Mülheim. Wahlkampf und Kampagnen managen, auch an Wochenenden – und das auf 450-Euro-Basis? Eine Stellenausschreibung der Mülheimer Grünen erntet Kritik.
„Wir suchen Dich als Wahlkampfmanager*in“ – für den heißen Kommunalwahlkampf von Juli bis September brauchen die Mülheimer Grünen reichlich Unterstützung: Kampagnen müssen geplant, Helfer koordiniert und alles öffentlichkeitswirksam verpackt werden. Entsprechend hoch liegt die Latte für die Wahlkampfziele, bei der Vergütung jedoch hat man sich offenbar auf einen Limbo vorbereitet. Stundenlohn: zehn Euro.
Auf 450-Euro-Basis ist die Stelle ausgeschrieben, knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn, derzeit bei 9,35 Euro, hat man die Vergütungslatte angesetzt. Dabei hatten die Grünen selbst auf ihrem Bundesparteitag eine Erhöhung auf zwölf Euro gefordert. Wird man den eigenen Ansprüchen hier nicht gerecht?
Mülheimer Grünen-Sprecherin Rose: „Formulierung ,Manager’ ist missverständlich“
Zumindest, was die Aufgaben und die Qualifikation betrifft, kann man das nicht sagen: Management der Wahlkampflogistik, Koordination der Aktiven und Freiwilligenansprache, Koordination der Stände und Aktionen, Planung und Organisation von Veranstaltungen und Aktionen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sind nur einige Dinge, die der Wahlkampfmanager zu erledigen hat.
Parteisprecherin Kathrin-Rosa Rose überrascht die Kritik an der ausgeschriebenen Stelle nicht: „Ich habe sie auch schon bei uns gehört. Die Formulierung ,Manager’ ist etwas missverständlich“, räumt Rose ein. Gemeint sei jedoch eher eine studentische Hilfskraft, „und keiner, der den Wahlkampf schmeißt. Wir nennen es Manager, weil es den Begriff Wahlhelfer bei uns nicht gibt“. Und ebenso das Wort „studentisch“ habe man vermieden, damit sich etwa auch Frauen, die wieder in den Beruf einsteigen wollen, angesprochen fühlen.
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Grüner Parteivorstand hält die Vergütung für angemessen
Nur so schrieb man die Stelle gerade nicht aus. „Nach Möglichkeit“ eine abgeschlossene Berufsausbildung oder Bachelor sind im Profil gewünscht. Erfahrung in Wahlkampf- und Kampagnenplanung, Kenntnisse der bundesgrünen Politik und Strukturen, Büroorganisation, Office, WordPress – und die Bereitschaft, an Abenden und Wochenende zu arbeiten.
Das klingt nach viel Verantwortung für kleines Geld. „Es ist aber eine unterstützende Tätigkeit“, betont Vorstandssprecherin Rose, die die Vergütung für angemessen hält. „Wir haben uns vorher erkundigt, was etwa Studenten und geringfügig Beschäftigte in der Regel verdienen.“
Kommunalwahlkampf ist für kleine Parteien eine Herkulesaufgabe
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Der Kommunalwahlkampf ist zumindest für vergleichsweise kleine Parteien wie die Grünen eine Herkulesaufgabe, denn mit weniger Mitgliedern haben sie auch geringere Einnahmen. Fünf Euro zahlen Mitglieder der Grünen regulär monatlich in die Kasse des Kreisverbands – 180 Mülheimer sind es. Hinzu kommen 75 Prozent der Aufwandsentschädigungen für sechs Mandatsträger im Rat der Stadt.
Parteien mit mehr Mitgliedern und mehr Fraktionssitzen stehen oft mehr Mittel zur Verfügung. Im Vergleich: Die SPD hat rund 1400 Genossen in Mülheim und 19 im Rat. Und damit umfangreichere Strukturen. So argumentiert auch Rose: „Wir können uns zum Beispiel keine Parteigeschäftsführung in Vollzeit leisten, der die Organisation etwa von Wahlkämpfen übernehmen kann, und müssen stärker über ehrenamtliche Arbeit gehen.“
Die meiste Wahlkampfarbeit leisten Ehrenamtliche
Einen Vorteil großer Parteien sieht auch SPD-Geschäftsführerin Ivonne Hartig, denn in der Regel verfügen sie über mehr Personal und bessere Finanzen. Das Wahlkampfmanagement für die Genossen jedoch wird ehrenamtlich von MdB Arno Klare übernommen, der selbst Parteigeschäftsführer war.
Der SPD stehen zudem mit Hartig eine vom Land bezahlte Geschäftsführung bereit sowie eine halbe vom Kreisverband bezahlte Stelle und zehn ehrenamtliche Kräfte für die Wahlkampfleitung. Die halbe Stelle erhalte eine Vergütung von 13,63 pro Stunde, sagt der Parteivorsitzende Rodion Bakum, „denn wir wollen schließlich im eigenen Laden vorleben, was wir fordern: eine anständige und gerechte Entlohnung“.
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Kreisgeschäftsführer von CDU und SPD werden vom Land finanziert
Ähnlich sind die Strukturen auch bei der CDU. Zwei Teams von Ehrenamtlichen – eines für die OB-Wahl, das andere für den Rat – werden von der CDU-Kreisgeschäftsstelle unterstützt. Geschäftsführer Thomas Mehlkopf-Cao wird wie die SPD-Kollegin von der Landespartei finanziert. „Das meiste macht aber auch bei uns die ehrenamtliche Arbeit aus“, sagt der Geschäftsführer. Studentische Hilfskräfte für die Wahl erhielten eine Vergütung von zehn bis zwölf Euro.
Die Finanzierung der Kreisverbände ist auch bei den beiden großen Parteien unterschiedlich: 1400 Genossen zahlen monatlich je fünf Euro in die Parteikasse, mindestens aber 2,50 Euro. Von ihren Aufwandsentschädigungen geben die Mandatsträger etwa 30 Prozent ab. Die CDU ist rund 650 Mitglieder stark, die wenigstens sechs Euro monatlich abtreten. Mandatsträger sind mit 25 Prozent ihrer Aufwandsentschädigungen dabei. Beide Parteien erhalten ebenso Spenden