Mülheim. Kommt der Ausstieg vom Ausstieg am Flughafen Essen-Mülheim? Jetzt informierte sich Mülheims SPD vor Ort über Zukunftspläne. Und setzte Signale.
Am Ende der Informations- und Diskussionsrunde gab’s von Peter Bruckhaus, dem Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins für Holthausen, Menden und Raadt, die süße Verlockung für WDL-Geschäftsführer Frank Peylo: einen Schrauber aus Schokolade. „Damit ihr möglichst bald anfangen könnt“, positionierte sich Bruckhaus klar für den Fortbestand des Flughafens und die Pläne des Luftschiff-Unternehmens, für zehn bis zwölf Millionen Euro einen neuen Gewerbebau mit angeschlossener Luftschiff-Eventhalle zu bauen. Nur: Eine politische Mehrheit für eine solche Kehrtwende ist noch nicht in Sicht. Mülheims SPD sieht da insbesondere noch Kärrnerarbeit vor sich, blickt sie auf die Genossen in Essen.
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Am Montagabend waren auf Einladung der Ortsvereine an die 100 SPD-Mitglieder in die Luftschiffhalle der WDL gekommen, um sich von der Flughafen-Initiative „Wir sind Flughafen“ aufzeigen zu zulassen, dass aus deren Sicht eine WDL-Investition Initialzündung sein könnte für eine wirtschaftlich tragfähige Gesamtentwicklung auf dem 140 Hektar großen Flughafen-Areal.
WDL-Chef: Wir haben Anfragen noch und nöcher für Events
Die WDL-Pläne sind bekannt: Der Luftschiff-Hangar soll ein transparentes Gehäuse bekommen und zur Eventhalle umgebaut werden. Nicht für AC/DC oder Oktoberfest, aber für allerlei andere Veranstaltungen, die an einem außergewöhnlichen Ort mit Luftschiff über die Bühne gehen sollen. „Wir haben Anfragen noch und nöcher“, sagt Peylo.
Dazu plant die WDL einen Multifunktionsbau mit drei Etagen à 5000 Quadratmetern. Eine Marketingagentur soll hier weiter wachsen, Unternehmen aus der Kreativwirtschaft ansiedeln. Auch wäre Platz für die WDL-Verwaltung, weiteres Gewerbe sowie Schulungs- und Seminarräume, für die ein Bedarf gesehen wird.
Flugschul-Chef sieht schon Lufttaxis in Mülheim starten und landen
Ulrich Langenecker, Geschäftsführer der Flugschule FFL, führte den versammelten Genossen vor Augen, dass nicht Hobbyfliegerei Schwerpunkt am Flughafen sei, sondern mit den zwei Flugschulen Unternehmen mit prächtigen Wachstumsaussichten. Mit TF und FFL sitzen zwei der fünf größten Flugschulen in Mülheim. 300 Piloten seien derzeit in Ausbildung. Langenecker sieht wachsenden Bedarf. Bis 2030 seien nach vorsichtigen Schätzungen in Europa zusätzlich 106.000 Piloten auszubilden.
Langenecker warb auch noch einmal für die Vision, in nicht allzu ferner Zukunft Mülheim zur Ruhrgebiets-Basis für Lufttaxis zu entwickeln. Noch in diesem Jahr werde Dubai den Lufttaxi-Verkehr aufnehmen, an der RWTH Aachen werden Prototypen entwickelt, alle größeren Flughäfen in Deutschland träfen Vorbereitungen. Lufttaxis für den NRW-Verkehr als Alternative zu den verstopften Autobahnen – das werde Zukunft haben. Der Flughafen Mülheim sei dafür ein idealer Standort.
Unternehmen fordert Entscheidung bis zum Frühjahr 2020 ein
Langenecker appellierte vor den Sozialdemokraten insgesamt an die Politik, sich solchen Visionen nicht zu verschließen. Lufttaxis müssten nicht lärmen, alternative Antriebe seien in der Entwicklung.
Der FFL-Chef und WDL-Geschäftsführer Peylo machten deutlich, dass ihre Unternehmen auf eine politische Positionierung bis spätestens Frühjahr 2020 angewiesen sind. Peylo fordert für die WDL eine Betriebsgarantie bis 2034 und eine Pachtverlängerung mit der Option, im Investitionsfall ein Vorkaufsrecht für die Betriebsfläche eingeräumt zu bekommen.
„Die Politik vernachlässigt diesen Standort“
Die Flughafen-Unternehmer warnen, dass ihr Abschied schon Realität würde, bevor die Politik einen klaren Plan für das Flughafen-Areal entwickelt habe. FFL könne praktisch schon 2021 keine Flugschüler für eine dreijährige Ausbildung mehr annehmen. „Am liebsten morgen“ wolle man loslegen, sagt Peylo und betont, dass die WDL den durch die politische Beschlusslage bedingten Investitionsstau endlich auflösen müsse, solle es Zukunft geben.
Die Aufforderung an die Politik der Betreiberstädte Essen und Mülheim ist klar. „Sie überlegen seit 25 Jahren, was hier passieren soll“, so Peylo. „Die Politik vernachlässigt diesen Standort“, warb er für eine Flughafen-Entwicklung mit Gewerbeansiedlungen, „vielleicht auch mit Wohnungsbau“ ringsum. „Wir haben das Recht, Ihnen eine Entscheidung abzuverlangen.“
Mülheims SPD kündigt intensive Gespräche mit Essener Genossen an
Was wird die Stadt davon haben, wenn die WDL-Investition gestattet wird?, war eine Frage aus dem Plenum. „Unser Projekt kann Keimzelle sein“, sagt Peylo. In der SPD sind bis in die Fraktionsspitze hinein deutlich Sympathien für die Pläne von Wirtschaftsförderer Dönnebrink zu vernehmen, den Flughafen-Betrieb über 2024 hinaus fortzuführen und rings um eine möglicherweise verkürzte Landebahn Gewerbe anzusiedeln.
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In Mülheim könnte die SPD mit dem (ungeliebten) BAMH und der FDP eine Mehrheit schmieden, sollte man die CDU nicht ins Boot bekommen. Aber was ist in Essen? Die CDU dort hat sich klar pro Flughafen positioniert, die SPD hält die Debatte noch auf Distanz, hat aber zumindest Gesprächsbereitschaft signalisiert. Aus Reihen der Mülheimer SPD war am Montag zu vernehmen, dass von Genossen zu Genossen intensiv Gespräche geführt werden sollen.
Gewerbesteuer-Beteiligung für Essen?
Die Zeit drängt. Denn es sei nicht damit getan, dass die Stadt der WDL bis Frühjahr die Pacht verlängere, mahnte ein Sozialdemokrat am Montag. Auch die Beschlüsse zu Flughafen-Ausstieg müssten weg. In Mülheim. Aber eben auch in Essen.
„Ohne Essen wird nichts gehen“, so Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler. Fraktionschef Dieter Spliethoff zeigte sich auch offen dafür, den Essenern die Sache über eine Gewerbesteuer-Beteiligung schmackhaft zu machen. Parteichef Rodion Bakum kündigte für Anfang des Jahres eine klare Positionierung seiner Partei an.