Mülheim. 136 „Mobile Retter“ sind nun in Mülheim im Einsatz. Sie werden im Notfall per App alarmiert und können so schneller vor Ort erste Hilfe leisten.

In Mülheim sind nun offiziell auch „Mobile Retter“ im Einsatz. Über eine App werden qualifizierte Ersthelfer benachrichtigt, wenn in ihrer Nähe ein Mensch einen Herz-Kreislauf-Stillstand erleidet oder bewusstlos zusammenbricht. Denn dann zählt jede Sekunde.

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Benedikt Wrobel steht konzentriert an seinem Arbeitsplatz in der Leitstelle der Mülheimer Feuerwache und beobachtet die Bildschirme. Schon oft hat er eine Telefonreanimation geleitet, also Menschen ohne medizinische Qualifikation geholfen, Wiederbelebungsmaßnahmen durchzuführen, bis Sanitäter und Notarzt eintreffen. Denn je länger das Gehirn bei einem Herzstillstand ohne Sauerstoff bleibt, desto schlechter stehen die Überlebenschancen.

Mit dem neuen System ist Hilfe schneller vor Ort

Mit dem „Mobile-Retter-System“, das jetzt in Mülheim scharf geschaltet wurde, können die Mitarbeiter für noch schnellere Hilfe sorgen. „Bei einem Notruf mit dem Stichwort ‘bewusstlose Person’ kommt jetzt zusätzlich die Anfrage, ob ich einen mobilen Retter informieren kann“, erklärt Wrobel das Prozedere. „Das System ortet sofort in einer Echtzeitanalyse mit Hilfe von Google Maps registrierte Ersthelfer, die sich in unmittelbarer Nähe aufhalten und zeitnah Hilfe leisten können.“

Dass solche Notfälle ein Wettlauf mit der Zeit sind, weiß auch Thomas Franke. Der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes freut sich deshalb, dass das System auch in Mülheim an den Start gegangen ist. „Immer noch sterben etwa 70 Prozent der Patienten mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand, weil ihr Gehirn zu lange ohne Sauerstoff war“, so Franke. „Durch die ‘Mobilen Retter’ können wertvolle Minuten gewonnen und damit viele Menschenleben gerettet werden.“

Notfälle sind Wettlauf mit der Zeit

Vom Notruf bis zum Patienten würde nämlich in der Regel eine Zeit von rund neun Minuten verstreichen. Zu viel Zeit für einen Menschen, der einen Herzstillstand hat. Die Ersthelfer der Initiative hingegen seien mit einer durchschnittlichen Eintreffzeit von rund vier Minuten deutlich früher vor Ort. In Mülheim sind im Rahmen der gemeinnützigen Initiative ab sofort 136 ehrenamtliche, medizinisch qualifizierte Ersthelfer im Notfall erreichbar.

Bereits jetzt sei Mülheim damit flächendeckend gut aufgestellt. Insgesamt wird die Zahl von 400 ehrenamtlichen Rettern angepeilt. Qualifizierte Ersthelfer sind etwa Ärzte, Krankenpfleger, Feuerwehrleute. Aber auch Altenpfleger, Mitarbeiter von Arztpraxen oder Rettungsschwimmer können sich die App herunterladen und sich registrieren lassen.

Jens Ohligschläger, Projektkoordinator der Feuerwehr, zeigt sich beeindruckt davon, wie viele Helfer schon zu Beginn des Projektes mit am Start sind. „Die Motivation der Kollegen freut mich sehr.“

Wunsch nach mehr Zivilcourage ist groß

Auch wenn der Wunsch nach mehr Zivilcourage in der Bevölkerung groß ist, wird die Initiative der „Mobilen Retter“ zunächst nur qualifizierte Ersthelfer mit ins Boot holen. „Natürlich sollte eigentlich jeder Bürger in der Lage sein, im Notfall zu reagieren und Wiederbelebungsmaßnahmen durchzuführen“, sagt Jens Ohligschläger.

„Neben Fachwissen ist in solch einer Situation auch psychische Stärke gefragt.“ Wiederbelebung sei eine große mentale Herausforderung, der nicht jeder gewachsen sei. Deshalb gehe das System zunächst nur mit qualifizierten Ersthelfern an den Start.

Rettungssanitäterin hat sich als „Mobile Retterin“ registrieren lassen

Anna Sophia Keil (20) hat sich als Mobile Retterin registrieren lassen.
Anna Sophia Keil (20) hat sich als Mobile Retterin registrieren lassen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Für Anna-Sofia Keil war es selbstverständlich, dass sie sich als „Mobile Retterin“ hat registrieren lassen. Die 20-jährige Mülheimerin macht derzeit eine Ausbildung zur Chirurgisch-technischen Assistentin, berufsbegleitend hat sie bei den Johannitern die Ausbildung zur Rettungssanitäterin durchlaufen und engagiert sich ehrenamtlich.

„Als ich von der Initiative gehört habe, habe ich mich sofort gemeldet und den Lehrgang absolviert, sodass ich ab sofort zur Verfügung stehe“, sagt die junge Rettungssanitäterin, die noch in diesem Jahr nach Abschluss ihrer Ausbildung ein Medizinstudium beginnen möchte. „Es war schon immer mein großes Ziel Ärztin zu werden und Menschenleben zu retten.“