Mülheim. Mülheimer Friedhofsinitiative will Bürger an Konzepten für die Zukunft der Friedhöfe beteiligen. 3000 Flyer sind gedruckt, Ideen werden gesammelt.

Auf den Familiengräbern in den Außenbereichen der Friedhöfe dürfen Angehörige weiterhin bestattet werden. Diese Änderung des umstrittenen Friedhofsentwicklungskonzeptes (FEK), das für viel Aufregung in der Stadt gesorgt hatte, wurde schon im Juni politisch beschlossen. Damit hat die Mülheimer Bürgerinitiative „Friedhof statt Streithof“ ihr wichtigstes Ziel erreicht. Doch an der nötigen Neuorientierung der Mülheimer Friedhöfe will sich die Interessengemeinschaft (IG) auch in Zukunft konstruktiv beteiligen.

Bürger in Mülheim sollen Ideen für die acht Friedhöfe mit entwickeln können

Gesucht werden daher Mitstreiter aus der Bürgerschaft, die gemeinsam mit der IG Ideen für die acht Mülheimer Friedhöfe entwickeln und diese mit Politik und Verwaltung teilen. Ein Arbeitskreis aus der Interessengemeinschaft hat bereits einen Info-Flyer entwickelt, der gerade in der Stadt ausgelegt wird. „In die Weiterentwicklung der städtischen Mülheimer Friedhöfe sollten alle Mülheimer Bürgerinnen und Bürger eingebunden werden“, so der Text auf dem Faltblättchen. „Es trifft letztlich jeden von uns.“

Blick auf den Randbereich des kommunalen Friedhofs Heißen. Ein Beispiel für Flächen, die in Zukunft nicht mehr belegt und zu Grünflächen umgenutzt werden sollen.
Blick auf den Randbereich des kommunalen Friedhofs Heißen. Ein Beispiel für Flächen, die in Zukunft nicht mehr belegt und zu Grünflächen umgenutzt werden sollen. © Martin Möller / Funke Foto Services | Martin Möller

Die Bestattungskultur, das weiß auch Dietrich Rohde, Sprecher des Arbeitskreises, hat sich längst gewandelt: Der Trend geht seit Jahren zum pflegeleichten Urnengrab, was nicht mehr so viel Friedhofsfläche benötigt wie in früheren Jahren. Was künftig mit den Grünflächen auf den acht Mülheimer Friedhöfen geschehen soll, die nicht mehr für Bestattungen genutzt werden, sollen die Mülheimer Bürger mitentscheiden können. „Diese Grünflächen“, so Rohde, „bieten doch ein Riesenpotenzial.“

Großes Grünflächenpotenzial in Mülheim

Das sieht auch Melanie Wolters von der Mülheimer Initiative Baumwatch so, die sich für Stadtbäume einsetzt. Und Erich Lehmkühler, Diplomgärtner und ehemaliger Leiter des auch für die Friedhöfe zuständigen Grünflächenamtes. Beide sind, wie das Ehepaar Christian und Susanne Braxmeier, Mitglieder des neue Arbeitskreises für die Mülheimer Friedhöfe, der die 3000 Infoflyer samt Postkarte drucken ließ. Und demnächst auch, per Homepage und auf Facebook, digital und in den sozialen Medien vertreten sein will.

Der Friedhof: Beisetzungsstätte, Trauerraum, aber auch Naturraum und Park

„Wir müssen uns viel breiter aufstellen“, dieses Fazit hat Dr. Dietrich Rohde, Internist und Umweltmediziner, aus vielen Gesprächen mit den Bürgern gezogen. Er hat festgestellt, dass es durchaus Bereitschaft der Bürger, gibt, über die Grabpflege hinaus mehr für die Friedhöfe zu tun. „Wir wollen möglichst viele Mülheimer motivieren, sich hier einzubringen.“ Der Friedhof, so die Akteure, bleibe Beisetzungsstätte und Trauerraum. Aber andererseits ist er auch Naturraum und Park für Erholungssuchende. Diesen Gedanken gelte es weiterzuentwickeln, denn die Friedhöfe seien wertvolle Grünflächen im städtische Ballungsraum, daher müssten Zukunftspläne von der Bürgerschaft mitgetragen werden. Umweltdezernent Peter Vermeulen habe bereits Zustimmung signalisiert, dass die Ideen aus der Bürgerschaft bei künftigen Entscheidungen berücksichtigt würden, so Dietrich Rohde.

Einigen ist Beisetzung im Familiengrab verwehrt worden

Das Friedhofsentwicklungskonzept war in seiner ersten Fassung gültig von April 2018 bis Juni 2019, daran erinnert Dietrich Rohde. In dieser Zeit sei es einigen Bürgern verwehrt worden, ihre Familien-Grabstätten in den Außenbereichen für Beisetzungen zu nutzen, sie mussten andere Grabstätten im Kernbereich wählen.

„Diese Menschen fühlen sich betrogen“, sagt Rohde. Zumindest eine materielle Entschädigung würden Betroffene erwarten. Er schätzt, dass derzeit etwa 15 betroffene Bürger „wild entschlossen“ seien, ihre Ansprüche einzuklagen.

Wenn die Bestattungsflächen in den kommenden Jahrzehnten auf den Friedhöfen immer kleiner werden, soll es in den Außenbereichen, den Randflächen, nicht mehr eine so intensive Grünpflege geben, damit die Friedhofsgebühren stabil bleiben können. Was auf diesen Grünflächen geschehen soll, was ökologisch sinnvoll ist und auch den Bürgern nutzt, dafür will sich die Interessengemeinschaft „Friedhof statt Streithof“ künftig einsetzen. Rund 100 Hektar Fläche nehmen die Friedhöfe im Mülheimer Stadtgebiet ein, sagt Erich Lehmkühler. Verwildern lassen, Bienenweiden oder einen Rhododendron-Park anlegen? Der parkähnliche Mülheimer Hauptfriedhof, auf dem viele seltene Gehölze wachsen, ist bereits Teil der Themenroute „Parks und Gärten“ der Route der Industriekultur.

Die Initiative blickt längst über Mülheims Stadtgrenzen hinaus. Denn dass die großen Friedhofsflächen in den Städten nicht mehr zur modernen Bestattungskultur passen, ist kein lokales Thema. Es gebe bereits überregionale Kontakte zu Vereinen und Initiativen in Hamburg, Wuppertal oder Lingen, sagt Dietrich Rohde.

Informationen/Kontakt über rohded@web.de