Mülheim. „Masterplan – nicht mit uns“, stimmten 50 Schüler und Eltern beim Protestzug durch Saarn an. Wie das beschauliche Dorf auf die Bewegung reagierte.

„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns den Auberg klaut“ – Veteranen der Fridays-for-Future-Bewegung haben die Variante direkt bemerkt, andere schauen sich fragend an: Diesmal sind rund 50 Schüler mit einigen Eltern nicht nur fürs Klima, sondern konkret für den Erhalt des Saarner Aubergs auf die Straße gegangen. Und natürlich in Saarn. Das sorgt für latente Nervosität im beschaulichen Dörfchen.

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Augenscheinlich reserviert werden die „Klima-Demonstranten“ hier von manchen empfangen, auf vernagelte Schaufenster hatte die Händlerschaft zumindest verzichtet. Manches Geschäft aber hat die Mittagspause angesichts der Demo vorgezogen. Und ein durchaus stattliches Aufgebot von drei Polizeiwagen geleitet die laute, wenn auch bescheidene Schar der Protestierenden sicher durch die ungewöhnlich leere Dorfstraße. Sie polstert die Demo nebenbei optisch mit Personal und Blaulicht etwas auf. Notwendig soll es zudem sein, denn Fridays-for-Future wandern auch über die verkehrsreiche Kölner Straße und Straßburger Allee.

Auberg-Initiative hat noch nicht genügend Stimmen mobilisiert

Neugierige Nasen hinter den Schaufenstern, verwunderte Blicke – wer in Geschäften nachfragt, stößt durchaus auf Sympathie und Verständnis. „Ich finde es gut, dass die Bewegung auch in die Stadtteile geht“, meint etwa Eva Waldschmidt von Theiles Theehaus. Das Anliegen – den Schutz des Aubergs, wo nach Vorstellung der Wirtschaftsförderung künftig zehn Hektar für Gewerbe genutzt werden könnten – findet die Mitarbeiterin ebenso wichtig.

Zeugnisvergabe sorgte wohl für weniger Beteiligung

Rund 638 Menschen haben seit dem 18. Januar die Online-Petition „Hände weg vom Auberg“ unterschrieben. Im Vergleich: Die Initiative Fulerumer Feld hatte in derselben Zeit bereits gut 5000 Unterzeichner mobilisiert.

Die Bürgerinitiativen sollen sich stärker zusammenschließen, um vereint gegen das Gewerbeflächenkonzept zu demonstrieren – der Wunsch wurde zur Demo am Freitag laut.

Warum haben sich diesmal weniger Schüler als sonst beteiligt? Hanna Schenck von Fridays for Future hat eine Vermutung: Am Vormittag sind Zeugnisse vergeben worden, die meisten Schüler hatten wohl nach Ende der Schulzeit hauptsächlich eines im Sinn: endlich Freizeit.

Weitere Infos und Petition: www.openpetition.de/petition/online/haende-weg-vom-auberg#petition-main

Doch die bescheidene Schar der Demonstrierenden zeigt auch: Offenkundig hat die frisch gegründete Initiative „Hände weg vom Auberg“ noch nicht genügend mobilisieren können. Sonst wären vielleicht mehr Menschen auf der Straße. „Nicht schon wieder Klima ... – Moment, Auberg? Was passiert denn da? Geht gar nicht.“ So und so ähnlich reagieren Passanten auf die Schilder und die skandierten Botschaften. „Ja, lesen die Leute denn keine Zeitung?“, fragen sich manche Protestierende.

Misstrauen gegenüber der Stadt sitzt seit der VHS tief

Denn das so genannte Gewerbeflächen-Konzept wird in Medien und Gremien seit Wochen kontrovers diskutiert. Der Auberg ist eines von acht Gebieten mit insgesamt rund 220 Hektar, das laut Konzept „eine günstige Lage im Stadtgebiet“ habe und geeignet für „kleinteiliges Gewerbe“ sei. Eine Demonstrantin hat sich den Plan der Wirtschaftsförderung als Schild auf den Rücken geschnallt, „falls jemand fragt“.

„Masterplan - nicht mit uns“, rufen Fridays-for-Future. Wolfgang Seiring, der die Demo unterstützt, ist von dem vorgelegten Konzept der Wirtschaft auch nicht überzeugt: „Bevor man an neue Flächen geht, sollte man die vorhandenen bebauen“, fordert er. Etwa am Hafen, auf dem Tengelmann-Gelände oder bei Mannesmann, aber dort verhandle die Stadt wohl nicht auf Augenhöhe.

Schüler wollen weiter in die Stadtteile gehen und demonstrieren

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Das Misstrauen gegenüber den von der Wirtschaft prognostizierten Gewerbeeinnahmen scheint bei manchen groß. Und auch gegenüber der Stadt: „Die Diskussion um die VHS hat viel Vertrauen kaputt gemacht“, sagt Seiring. Das Gewerbe bringe keine verlässlichen Einnahmen im Gegensatz zu Einkommensteuer und Grundsteuer, glaubt der Demonstrant.

Die Schüler wollen in Zukunft weiter in die Mülheimer Stadtteile gehen und gegen den Masterplan demonstrieren – das wurde am Ende der Aktion noch einmal deutlich: „Wir bleiben laut.“