Mülheim. Wie stichhaltig ist das Flächenkonzept der Wirtschaftsförderung für Mülheim? Hendrik Dönnebrink stellt sich den Fragen einer Bürgerinitiative.

Auch wenn der Wirtschaftsausschuss am vergangenen Dienstag noch keine Entscheidung gefällt hat, welche Grünflächen für neues Gewerbe umgewidmet werden sollen – vom Tisch sind die Vorschläge der Wirtschaftsförderung nicht. Die Bürgerinitiative (BI) Fulerumer Feld sieht dennoch zumindest einen Teilerfolg, „dass das Flächenkonzept nicht uneingeschränkt akzeptiert wurde“, sagt BI-Sprecherin Sabine Gründges.

Neue und vorhandene Flächen sollen nach dem Beschluss des Wirtschaftsausschusses vom 14. Januar anhand eines abgestimmten Kriterienkatalogs überprüft und bewertet werden. Dem Antrag der Bürger, die im Landschaftsschutzgebiet liegenden Flächen Fulerumer Feld, Auberg, Selbeck, Bissingheim und Winkhausen von einer Bebauung bis ins Jahr 2034 auszunehmen, ist damit zwar nicht zugestimmt worden, er wurde aber auch nicht abgelehnt.

Dönnebrink steht Bürgerinitiative schriftlich Rede und Antwort

Ein zweiter Antrag der BI aber zielte auf die Grundlagen des Wirtschaftsflächen-Konzepts von Mülheim & Business: Wie notwendig ist überhaupt ein solcher Ausbau für die Ansiedlung von Gewerbe? Die Antworten zu 16 Fragen legte M&B-Geschäftsführer Hendrik Dönnebrink nun schriftlich vor.

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So hinterfragt die BI etwa, welche Branchen und Unternehmen sich konkret mit welchem Bedarf ansiedeln wollen. Dönnebrink zählt für 2018 rund 183 Gewerbeimmobilien-Anfragen auf. Allein 106 fragten nach unbebauten Gewerbegrundstücken, ein Viertel aus dem verarbeitenden Gewerbe, 19 aus Verkehr und Lagerei, 17 aus dem Bereich sonstiger wirtschaftlicher Dienstleistungen, 14 aus Handel und Fahrzeugreparatur. Schuldig blieb er konkrete Namen und Branchen – „aus Datenschutz- und Vertraulichkeitsgründen“, so Dönnebrink.

Hohe Gewerbesteuer kontra Standortvorteil

Eine weitere zentrale Frage zielt auf die vom Konzept prognostizierten Einnahmen ab: Da Mülheim mit Oberhausen den höchsten Gewerbesteuerhebesatz habe, wie soll die Stadt Gewerbe für sich gewinnen? Aus Sicht von M&B sei die Gewerbesteuer nur „einer von vielen Faktoren“. Dönnebrink sieht für Mülheim einen „Standortvorteil“, weil die Stadt verkehrstechnisch an der Schnittstelle einerseits zu Düsseldorf und Rheinland sowie andererseits zum Ruhrgebiet liege. Die Flächennachfrage von in Mülheim ansässigen Unternehmen zeige zudem, dass viele Unternehmen in der Stadt blieben, sofern sie einen geeigneten Standort finden können.

Entscheidend für die BI ist die Frage nach den tatsächlichen Einnahmen durch Gewerbesteuer. Im Vorfeld zweifelte Sprecherin Sabine Gründges die Prognosen von Mülheim & Business an. Viel Fläche sei nicht gleichbedeutend mit hohen Einnahmen, glaubt die BI durch eigene Zahlen belegen zu können. Zentraler sei dagegen der wirtschaftliche Gewinn des Unternehmens. So kommt die BI für das Jahr 2018 konkret auf 25.000 bis 95.000 Euro Gewerbesteuereinnahmen pro Hektar. Das Konzept hingegen geht pauschal von rund 80.000 Euro pro Hektar aus.

Streitpunkt Gewerbesteuereinnahmen: Realität versus Prognose

Bürgerinitiative bittet Parteien um Stellungnahme

In einem offenen Brief hat die Bürgerinitiative alle Mitglieder des Rates der Stadt, die Beigeordneten Peter Vermeulen und Frank Mendack, die Parteien CDU, SPD, FDP und Grüne, sowie die Oberbürgermeisterkandidatinnen angeschrieben.

Bis zum 31. Januar sollen sie zur Bebauung des Fulerumer Feldes Stellung nehmen. „Unsere 8.500 Unterstützer sind zum größten Teil auch Wähler aus Mülheim. Deshalb werden wir alle gemeinsam ganz genau hinschauen, wer sich hier wie positioniert und Wort hält und wer nicht“, versprechen Florian Scheffler und Sabine Gründges.

Dönnebrinks Berechnungen basieren auf Gewerbesteuereinnahmen aus dem Jahr 2015/16 sowie verschiedenen Studien zu Beschäftigtenzahlen pro Hektar. Ergebnis: Pro Hektar sind 40 Menschen steuerpflichtig beschäftigt, die pro Kopf für Gewerbesteuereinnahmen von 2000 Euro sorgen sollen.

Die Zahlen der BI zeigten, bestätigt Dönnebrink, „dass es bei der Ansiedlung von Unternehmen in neuen Gewerbe- und Industriegebieten wichtig sein wird, auf eine gezielte Durchmischung verschiedener Wirtschaftszweige hinzuwirken“.

Die BI fragt: „Warum soll ausgerechnet ein Landschaftsschutzgebiet mit angrenzendem Naturschutzgebiet geeignet sein, als Gewerbefläche zu dienen?“ Im Ballungskern der Metropole Ruhr seien rund 90 Prozent der Flächen im Freiraum als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen, kontert Dönnebrink: „Neue Nutzungen zum Beispiel für Wohnen, Gewerbe oder Tourismus, sind demgemäß weitestgehend nur in Landschaftsschutzgebieten möglich.“

Für eine gewerbliche Nutzung des Fulerumer Felds spräche aus seiner Sicht, dass es gemäß dem Landesentwicklungsplan einen „räumlichen Zusammenhang zum Siedlungsbereich“ habe und „eine kurze Entfernung zum überörtlichen Verkehrsnetz“.