Mülheim. Im Bonifatius-Heim in Mülheim wechselt zum 1. Januar der Betreiber. Unabhängig davon steigen die Investitionskosten. Bewohner müssen nachzahlen.
Das Seniorenpflegeheim Bonifatius an der Hingbergstraße wird ab Januar von einem neuen Betreiber geführt. Schon jetzt ist die Unterbringung dort wesentlich teurer geworden. Die Bewohner müssen wegen gestiegener Investitionskosten teils erhebliche Nachzahlungen leisten.
Gerüchte kursierten schon länger, jetzt ist es sicher: Zum 1. Januar 2020 geht der Betrieb des Hauses über an die Charleston Gruppe mit Hauptsitz in Füssen. Bislang wird das Bonifatius-Heim noch betrieben von der Maternus AG mit Sitz in Berlin, die wiederum Teil der Unternehmensgruppe Cura ist. Beide Unternehmen haben den anstehenden Wechsel auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt.
Heimaufsicht erwartet keine größeren Veränderungen für die Bewohner
Auch gegenüber der städtischen Heimaufsicht wurde der Übergang „ordnungsgemäß angekündigt“, sagt deren Leiterin Alexandra-Saskia Kühle. Unter dem Dach der Charleston-Gruppe laufen nach Angaben des Unternehmens 46 vollstationäre Pflegeeinrichtungen, darunter auch eine in Gladbeck. Größere Veränderungen für die Bewohner erwartet die Heimaufsicht nach jetzigem Stand nicht: „Es ist nicht der erste Betreiberwechsel, den wir erleben“, so Kühle. „In der Regel tut sich dadurch nicht viel.“
Mit dem Noch-Betreiber Maternus hatte das Seniorenheim Bonifatius vor einigen Jahren heftige Turbulenzen erlebt: Eine Zeitlang konnten die Bewohner in der Einrichtung, die früher mehr als 280 Betten hatte, nicht mehr ordentlich versorgt werden. Aufgrund von Pflegemängeln gab es 2014 einen mehrwöchigen Belegungsstopp, später verschiedene Leitungswechsel und auch juristische Streitigkeiten zwischen Mitarbeitern und Betreiber. In letzter Zeit lief der Betrieb aber offenbar normal. Das Bonifatius-Haus hat einen kompletten Wohnbereich aufgegeben, die Zahl der Pflegeplätze stark reduziert. Auf diese Weise war es auch möglich, die gesetzlich geforderte Einzelzimmerquote zu erfüllen.
Betriebsrat kritisiert mangelnde Aufklärung
Der nun anstehende Wechsel löst wieder eine gewisse Unruhe aus. So kritisiert die langjährige Betriebsratsvorsitzende Christel Birkenkamp: „Es wäre schön gewesen, wenn man uns rechtzeitig über den Betriebsübergang umfassend aufgeklärt hätte.“ Schon seit 2018 habe dieser sich angebahnt, aber erst kürzlich, Anfang November, sei der Betriebsrat tatsächlich informiert worden.
Den Senioren, die aktuell im Pflegeheim Bonifatius wohnen, wurden die Verträge durch Maternus zum 31. Dezember 2019 formal gekündigt, zugleich aber Folgeverträge angeboten. Alle werden kontinuierlich weiterbetreut. Schon jetzt, unter dem alten Betreiber, muss aber erheblich mehr gezahlt werden: Die Investitionskosten wurden um 297,20 pro Monat erhöht, rückwirkend ab 1. Januar 2019.
Tochter muss für verstorbene Mutter fast 2900 Euro nachzahlen
Was das im konkreten Fall bedeutet, beschreibt Waltraut Klein, deren Mutter bis zu ihrem Tod am 22. Oktober im Bonifatius-Heim betreut wurde. Die Tochter bekam Mitte November einen dicken Brief, wie sie berichtet: „Zehn Rechnungen in einem Umschlag.“ Insgesamt muss sie fast 2900 Euro nachzahlen. Ihre Mutter habe keine Sozialhilfe bezogen, aber Pflegewohngeld, sagt Waltraut Klein. „Auf Anfrage beim Sozialamt hieß es aber, der Höchstsatz sei bereits gezahlt worden.“ Mehr gebe es nicht.
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Tatsächlich werden für alle Bewohner des Bonifatius-Hauses Nachzahlungen fällig. Zuständig für die Bescheide, mit denen die Investitionskosten festgesetzt werden, ist der Landschaftsverband Rheinland (LVR). Wie eine Sprecherin des LVR erläutert, wurde bereits 2015 durch das Alten- und Pflegegesetz NRW die Berechnung der Investitionskosten neu geregelt. Die Umsetzung hat sich jedoch immer wieder verzögert, erst ab 2018 habe der LVR erste Bescheide zur Neufestsetzung fertigen können.
Weniger Pflegeplätze, mehr Einzelzimmer
Das Pflegeheim Bonifatius verfügte früher über 283 Plätze mit lediglich 17 Einzelzimmern.
Um die gesetzliche Quote von mindestens 80 Prozent Einzelzimmern zu erfüllen, wurde die Anzahl der Pflegeplätze zum 1. August 2018 auf 167 reduziert. Mittlerweile stehen 139 Einzelzimmer zur Verfügung.
So bekam das Seniorenzentrum Bonifatius erstmals zum 1. Januar 2019 mit Bescheid vom 11. Oktober die neuen Werte: Die Investitionskosten im Einzelzimmer steigen von 22,21 auf 33,10 Euro pro Tag. Grund für diesen Sprung ist laut LVR der höhere Anteil an Einzelzimmern, die geringere Gesamtzahl der Bewohner, aber auch die „schlechte Auslastung“ der Einrichtung.
Einen wichtigen Hinweis gibt der LVR noch: „Die erhöhten Kosten dürfen den Bewohner*innen nur dann in Rechnung gestellt werden, wenn die Einrichtung die Erhöhung rechtzeitig und begründet angekündigt hat.“ Der Trägerwechsel würde an den Kosten in der Regel nichts ändern.