Mülheim. Lea Machno ist die Frontfrau der Mülheimer Fridays-for-Future-Bewegung. Die 18-Jährige versteht die Politik nicht mehr, bleibt aber optimistisch.

Wie sie im April 2019 genau an das Megafon gekommen ist? Lea Machno muss herzlich lachen und kann es selbst nicht recht erklären. „Mach mal, du bist auffällig“, sagte man der bunten 18-Jährigen: Rote Haare, rasierte Seiten, Sicherheitsnadel im Ohr, Old-School Punk-Look – das passte zum lebendigen, positiven Protest: Machno machte – und wurde die Frontfrau der Mülheimer Fridays-for-Future-Bewegung.

„Dabei bin ich eigentlich ein zurückhaltender, schüchterner Mensch. Mir gefällt der auffällige Stil, weil er mir hilft, mir eine Stimme zu geben. Ich stehe damit für etwas“, erklärt die 18-Jährige. Geboren ist sie in Oberhausen, aufgewachsen aber in Mülheim. 2019 machte sie das Abi am „OP“ (Otto-Pankok), begann kurz darauf ein Studium in Essen: Spanisch und Philosophie – „totaler Bluff“, sagt sie mit entwaffnender Offenheit und einem Lachen. Mal sehen, wohin das führt.

„Ich will mich nicht über die Menschen stellen, ich bin auch nicht perfekt“

Mit zwölf Jahren entschied sie sich für die vegetarische Ernährung – ohne Zwang der Eltern – seit drei Jahren ist sie Veganerin, hat das Rauchen drangegeben, aber ohne moralischen Zeigefinger. „Meine Sünde ist das Haarefärben – was das Plastik anbelangt.“ Mit Biofleisch von „glücklichen Rindern“ kann man ihr allerdings „nicht kommen, die landen doch auch auf dem Teller“, meint sie mit einem Blick, als wolle man sie aufs Glatteis führen.

Keine Chance – die Otto-Pankok-Abiturientin ist ganz augenscheinlich auf Draht: „Ich bin deswegen überhaupt nicht perfekt und ich will mich damit nicht über die Menschen stellen. Jeder kleine Schritt, den jemand in Richtung Klimaschutz macht, ist kollektiv gesehen ein großer.“

Was die Frontfrau for Future aber seltsam findet, ist, dass man die Schülern, die für besseres Klima auf die Straße gehen, kritisiert, weil sie nicht perfekt sind. „Aber wer gar nichts macht, wird von denselben Leuten als ok betrachtet.“ Zur Bewegung kam die 18-Jährige nicht sofort. „Greta ging erst an mir vorbei.“ Eine Freundin aus Essen holte sie dazu. „Mir kam das gelegen, es passte zu mir.“

„Wir sind so viele Demonstrierende, und ziehen nach wie vor politisch den Kürzeren“

Hopp-hopp-hopp, Klimastopp. Mal steht Machno vor 1500 Schülern. Und mal vor 50. Frustriert das? „Na klar frage ich mich, ob es an uns, dem Orga-Team, liegt. Oder an der Uhrzeit, oder daran, dass wir nicht jede Woche gestreikt haben. Da sind manche eben nach Essen oder Düsseldorf abgewandert. Vielleicht haben viele auch ihr Leben schon so positiv verändert, dass sie nicht mehr dafür demonstrieren müssen.“

„Ich will alle Rollen ausschöpfen, die sich bieten“

„Ich habe mir ein Ziel gesetzt, bis 25 eine Aufgabe zu finden“, sagt sie. Bis dahin, sagt Lea Machno, „finde ich es wichtig alle Rollen auszuschöpfen, die sich bieten: mal vorneweg, mal im Team“.

Ob das am Ende Anwältin oder ein Engagement im sozialen Bereich werden wird – möglich scheint für die 18-Jährige alles zu sein.

Eigentlich, meint Lea Machno, sei es ja traurig, dass man für „selbstverständliche Dinge“ wie Klimaschutz auf die Straße gehen müsse. Die Politik versteht die 18-Jährige nicht mehr: „Wir sind so viele Demonstrierende, aber wir ziehen nach wie vor politisch den Kürzeren. Ich versuche dennoch, optimistisch zu bleiben und hoffe auf die links-grün-versifften Parteien.“ Selbstironie als Antidot.

Lea Machnos Abi-Song: „Junge“ von den Ärzten

Parteilich ist Machno übrigens nicht organisiert, aber natürlich sieht sie auch bei Umweltfragen die Lagerbildung zwischen links und rechts, Klimaschützer und -leugner. Ihr Engagement bei der Essener Gruppe Aufstehen Gegen Rechts (AGR) ist für sie die andere Seite derselben Medaille: „Eine AfD ist aus meiner Sicht planetenfeindlich, sexistisch, menschenfeindlich – wenn wir auf eine lebenswerte Welt hinaus wollen, müssen wir das zusammen sehen.“

Und wohin geht ihr persönlicher Weg? Noch lebt Machno bei ihrer „Mom“. Früher habe sie sich wegen ihrer Zukunft Druck gemacht, heute sei sie gelassener: Zum Abi durften sich die Absolventin ein Lieblingslied aussuchen. Leas Machnos war „Junge“ von den Ärzten.