Mülheim. Die Novemberrevolution wurde auch von Mülheimer Bergleuten und Stahlarbeitern getragen. Ein Vortrag im Stadtarchiv macht die Ereignisse lebendig.
Gerade mal 100 Jahre ist es her, dass Deutschland erstmals zu einer demokratischen Republik wurde. Wie sich der revolutionäre Übergang vom Kaiserreich zur Republik auf Mülheim und seine damals 112.000 Einwohner auswirkte, beleuchtet der Oberhausener Historiker Dr. Peter Berens in einem Vortrag im Haus der Stadtgeschichte.
Zu der Veranstaltung am Donnerstag, 19. Dezember, um 19 Uhr lädt das Stadtarchiv in Haus der Stadtgeschichte (Von-Graefe-Straße 37) ein. Der kostenlose Vortrag läuft dort im Rahmen der Reihe zur Stadtgeschichte. Titel: „Als die Novemberrevolution unter Tage ging“.
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Berens betrachtet besonders die politische Rolle der Bergarbeiter, die vor 100 Jahren auch in Mülheim für Arbeitszeitverkürzungen und Lohnerhöhungen streikten und im Rahmen des von den linken unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) dominierten Arbeiter- und Soldatenrates für eine sozialistische Republik kämpften, dann aber von Reichswehrtruppen und rechtsnationalen Freikorps niedergekämpft wurden.
Auf öffentlichen Gebäuden in der Stadt wehte die Rote Fahne
In dieser Zeit wehte auf öffentlichen Gebäuden der Stadt die Rote Fahne, und die Tageszeitung „Die Freiheit“ unterstützte die Streiks der revolutionären Berg- und Stahlarbeiter, die sich in der Union der Hand- und Kopfarbeiter organisierten. „Dagegen lehnten die christlichen und die der Mehrheits-SPD nahe stehenden Freien Gewerkschaften das politische Instrument des Streiks ab“, berichtet der Historiker.
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„Man muss sehen, dass die Bergleute als ungelernte Arbeiter vergleichsweise gut bezahlt wurden, aber unter Tage auch vielen Risiken ausgesetzt waren“, ergänzt Berens. „Viele Bergarbeiter litten an Silikose und Wurmerkrankungen.
Sicherheitswehr ging gegen Plünderungen vor
Er wird in seinem Vortrag auch auf die vom Arbeiter- und Soldatenrat gebildete Sicherheitswehr schauen, die in Mülheim gegen Plünderungen vorging, aber auch revolutionäre Arbeiter in anderen Städten des Ruhrgebietes unterstützte. Außerdem zeigt Berens auf, wie die damals nach wie vor monarchistisch geprägte Beamtenschaft der vom nationalliberalen Oberbürgermeister Paul Lembke geführten Stadtverwaltung versuchte, den Arbeiter- und Soldatenrat auszubremsen.
„Man muss nicht alles hinnehmen und kann soziale und wirtschaftliche Verbesserungen durchsetzen, wenn man sich solidarisiert und organisiert“, so beschreibt Berens die für ihn wichtigste Erkenntnis aus seiner Erforschung der linken Arbeiterbewegung in der frühen Weimarer Republik.
Der 66-Jährige, gelernter Industriefacharbeiter und promovierter Historiker, hat Bücher über den „Babcock-Bankrott“ in seiner Heimatstadt Oberhausen und über den kommunistischen Widerstand in der NS-Zeit verfasst.