Mülheim. Mülheims Stadtrat hat den Betrieb des Flughafens bis 2034 garantiert. Es ist nicht der Ausstieg vom Ausstieg, aber eine klare Kampfansage.
Hü-hott, hü-hott, Mülheim macht den Flughafen (wieder) flott. Mal abgesehen von den unendlichen Wirrungen und Irrungen rund um Mülheims Nahverkehr ist der Flughafen Essen-Mülheim Garant für eine nie enden wollende Debatte über dessen Sinn oder Unsinn. Am Donnerstag hat der Stadtrat erneut eine Kehrtwende eingeleitet, wenn vorerst auch nur in Ansätzen ersichtlich.
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Der 8. Juli 2010 war ein bemerkenswerter Tag. Nicht nur, dass Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld und ihre SPD mit voller Wucht ihre Grenzen aufgezeigt bekamen. Nur die FDP stand seinerzeit noch auf der Seite der Sozialdemokraten. Der Rest des Stadtrates, allen voran CDU, MBI und Grüne, setzte per Antrag unter dem unscheinbaren Tagesordnungspunkt 13.3 den Flughafen-Ausstieg durch.
Rechtliche und finanzielle Nebenwirkungen bleiben unklar
Es war damals ein Pauken-, ein Donnerschlag. Zehn Jahre später liegt immer noch kein klares Konzept vor, wie der Ausstieg vonstatten gehen sollte. Der Masterplan-Prozess zur Entwicklung der Flughafen-Fläche dümpelte in den vergangenen Jahren vor sich hin. Hinter den Kulissen wurde gebremst, gebremst, gebremst. Weil viele sich doch noch nach dem Strohhalm sehnten, den sie ergreifen wollten, um die Sache rückgängig zu machen.
Die Chance war jetzt gegeben, da mit dem BAMH und dem Bündnis für Bildung eine politische Mehrheit zusammen war für eine Kehrtwende. Und es wurde wieder kräftig getrickst: Die Grundlagen für den Beschluss, rechtliche und finanzielle Nebenwirkungen, sind nicht transparent dargelegt worden.
Viele Fragen sind ungeklärt
Eine Garantie für einen Flughafenbetrieb bis 2034, dazu eine Pachtverlängerung für das Luftschiff-Unternehmen WDL bis 2034. So weit, so bemerkenswert. Der Stadtrat gab der Stadtverwaltung darüber hinaus aber auch freie Hand bei der Ausgestaltung des Pachtvertrages, inklusive frei bestimmbarer Verlängerungsoption. Das ist schon ein Ding, dass die Politik ihre Gestaltungskraft komplett abgibt, sich so auch ihrer Kontrollmacht entledigt.
Dabei blieben am Donnerstag wesentliche Fragen unbeantwortet. Es darf insbesondere auch die Steuerzahler interessieren, welche Investitionen möglicherweise nötig werden, wenn der Flughafen zehn Jahre länger betrieben wird. Lassen sie sich noch amortisieren? Auch wäre es einmal dringend erforderlich, dass öffentlich gemacht wird, wie der Flughafen künftig mit weniger (am besten: gar keinen) Subventionen auskommen könnte.
Wegducken wäre jetzt feige
Es ist am Donnerstag nicht der Ausstieg vom Ausstieg beschlossen worden, aber das Signal ist deutlich: Es wird ein Kräftespiel der Interessen werden, ob der Flughafen-Ausstieg 2034 tatsächlich kommt. Es muss ein Wahlkampfthema werden, wegducken wäre jetzt feige. Offen Fragen sind beherzt zu diskutieren. Was sich am Flughafen tun wird, ist eine zentrale Frage der Stadtentwicklung.
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Da wird sich insbesondere auch die CDU klarer als bisher positionieren müssen. Die innerparteiliche Willensbildung wirkt zweierlei gehemmt. Einerseits ist sich die Fraktion intern nicht einig, ob es mit Blick auf die Entwicklungen der Flugtechnik nicht doch Sinn machen könnte, den Flughafenbetrieb fortzuführen. Andererseits ist die CDU mit ihrer gemeinsamen OB-Kandidatin eine Eheverpflichtung mit den Grünen eingegangen, deren Position nur allzu klar ist. Irgendwann einmal wird auch die CDU mal klare Kante zeigen müssen.
Die SPD hat jetzt einen Ratsbürgerentscheid zur Flughafen-Zukunft ins Spiel gebracht. Warum eigentlich nicht den Bürgern die Entscheidung geben? Die Politik hat es schließlich jahrzehntelang nicht geschafft, sich aus dem Herumeiern zu befreien, das mit ein Grund ist für die Defizite, die der Flughafen macht.