Mülheim. . Eine „Härtefallkommission Friedhöfe“ soll Angehörige bei ihren Anliegen beraten und nicht öffentlich tagen. Einige Politiker wittern Mauschelei.

Die Stadt muss ihre Friedhöfe verkleinern, um in Zukunft dauerhaft mehr als zwei Millionen Euro pro Jahr für die Pflege von Flächen zu sparen. Bürger, die ihre Gräber an angestammten Stellen erhalten wollen, wehren sich gegen diesen Plan der Stadt. Einige wollen dagegen klagen.

Andere haben bereits zugestimmt, Am nächsten Donnerstag soll der Rat eine „Härtefallkommission Friedhöfe“ einsetzen, die ausschließlich nicht öffentlich tagen soll. Deren Mitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, steht in der Vorlage des Amtes für Friedhofswesen. Einige Ratspolitiker wittern Mauschelei.

In der Härtefallkommission sitzen keine Politiker

Dem widerspricht Dezernent Peter Vermeulen: „Das ist aus Datenschutzgründen notwendig. Wir werden dort über Einzelfälle und besondere Lösungen reden. Wir müssen die Betroffenen schützen.“ Viele Familien hätten kein Interesse daran, ihren Fall öffentlich zu machen oder von Politikern behandeln zu lassen.

„Die Härtefallkommission hat auch keine Entscheidungsbefugnis, weshalb dort keine Politiker vertreten sind. Eine Entscheidung wird im Friedhofsamt getroffen. Wir werden dort die Anliegen der Bürger innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen“, betont Vermeulen auf Nachfrage dieser Zeitung.

Die notwendige Verkleinerung von städtischen Friedhöfen ist weitgehend unumstritten. Die Stadt möchte dauerhaft Pflegekosten sparen. Das vom Rat verabschiedete Friedhofsentwicklungskonzept (FEK) sieht erste Reduzierungen von Begräbnisflächen etwa ab 2029 und später vor, wenn dort alle Liegefristen ausgelaufen sind. Jetzt werden auf Außenflächen keine Neubelegungen mehr zugelassen. Fristverlängerungen sind nur in Ausnahmen möglich, wie es der Umweltausschuss im Januar beschlossen hat.

Viele Familien wollen die Vorgehensweise nicht hinnehmen

Etwa 250 Familien wollen diese Vorgehensweise mit ihren Verstorbenen nicht hinnehmen. Sie möchten in den meisten Fällen ebenfalls dort begraben werden, wo ihre Angehörigen bereits die letzte Ruhe gefunden haben. Um diese Interessen durchzusetzen – notfalls auch mit Hilfe der Gerichte – hat sich Anfang Mai die Initiative „Friedhöfe statt Streithöfe“ gegründet.

Wie die Initiative die Einrichtung der Härtefallkommission wertet, dafür waren deren Sprecher gestern für diese Zeitung nicht erreichbar. Die Mitarbeiter in den zuständigen Ämtern hatten gestern ebenfalls Brückentagsfrei.

In der Beschlussvorlage für den Rat heißt es: Eine Befreiung von den Zielen des FEK ist in Einzelfällen möglich, „wenn diese Regelungen zu einer nicht zu erwartenden Härte führen würden und eine Befreiung mit dem öffentlichen Interesse vereinbar ist“.

Pflegekosten für Flächen sinken

Die Kosten für die Pflege eines Friedhofs berechnet die Stadt mit 4,55 Euro pro Quadratmeter. Die normale Grünpflege in der Fläche kostet rund ein Zehntel. Nach Müga-Standard sind es 1,36 Euro je Quadratmeter. Dieser Standard gilt für viele Flächen im Stadtgebiet.

Insgesamt bewirtschaftet die Stadt zur Zeit 869.000 Quadratmeter Friedhofsflächen. In 30 Jahren soll es knapp die Hälfte sein. Weil mit dem Verkleinern der Friedhöfe sofort die Pflegekosten sinken, können die Grabgebühren stabil bleiben. 1997 gab es 35 Prozent Urnengräber. Heute liegt der Wert bei 80 Prozent und 20 Prozent Särge.

Dabei soll die ehrenamtliche Härtefallkommission helfen, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden. Dazu zählen die Anträge, die die Verwaltung nach dem geltenden FEK mit einem Bescheid abgelehnt hat. Ebenso müssen die Antragsteller schriftlich begründet haben, warum sie mit der Entscheidung des Friedhofsamtes nicht einverstanden sind.

Einige Politiker wollen das Friedhofsentwicklungskonzept begraben

Im Rat scheint es Politiker zu geben, die das Friedhofsentwicklungskonzept, wie das ÖPNV-Konzept, begraben wollen. „Dann stehen wir auch dort wieder am Anfang, obwohl wir bereits damit arbeiten. Das macht die Lage noch unübersichtlicher “, sagt Peter Vermeulen.

Dabei hätten bereist knapp 340 Familien nach Beratungen mit der Friedhofsverwaltung zugestimmt, neue Gräber in Innenbreichen der Friedhöfe zu belegen. Etwa 250 Familien hätten bisher keinen Kompromiss mit der Verwaltung gefunden.

In der Härtefallkommission sollen beraten: je ein Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche, zwei Vertreter von Interessengemeinschaften der Betroffenen, ein Vertreter des stationären Hospizes, ein Vertreter des Friedhofsamtes, ein Vertreter des Rechtsamtes und der zuständige Dezernent als Leiter. Die Härtefallkommission soll nach Bedarf tagen.