Essen. Viele Angehörige waren irritiert, weil die Behindertenwerkstätten in Essen trotz Corona-Krise weiter arbeiteten. Nun hat das Land reagiert.

Während die Schulen und Kitas seit Wochenbeginn geschlossen sind, waren die Behinderten-Werkstätten bis Dienstag noch geöffnet. Bei Angehörigen hatte das für Irritationen gesorgt. „Ich kann nicht verstehen, warum sich Menschen mit Behinderungen, die vielleicht nicht so gut für ihre Belange kämpfen können, einer Ansteckung mit dem Coronavirus aussetzen sollen", sagt etwa Gudrun Krebsbach, deren 33-jähriger Sohn in einer Werkstatt der Gesellschaft für soziale Dienstleistungen (GSE) arbeitet. Nun hat das Land reagiert und am Dienstagabend die Schließung der Werkstätten angeordnet.

Das gelte für alle mit Ausnahme jener Personen, „deren Betreuung weiter gewährleistet sein muss“, teilt das NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit. Die Schließung der Werkstätten und Tagesstätten für Menschen mit Behinderungen werde zunächst auf viereinhalb Wochen angesetzt, „um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen“, teilt der Landschaftsverband Rheinland mit, der Auftraggeber der Werkstätten ist.

Franz-Sales-Haus hat die Werkstätten sofort geschlossen

Das Franz-Sales-Haus hat die am späten Dienstagabend veröffentlichte Weisung sofort umgesetzt, die Werkstätten am Mittwoch geschlossen und versucht, alle 794 betroffenen Menschen mit Behinderung zu erreichen. Die 253 nicht behinderten Mitarbeiter nahmen all jene in Empfang, die sich dennoch auf den Weg gemacht hatten.

„Es wird auch weiter eine Notfallbetreuung geben“, versichert Valeska Ehlert, Sprecherin des Franz-Sales-Hauses. Das gelte etwa für Betroffene, die bei Angehörigen leben, die in der Pflege, bei Feuerwehr oder Polizei arbeiten. Denn die können aktuell nicht zu Hause bleiben und die Betreuung selbst übernehmen.

Der Hofladen verkauft weiter, so lange es frische Waren gibt

Viele Wohngruppen werden sonst erst ab nachmittags betreut, weil die Bewohner dann von der Arbeit zurückkehren. „Da setzen wir nun die Mitarbeiter aus den Werkstätten zur Unterstützung ein“, kündigt Valeska Ehlert an. Außerdem werde man die hauseigene Bäckerei und die Wäscherei offenhalten, weil sie der Selbstversorgung dienen. Auch der Klosterberghof werde weiter betrieben: „Der Hofladen verkauft, so lange wir frische Waren haben.“

Solche Ausnahmen soll es auch bei der GSE geben, sagt Geschäftsführer Heribert Piel. „Unsere Werkstätten nähen ja Atemschutzmasken für die Stadt.“ Alle anderen Werkstätten sollten im Laufe des Mittwochs „runtergefahren werden“. So habe man einen Fahrdienst organisiert, um nicht-mobile Betroffenen nach Hause zu bringen. Auch bei der GSE werde es eine Notbetreuung geben. „Das behinderte Kind der Krankenschwester kann zum Beispiel weiter in die Werkstatt kommen.“

Die meisten der 1700 Mitarbeiter mit Behinderung sollen aber aktuell nicht zur Arbeit gehen. Gudrun Krebsbach sagt, ihr Sohn werde in der Wohngruppe sehr gut betreut. „Darum bin ich dankbar für die Entscheidung des Landes.“