoniewerk rund 130 Menschen, die in verschiedenen Maßnahmen beschäftigt sind, ihre Arbeit. In der Regel bekommen sie laut Schreyer 1,50 Euro pro Stunde, sind höchstens 30 Stunden pro Woche im Einsatz. Sie verdienen also maximal 180 Euro nebenher, doch für viele ist das ein Betrag, den sie dringend benötigen, mit dem sie fest rechnen.

"Leuten, die am wenigsten haben, wird das Geld weggenommen"

Jetzt fällt diese "Mehraufwandsentschädigung", wie es amtlich heißt, weg. Ein Ausgleich, etwa durch die Sozialbehörden, ist nicht vorgesehen. Schreyer findet das erschütternd: "Den Leuten, die am wenigsten haben, wird das Geld weggenommen."

Unter völlig anderen Rahmenbedingungen betreiben drei junge Frauen seit Mitte Januar den Unverpacktladen "Püngel & Prütt" am Löhberg. Sie haben ihn mit Hilfe einer Crowdfunding-Kampagne realisiert. Ein Café gehört dazu, dort wollen sie es vorerst mit den verkürzten Öffnungszeiten bis 15 Uhr versuchen. Frühstück ist schon gestrichen, das Speisenangebot reduziert. "Wir müssen gucken, ob sich der Cafébetrieb jetzt überhaupt noch lohnt", sagt Lara Weyers, eine aus dem Gründerinnen-Trio. Grundsätzlich hätten sie aber schon auf diese Einnahmen gesetzt.

Unverpacktladen bleibt geöffnet, weil es dort Lebensmittel gibt

Das Geschäft selber darf bislang geöffnet bleiben, weil dort auch Lebensmittel verkauft werden. Die Inhaberinnen hoffen, dass sie so die Verluste etwas abfedern können. Sechs Leute haben sie inzwischen angestellt, "auch sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die davon leben", erläutert Weyers. "Noch sind wir guter Dinge. Aber es wird für uns alle sehr schmerzlich werden."

STADT WILL DURCHGREIFEN

Die Stadt Mülheim hat Kontrollen der Corona-Schutzmaßnahmen angekündigt. Auch Bürger sollen Verstöße melden, besonders mit Blick auf Kneipen oder Cafés.

So heißt es auf der städtischen Homepage: "Wenn Sie volle Gastronomiebetriebe oder Ansammlungen großer Menschengruppen feststellen, dann melden Sie diese bitte unter 0208 / 455-3275."