Mülheim. Wie wird Mülheim dem Klimawandel begegnen? Im Rat soll die Marschroute beschlossen werden. Was die Verwaltung plant und wie sie Bürger beteiligt.

Wie wird Mülheim dem Klimawandel begegnen? Der zweite Extremsommer 2019 hatte die Klima-Debatte in der Stadt bereits angeheizt. Während im vergangenen September 1500 Menschen in der City für mehr Klimaschutz protestierten, hatten sich 40 Bürger im Medienhaus versammelt, um über die „Klimaanpassung“ zu sprechen. Ein Konzept soll nun am 4. Februar im Rat verabschiedet werden. Nicht nur Fridays for Future wird dann genauer hinsehen, ob’s der große Wurf wird.

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Durchaus apokalyptisch liest sich der „Endbericht“ zum „Klimaanpassungskonzept Mülheim an der Ruhr“: Trockenere Sommer sowie intensivere und längere Hitzeperioden, an denen es immer öfter heißer als 30 Grad und nicht kühler als 20 Grad wird, seien zu erwarten. Starkregen treten häufiger und intensiver auf, die Jahresmitteltemperatur steigt bis 2100 um 4 Grad. Trotz der Bemühungen um Klimaschutz seien viele negative Folgen schon heute spürbar und werden sich – davon geht die Verwaltung aus – auch weiter verschärfen.

Maßnahmen 1: Starkregen – Flüsse dürfen sich ausbreiten

Ein Blick von der Ruhr aus (Höhe ehemalige Jugendherberge) auf die Innenstadt in Mülheim. Klimaschutz soll bei der Stadtentwicklung künftig eine maßgebliche Rolle spielen.
Ein Blick von der Ruhr aus (Höhe ehemalige Jugendherberge) auf die Innenstadt in Mülheim. Klimaschutz soll bei der Stadtentwicklung künftig eine maßgebliche Rolle spielen. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Wie will Mülheim darauf reagieren? Nun, zunächst einmal mit Information und Messung von Klimaparametern wie Temperatur, Niederschlag und Wind. Eine noch zu erstellende Starkregen-Gefahrenkarte etwa soll Hauseigentümer bei der Gefahreneinschätzung helfen, andererseits der Stadt zur Entwicklung von Überflutungsschutzmaßnahmen dienen.

So können anhand der Karte die Gefahren durch überlaufende Flüsse – wie jüngst etwa beim Rumbach diskutiert – besser eingeschätzt und Wasserrückhalteflächen umgesetzt werden. Mülheim plant, seine vorhandenen Flüsse so zu renaturieren, dass sie im Starkregenfall mehr Wasser zurückhalten können.

Maßnahmen 2: Hitze – mehr und üppigere Grünflächen

Die Hitzeentwicklung – besonders in den verdichteten Innenstädten und Stadtteilzentren – hat die Verwaltung als Problem erkannt. Mitarbeiter der Kommune behalten dann künftig einen kühleren Kopf. Denn öffentliche Gebäude, in denen sich die Wärme besonders staut, sollen mit Sonnenschutzelementen und Dämmung abgekühlt werden. Bei kommunalen Neubauten will man den Hitzeschutz gleich mit einplanen.

Das „urbane Grün“ auf städtischen Flächen soll gestärkt, Parks aufgewertet und miteinander verbunden werden. In Stadtteilen, die stark bebaut sind und über wenige Grünflächen verfügen, will die Stadt neue Grün-Bereiche schaffen.

Maßnahme 3: Adé Steingarten – Klimaanpassung bei Bauprojekten vorgeschrieben

Die Klimaverträglichkeit von Bauprojekten soll künftig bei allen neuen Planungen und Genehmigungsverfahren geprüft und mit entsprechenden Maßnahmen eingeplant werden. Die Stadt strebt ein einheitliches Verfahren an, etwa eine Checkliste für Planer und Architekten, anhand der die Standards und Kriterien zur Klimaanpassung umgesetzt werden können.

Auf private Haus- und (Stein-)Gartenbesitzer kann einiges zukommen: Die Gestaltung von Vorgärten und Parkplätzen etwa will Mülheim über eine kommunale Satzung vorgeben. „Damit soll die Versiegelung reduziert und sichergestellt werden, dass begrünte Flächen ihren positiven Beitrag zur Kühlung und Regenwasserbewirtschaftung leisten können“, heißt es im Maßnahmenpapier.

Maßnahme 4: Bürger und Wirtschaft müssen ran

Was können die Mülheimer – auch die Mülheimer Wirtschaft – zur Klimaanpassung beitragen? Darüber will die Verwaltung künftig viel stärker informieren. Und sie will Bürger und Unternehmen beteiligen: Sie sollen sich mit eigenen, freiwilligen Maßnahmen einbringen. Eine Online-Plattform soll die bürgerlichen Bestrebungen unterstützen, auf Firmen will die Stadt persönlich zugehen, um „gemeinsam Anpassungsmaßnahmen zu erarbeiten“.

Wem das unverbindlich erscheint: Praktisch will die Stadt als Pilotprojekt ein „Reallabor Broich“ auf die Beine stellen. Das hat zum Ziel, bestehende Gebäude, Straßen und Grünflächen aufzuwerten. Bei den konkreten Maßnahmen dürfen Broicher Bürger und Wirtschaft mitreden.

Mit welchen Mitteln sollen die Ideen finanziert werden? Über Kosten und Fördermöglichkeiten äußert sich das Papier nicht, das im vergangenen Planungsausschuss erstmals der Politik vorgestellt worden ist. Erst nach dem Ratsbeschluss werde die Verwaltung Mittel aus Land und Bund für konkrete Maßnahmen beantragen, So Umweltdezernent Peter Vermeulen bei der Präsentation des Konzeptes in dieser Woche im Planungsausschuss.