Mülheim. Durch Mülheims Eichbaumsiedlung läuft selten eine Ministerin. Ina Scharrenbach hat es getan. Sie machte sich ein Bild von der Modernisierung.
Beim Besuch in Mülheims Eichbaumsiedlung zeigte sich NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Mittwoch angetan von dem 92,5-Millionen-Euro-Projekt, mit dem die städtische Wohnungsbaugesellschaft SWB innerhalb von acht Jahren ein komplettes Wohnquartier umkrempeln will.
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2018 war der Startschuss für das Mega-Projekt gefallen, das das Land mit 35 Millionen Euro aus seiner Modernisierungsoffensive fördert. Das Mülheimer Vorhaben sei unter landesweit 22 Projekten ein besonderes, betonte Scharrenbach bei ihrer Stippvisite im Quartier.
Ministerin Scharrenbach voll des Lobes für Mülheims Quartierskonzept
Besonders nicht nur mit Blick auf das wuchtige Investitionsvolumen, sondern auch deshalb, weil im Konzept von SWB und Partnern überaus viele Aspekte einer modernen Quartiersentwicklung Berücksichtigung fänden. Sei es das Ansinnen, im Quartier alternative Mobilitätsformen wie etwa Carsharing mitzudenken. Sei es, dass SWB für eine bessere Nachbarschaft etwa schon einen Quartierspunkt eröffnet hat. Modernisierung von Altbestand, Abriss und Neubau, energetische Sanierung, gemischte Wohnformen für Jung und Alt, samt Angebot für betreutes Wohnen – „das sticht wirklich positiv heraus“, sagte Scharrenbach.
Die Ministerin machte bei ihrem Ortsbesuch deutlich, dass eine solch umfassende Quartierentwicklung wie in der Eichbaumsiedlung ihrer Meinung nach nur dann möglich sei, „wenn die Bestandshalter vor Ort sitzen“.
Große Herausforderung für Städte des Ruhrgebiets
Die Eichbaumsiedlung hat für Scharrenbach Modellcharakter für das, was insbesondere eine große Herausforderung für Städte des Ruhrgebiets sei mit ihren zahlreichen, in die Jahre gekommenen Wohnquartieren. Ob die Stadt, die mit ihrem Handlungskonzept Wohnen (2013) oder dem „Wohnungspolitischen Handlungskonzept Heißen-Süd“ die Basis gelegt hatte für die Modernisierungsoffensive. Ob die Medl, die beim Energie- und Mobilitätskonzept mit im Boot sitzt. Oder halt die SWB, die mit klarem, auch soziodemografischem Konzept bereit ist, in Wohnquartiere der Zukunft zu investieren, ohne die hohe Nachfrage nach mietpreisgebundenen Wohnungen zu ignorieren.
In der Eichbaumsiedlung, erbaut in den 50er- und 60er-Jahren, will die SWB bis 2025 565 Wohnungen in 78 Gebäuden modernisiert oder neu gebaut haben. Am Ende sollen 270 öffentlich geförderte Wohnungen (wieder) zur Verfügung stehen. Dank der Landesförderung werde man Kaltmieten zwischen 5,70 und 6,10 Euro pro Quadratmeter anbieten können, heißt es.
Ministerin kündigt an, Modernisierungsoffensive „noch intensivieren“ zu wollen
Scharrenbach fragte am Mittwoch auch zu Solar- oder Geothermie, da mussten die Bauherren aber passen. Nahwärme wird’s geben und ein Mieterstrom-Modell, aber im wirtschaftlichen Rahmen einer Investition mit wesentlichem Anteil an sozialem Wohnraum sei auch nicht alles möglich, hieß es. Scharrenbach ist sich dessen bewusst: Energetische Erneuerung habe dort ihre Grenze, wo Mietraum für Menschen ansonsten zu kostspielig werde. „Ich kann eine Akzeptanz für eine Wärmewende im Gebäudebestand nur schaffen, wenn die Mieten bezahlbar bleiben“, so die Ministerin.
Mit seiner Modernisierungsoffensive fördert die das Land aktuell 22 Projekte mit 300 Millionen Euro. Mit dem Geld modernisieren Wohnungsbauunternehmen fast 5000 Wohneinheiten, dazu entstehen rund 1000 neu. Scharrenbach kündigte an, die Landesoffensive „noch intensivieren“ zu wollen. Im Januar werde sie dazu konkreter werden.
Verbandsdirektor: Paradebeispiel für Frischzellenkur im Stadtteil
Lob für die Anstrengungen im Land, aber auch in einer Stadt wie Mülheim verteilte am Mittwoch Alexander Rychter, Direktor des Verbands „Die Wohnungswirtschaft im Westen“, in dem die Wohnungsunternehmen und -genossenschaften organisiert sind. Mit seinem jüngst geschmiedeten „Bündnis für Wohnen“ gingen in Mülheim Wohnungswirtschaft, Stadt und Land „wunderbar Hand in Hand“. Was in der Eichbaumsiedlung in den nächsten Jahren passiere, sei ein Paradebeispiel einer „Frischzellenkur für in die Jahre gekommene Stadtteile“.