Mülheim. Das Broicher Ruhrufer mit seinen Lederfabriken haben unsere Leser erkannt. Über die Betriebszugehörigkeit des Kamins existieren mehrere Ansichten.
Ein seltenes Bild von Broich an der Ruhr haben wir in Folge 117 unserer Serie gezeigt. Und es gibt immer ein paar „aule Mölmsche“, die sich mit ihrer Stadt verbunden fühlen und Bescheid wissen. Sie haben sofort erkannt, was auf dieser alten Postkarte zu sehen ist.
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Diese Häuser am Wasser standen einst dort, wo heute der Altruhrarm über die Broicher Schlagd in den Kraftwerks- und in den Schifffahrtskanal fließt. Südlich der Schloßbrücke vereinigen sich die drei Wasserläufe wieder zu einer Ruhr.
Als dieses Bild entstand, hing die Brücke über dem Fluss noch an Ketten. Die Schloßbrücke aus Stein wurde erst 1911 eröffnet. Die Wasserwerksverwaltung, die Stadthalle oder das Stadtbad säumten noch nicht die Ruhrufer. Statt dessen existierten auf der Broicher Ruhrseite mehrere Lederfabriken, die die Wasserkraft für den Maschineneinsatz nutzten und alle Abfälle dem Fluss zum Abtransport übergaben.
OB Paul Lembke hatte Ideen und Weitsicht
Anliegern und vor allem dem damaligen Oberbürgermeister Paul Lembke stank das gewaltig. Der Schlachthof auf der heutigen Schleuseninsel und die Lederverarbeiter machten den Fluss zum stinkenden, offenen Abwasserkanal. Lembke – ein Mann mit Ideen und Weitsicht – schaffte es, der Stadt im Zentrum eine völlig neue Silhouette zu geben. Freizeit statt Arbeiten war ab 1927 dort angesagt.
Die Fotografie zur Postkarte entstand mindestens 20 Jahre früher. „Das Bild zeigt die Broicher Ruhrseite. Die Häuser standen oder stehen am Kassenberg. Schornsteine hat es früher sehr viele in diesem Bereich gegeben“, schreibt Klaus Hoffmann. „Der auf dem Bild könnte der Schornstein von der Lederfabrik Lindgens sein. Ich tippe aber eher auf die Ibing-Brauerei am Heuweg“, ergänzt unser Leser.
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Fabrikantenvillen sind schick restauriert
Er hat weitere Ansichten vom Broicher Ruhrufer aus seiner Sammlung beigelegt. Diese zeigen Villen der Fabrikanten, die teilweise, schick restauriert, heute noch den Kassenberg säumen. Dass sich dort fast täglich reichlich Autos stauen, das konnten die Erbauer damals nicht ahnen.
„Das Bild zeigt einen Bereich der ,Broicher Schlagd’ mit Gerbereien und Lederfabriken sowie den Villen der jeweiligen Eigentümer am linken Ufer der ,Saarner Ruhr’“, hat auch Franz-Josef Hüls erkannt. „Dahinter verlaufen die Straßen Kassenberg und Ruhrufer, der Uferweg zwischen Kassenbergbrücke und Fanky’s Bar heißt bezeichnender Weise Gerbersteg.“
Kamin gehört zum Ringofen der Ziegelei Rauen
Zum Kamin erläutert Hüls: Nach intensiver Durchsicht der Luftaufnahmen der Luftbilder und Kartendienste des Regionalverbandes Ruhr (RVR, geoportal.ruhr) bin ich zu dem Schluss gekommen, der Kamin muss zur Ziegelei im Steinbruch Rauen gehören. Sie wurde Anfang der 1980er Jahre stillgelegt.“
Er gehöre nicht zur ehemaligen Lederfabrik Lindgens. „Die Perspektive täuscht gewaltig. Auf der Webseite des Stadtarchivs gibt es einen Beitrag zur ,Geschichte der Mülheimer Lederindustrie’ mit einer ähnlichen Ansicht wie in dieser Zeitung dargestellt. Im oberen linken Bildbereich ist der Stammsitz der Firma Steinbruch Rauen zu erkennen“, fügt unser Leser hinzu.
Der Ruhrbogen macht von der Schlossbrücke bis zur Lederfabrik Lindgens einen weiten Bogen. Das verzerrt die Perspektive. Vielleicht können weitere Leser mehr Klarheit bringen.
Fabrikstraße ist beim Ausbau der Straße Ruhrufer untergegangen
Ihre Erinnerungen und alten Fotos sind gefragt
Wer Erinnerungen hat oder Hinweise zu den gezeigten Bildern geben kann, schickt diese bitte an die WAZ-Lokalredaktion, Eppinghofer Straße 1-3, 45468 Mülheim/Ruhr. Ihre E-Mails sind ebenfalls erwünscht an: redaktion.muelheim@waz.de.
Ihre alten Fotoschätze schicken Sie per E-Mail im JPG-Format an die Redaktion oder bringen diese einfach bei uns vorbei. Ihre alten Bilder werden im Lauf der Serie in der WAZ veröffentlicht. Vielleicht können andere Leser bei der Einordnung helfen.
Fest steht: Unterhalb des Mühlenberges, an dem heute nur noch eine Häuserzeile steht, existierte früher ein kleinteiliges Gewerbeareal, mit Gerbereien, Lederverarbeitern und der Vosterschen Papierfabrik. Über die Fabrikstraße waren alle Betriebe von der Landseite aus erreichbar. Sie taucht in städtischen Plänen erstmals 1894 auf und wurde am 19. Juli 1962 aufgehoben.
„Die Fabrikstraße ist beim Ausbau der breiten Straße Ruhrufer untergegangen“, hat Wolfgang Meißner in seinem Mülheimer Straßenbuch festgehalten. „Südlich des Verwaltungsgebäudes der RWW lagen gewerbliche Bauten an der Ruhr.“
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