Mülheim. . In der Stadthalle sagte der TV-Meteorologe aber, wie wir es werden können. Mülheim will Bürger und Wirtschaft für den Klimaschutz begeistern.

Auch daran kann sich Klimaschutz und Energiewende in unserer Stadt messen: An der Stadthalle gibt es mehrere hundert Parkplätze für Autos, aber die gerade einmal 16 Fahrradfahrer, die am gestrigen Montag zur Auftaktveranstaltung „Energiewende und Klimaschutz“ kamen, mussten diese notgedrungen kreuz und quer abstellen – es stehen hier nur acht so genannte Felgenquetscher zur Verfügung.

Dennoch erlebten gut 300 Gäste einen motivierenden und informativen Aufbruch zu – hoffentlich – einem Wandel und klimabewussten Umgang mit Energie, Wärme und Mobilität. Das zumindest verspricht sich Oberbürgermeister Ulrich Scholten: „Es ist eine Querschnittsaufgabe, die nur gemeinsam gelingen kann“, leitete er die Veranstaltung ein, die bis 2019 das Stadtklima mit Workshops und Aktionen verbessern will.

Plöger: „Wir beschleunigen den Klimawandel“

Einige Schritte hat die Ruhrstadt mit Windkraft und dezentraler Strom- und Wärmeerzeugung schon getan, die Dringlichkeit, den Klimawandel zu stoppen, verdeutlichte aber TV-Wettermann Sven Plöger: Die Erde ist zwar in den vergangenen hundert Jahren um 0,8 Grad wärmer geworden, in den kommenden 100 wird die Temperatur aber um zwei bis vier Grad ansteigen – „50 bis 75 Prozent hat der Mensch dazu beigetragen, wir beschleunigen den Klimawandel“.

Nach Einschätzung des Meteorologen werden die heißen Tage über 30 Grad zunehmen, wenn sich die Mitteltemperaturen erhöhen. Auch die Dauer von extremen Hitze- und Regenperioden kann zunehmen, weil die Luft die Wetterzonen nicht mehr schnell bewegt.

Jeder Deutsche erzeugt mehr CO22 als ein Chinese2

Komplizierte Zusammenhänge? Plöger sieht hier den Grund, warum der Klimaschutz oft so wenig Euphorie versprüht: „Das Wetter können sie unmittelbar fühlen, aber die Statistik über langfristige Prozesse bleibt einem oft abstrakt.“

Hartnäckig halten sich auch die Vorurteile. Zum Beispiel, dass Deutschland schon genug für den Klimaschutz mache, gar Vorreiter sei. Plöger zieht den Zahn: Jeder Deutsche erzeugt durch sein Verhalten rund neun Tonnen CO2 pro Jahr, China dagegen 6,6, die USA 16,2. Zwei Tonnen dürften es nur sein. Eine Frage der Perspektive? „Wir sind nicht die Klimavorreiter, für die wir uns halten“, plädiert Plöger für ein Umdenken und Handeln vor Ort: „Die Summe des lokalen Tuns ist der globale Erfolg.“

HRW-Professor sieht Poternziale bei Wärme und Verkehr

Damit hatte der Meteorologe auch schon das Stichwort für die lokalen Diskutanten geliefert: Professor Robert Schlögl vom Mülheimer Max-Planck-Institut sprach sich für nachhaltige Energiesysteme etwa durch Sonnenenergie und mit geschlossenen CO2-Kreisläufen aus, damit es nicht unkontrolliert in die Atmosphäre gelangt. Wie kann nachhaltige Energie allen verfügbar gemacht, transportiert werden? Aus Schlögls Sicht eine Aufgabe der Politik und Wirtschaft, ein ganzheitliches System auf den Weg zu bringen.

Wo aber sind die lokalen Ansätze? Hier sind die Mülheimer gefragt. Prof. Mark Oelmann von der Hochschule Ruhr-West sieht die größten Potenziale bei der Wärmeerzeugung und -dämmung sowie beim Verkehr. „Die Klimadebatte ist zu sehr von der Stromerzeugung bestimmt, 50 Prozent unserer Energie nutzen wir zum Heizen.“

Was den Verkehr anbetrifft, helfen manchmal wohl kleine Denkanstöße von der richtigen Seite: „Ich habe auf dem Weg zur Stadthalle als Fußgänger lange gebraucht, um über die Kreuzung zu kommen – das müsste man beschleunigen“, merkte Plöger an. Mülheimer nervt die Schaltung schon seit Jahren, OB Scholten: „Ich nehme das auf.“

>> SO SOLL ES WEITERGEHEN

Anika Füger von der Klimaschutzinitiative und Fritz Rettberg (TU Dortmund) stellten den Fahrplan für die Bürger-Workshops vor: Sie sollen von Juni bis Juli 2018 laufen, genaue Zeiten werden bekannt gegeben.

Die Ideen der Bürger und der Wirtschaft werden auf Machbarkeit geprüft. Anfang 2019 gibt’s die Zwischenergebnisse, danach wird die zweite Workshop-Runde eingeleitet.